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Der Ratssaal leer und der Block voller Fragen (2): Der Oberbürgermeister

Stephan Keller war in seiner bisherigen Amtszeit vor allem bemüht, keine Fehler zu machen. In den Wochen vor der Sommerpause wurde er plötzlich zum Pokerspieler. Was ist da passiert und wie hat der Rathauschef gezockt?

Veröffentlicht am 12. Juli 2023
Ratssaal Düsseldorf
Von diesem Tisch aus leitet Oberbürgermeister Stephan Keller die Sitzung des Stadtrats - und ist dabei mit Nervennahrung gut versorgt. Foto: Andreas Endermann

In diesem Jahr mussten die politischen Gremien in Düsseldorf bis zum 15. Juni alle Sitzungen hinter sich gebracht haben, das heißt, genauso viele wie sonst bis Anfang oder Mitte Juli. Mit entsprechend hohem Tempo wurden deshalb Themen eingebracht, diskutiert und abgestimmt. Dabei blieb schon für die alltäglichen Fragen wenig Zeit und noch weniger für die Betrachtung, wie sich Auftritte und Entscheidungen mittel- bis langfristig auswirken. Das hole ich nun während der Sommerpause in einer dreiteiligen Serie nach. In der ersten Folge habe ich mich mit der schwarzen-grünen Ratsmehrheit beschäftigt (der Artikel ist hier zu finden), in diesem Text geht es um Stephan Keller und seinen erstaunlichen Wandel in den vergangenen Wochen.

Was hat sich beim Oberbürgermeister verändert?
Den Unterschied zwischen Stephan Keller zu Beginn und in der Mitte der Amtszeit kann man an zwei Reden erläutern. Ich erinnere mich an eine Videobotschaft aus den ersten Monaten des neuen Oberbürgermeisters, die ich gerne mit seinem Beitrag in der Sondersitzung mehrerer Fachausschüsse zur neuen Oper im Juni vergleichen möchte.

Die Videobotschaft im Winter 2020/2021 ist mir in Erinnerung geblieben, weil Stephan Keller damals von einer übermotivierten Visagistin gezeichnet war – und die Rede zu diesem optischen Eindruck passte. Sie wirkte, als sei sie lange einstudiert worden: Die Betonungen waren mehr als deutlich, der Blick ging sehr oft aufs Manuskript.

In der Sondersitzung zur neuen Oper meldete sich Stephan Keller erst zu Wort, als schon ein gutes Dutzend Menschen geredet hatte. Zu Beginn seines Beitrags erklärte er, er habe lange überlegt, ob er überhaupt etwas sagen möchte. Die Rede von Bürgermeisterin Clara Gerlach (Grüne) habe ihn aber veranlasst, ans Rednerpult zu gehen. Selbst wenn die dann folgenden Worte zumindest in Teilen vorbereitet waren, erschienen sie mir dennoch als eine der freiesten Beiträge des Oberbürgermeisters und einer seiner besten. Er reagierte spontan auf vorherige Argumente, plädierte eindringlich für seine Position und mit einer sonst selten gekannten Angriffslust.

Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.

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