Die “nördlichste“ Düssel

Wie man als Fahrrad‑Flaneur die eigene Stadt neu kartiert: entlang des Kittelbachs, des nach Norden laufenden Mündungsarms der Düssel, der am Mercedes-Werk und am Flughafen untertaucht – und unterwegs über Düsseldorf erzählt, was in keinem Reiseführer steht. Schwarzbach-Fachwissen inklusive.
Veröffentlicht am 18. Dezember 2025
Kittelbach Mündung in den Rhein bei KaiserswerthFoto: Andreas Endermann
Der Kittelbach mündet bei Kaiserswerth in den Rhein. Foto: Andreas Endermann

Stromkilometer 755,3. Wir lassen den Blick zum anderen Ufer schweifen, wo sich die weißen Giebel des Fährhauses abzeichnen.

Die Autofähre zwischen Meerbusch-Langst und Düsseldorf-Kaiserswerth ist gerade dabei anzulegen. Mein bester Freund P. legt die Stirn in Falten, und dann sagt er: „Kitteldorf!“

Daraufhin ich: „Wie jetzt?“

Und dann er, mit dem Arm auf das Flüsschen deutend, das vor unseren Augen vorbei an Treibholz und Schilf in den Rhein mündet: „Na, so würde unsere Stadt heißen, wenn dieser chaotische Kollege ihr Namenspate wäre – und nicht die Düssel.“ 

Ich kommentiere die kalkuliert alberne Idee mit einem ironischen Grinsen und versuche adäquat nachzulegen: „Wenn schon, dann eher Kittelwerth – und Rheindorf.“

Bevor wir dieses Wortspiel-Massaker beenden und die Fahrradtour flussaufwärts, nein bachaufwärts beginnen, ein paar Hintergründe: Der Kittelbach – nördlichster Arm des Mündungsdeltas der Düssel – fließt hier im Süden von Kaiserswerth in den Rhein. Es ist keine „richtige“ Mündung, eher ein terrassenförmiges Absacken über schlammige Geröllbänke hinweg. Vorher hat er sich an der Grenze zwischen Mörsenbroich und Düsseltal von der Nördlichen Düssel abgespalten und 9,7 Kilometer durchs Stadtgebiet zurücklegt, davon 2,2 unterirdisch. Am Spaltwerk an der Heinrichstraße liegt das Ziel unserer Tour. Die Fahrräder haben wir am Herbert-Eulenberg-Weg abgestellt, der den Kittelbach über eine leicht marode wirkende Brücke quert. Das Bachbett vor der Mündung ist betoniert – ein gradliniger Kanal, in dem das Wasser flach und schnell Richtung Rhein schießt.

Und nun: gegen den „Strom“. Über eine Wiese fahren wir den schmalen Pfad parallel zum von Bäumen gesäumten Kittelbach entlang – und treffen nach gut zweihundert Metern auf den Fährerweg. Unserem Motto „Immer so nahe wie möglich am Ufer“ können wir nicht folgen. Der Bach entzieht sich, fließt zwischen Kopfweiden über eine Wiese. Über den Deich entlang der Straße St. Swidbert gelangen wir zur Unterführung an der Niederrheinstraße und steigen die Böschung hinunter. Hier fällt der Kittelbach knapp anderthalb Meter über ein Betonwehr ab – Äste hängen darüber, das Wasser weiß aufgewirbelt. P. macht ein paar Fotos. Und dann gibt er Kittelbachfachwissen zum Besten, das er sich aus einem Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins angeeignet hat: „Ein Kaiserwerther Geschichtsforscher hat auf rund 30 Seiten eine Art Biografie des Kittelbachs geschrieben – die definitive Gebrauchsanweisung für dieses Gewässer. Alles drin, was man wissen kann.“

Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.

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