Auf der Merowingerstraße entscheidet sich die Verkehrswende
In Düsseldorf gibt es einige Stellen, an denen die Veränderungen in der Mobilität sichtbar werden, zum Beispiel an der Luegallee. Die Schlüsselstelle liegt meiner Meinung nach aber mitten in Bilk.

Als ich aus der Unterführung am Bilker Bahnhof komme, zweifle ich kurz an meiner These. Auf der Merowingerstraße sehe ich zwei Spuren, auf denen mir Autos entgegenkommen und zwei, auf denen sie aus der Stadt fahren. Die Parkbuchten unter den Bäumen sind belegt, und einer der seltsamsten Radwege der Stadt endet neben einem Stoppschild. Das hält einen gerade noch rechtzeitig davon ab, unvermittelt von der Seite in den Autoverkehr zu rollen. Hier soll die entscheidende Stelle für die Verkehrswende sein?
Zwei Gründe sprechen trotz allem für diese Annahme. Der erste Punkt ist die Lage: Auf dieser Achse zwischen der A46 und der Innenstadt würden so viele Verkehrsteilnehmer:innen wie an kaum einer anderen Stelle in Düsseldorf die Veränderungen sehen und sich bewusst machen. Im Schnitt sind dort pro Tag mehr als 20.000 Fahrzeuge unterwegs. Entsprechend hoch wäre der pädagogische Wert – sowohl für die Nutzer:innen als auch für die Stadt. Der zweite Punkt: Angesichts der jetzigen Situation auf der Merowingerstraße kann man dort eine Menge verändern, so dass die Wende leicht erkennbar ist. Es gibt noch kein zusammenhängendes Konzept, noch muss man sich das Bild aus verschiedenen Puzzleteilen zusammensetzen – und zwar diesen:
Straße
Die Merowingerstraße war eine der Umweltspuren, die unter Oberbürgermeister Thomas Geisel eingeführt und unter dessen Nachfolger Stephan Keller wieder abgeschafft wurden. Anlass dafür waren die sehr schlechten Lärm- und Luftwerte. Die Grenze für Stickstoffdioxid liegt bei 40 Mikrogramm pro Kubikmeter und wurde seit dem Start der Messungen 2011 zunächst jedes Jahr überschritten. 2018 wurde dort zum Beispiel 54 Mikrogramm festgestellt. Pandemiebedingt waren 2020 und 2021 weniger Autos unterwegs, der Grenzwert wurde erstmals knapp eingehalten. Trotzdem war das Ergebnis das höchste aller Messstellen in NRW.
Die Umweltspur galt offiziell als „zu starr“, inoffiziell war sie ein dankbares politisches Symbol. So oder so: Der Verkehrsausschuss beschloss im Februar 2021, sie abzuschaffen und über Ampelsteuerungen sowie mit Tempo 30 die zulässigen Luftwerte zu erreichen. Dabei halfen auch der technische Fortschritt bei den Autos sowie der gestiegene Anteil an Menschen, die im Homeoffice arbeiten und gar nicht mehr über die Merowingerstraße fahren.
Das mehr oder minder beachtete Tempolimit und die per Ampel reduzierte Menge an Autos bilden den status quo auf der Achse in Bilk. Einen Radweg gibt es hinter dem Stoppschild nicht. Spannend wird die Zukunft der Straße nun ausgerechnet Dank der deutschen Bürokratie: durch die „Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen“. Diese sieht vor, dass eine vierspurige Straße, auf der mehr als 1600 Fahrzeuge pro Stunde unterwegs sind, mindestens 28,2 Meter breit sein muss. Dazu fehlen der Merowingerstraße 1,8 Meter. Plant man die Straße neu, muss das berücksichtigt werden und kann dazu führen, dass es nicht mehr vier Spuren für Autos gibt, sondern nur noch zwei. Darauf gäbe es dann Tempo 30 für die Autos und daneben eine Radspur.
Parken
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