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Angeln bei Petri Heil 04

In Düsseldorf gibt es rund 6000 Angler, 150 von ihnen sind am Unisee aktiv. Ein Besuch im Schnupper-Kurs.

Von Marc Latsch (Text)
und Andreas Endermann (Foto)
Veröffentlicht am 7. Mai 2024
Schnupperangeln beim ASV Petri-Heil 04
Der siebenjährige Jan lernt von Frank Kleinwächter den richtigen Umgang mit der Angel.

Für Ende April ist es an diesem Nachmittag eigentlich zu kalt. Das Thermometer zeigt acht Grad, am Himmel kündigen sich dunkle Regenwolken an. Trotzdem stehen sechs Jungs und ein Mädchen auf einem kleinen schwimmenden Holzsteg. Eben wurde ihnen noch erklärt, was das passende Material fürs Wetter ist und dass sie die Fische nicht selbst „totmachen“ dürfen. Nun stehen sie mit ihren Angeln am Wasser und warten darauf, dass unter ihnen etwas anbeißt, während es über ihnen immer dunkler wird.

Die sieben Kinder interessieren sich für ein Hobby, das in Nordrhein-Westfalen zum Alltag von rund 230.000 Menschen gehört. So steht es zumindest in einem aktuellen Antrag der SPD-Landtagsfraktion, in dem sie sich für einen landesweiten Aktionstag „NRW angelt“ einsetzt. Angler gibt es auch in Großstädten wie Düsseldorf. Rund 6000 Menschen haben hier nach Schätzungen der Unteren Fischereibehörde eine Erlaubnis, knapp 300 haben im vergangenen Jahr ihre Fischereiprüfung neu bestanden. Manche gehen der Beschäftigung einsam nach, andere sind in einem der gut 20 Düsseldorfer Vereine organisiert.

Um auch den Nachwuchs von diesem Hobby zu überzeugen, bieten sie am Unisee an jedem letzten Mittwoch im Monat ein Schnupper-Angeln an. Sie, das sind die Mitglieder des Angelverein mit dem wohl angelvereinigsten Namen, den ich mir vorstellen kann: ASV Petri Heil 04 – die traditionelle Grußformel der Angler steckt schon im Namen.

Ihren See, den nennen die Mitglieder folgerichtig nicht Uni-, sondern Petrisee. Am „Petri Dank“, der Antwort im Falle eines Beuteerfolgs, arbeitet an diesem Nachmittag auch der siebenjährige Jan. Richtig zuversichtlich sieht er aber nicht aus, während er mit seiner blauen Jacke und den roten Gummistiefeln ganz vorne am Rand des Pontons seine Angel ins Wasser hält. Rechts von ihm steht ein Mann mit langen Haaren und einem Bart, in dem sich das Grau langsam endgültig durchgesetzt hat. Er heißt Frank Kleinwächter und ist hier der Vorsitzende.

Der Weg von der Unisee- zur Petrisee-Welt führt normalerweise hinter dem Unistadion direkt am Wasser entlang. An diesem Tag ist der Weg allerdings gesperrt. „Absturzgefahr“ steht zur Warnung auf einem Schild. Von der Universität zum Angelsportverein muss ich stattdessen durch eine Siedlung gehen, die nach einer Aneinanderreihung von Schrebergärten aussieht. Nur, dass auf den Grundstücken richtige Häuser stehen. Von der Straße sind es dann nur ein paar Schritte zum Vereinsheim und dem kleinen Fußweg, der erst an grüne Uferwiesen und dann an den schwimmenden Ponton führt, auf dem Kleinwächter mit den jungen Schnupper-Anglern übt.

Angeln ist eine mobile Sportart, die sich prinzipiell an jedem (erlaubten) Gewässer ausüben lässt. Das Herzstück eines Vereins, so erklärt es Kleinwächter, sei allerdings der eigene See. Einen zu finden, sei gerade in Ballungsräumen wie Düsseldorf schwer. Umso zufriedener sind sie in Bilk mit ihrem alten Pachtvertrag und der Stadt. „Sie ist sehr wohlwollend mit uns, sodass wir uns das auch alles leisten können“, sagt Kleinwächter. Um das kleine Idyll zu erhalten, verpflichtet sich jedes der 150 Vereinsmitglieder neben dem Mitgliedsbeitrag auch zu zehn Arbeitsstunden pro Jahr. „Deswegen brauchen wir junge Mitglieder, die das später alles mal mittragen.“

Als am Unisee der Regen einsetzt, ist die Stimmung noch von Zuversicht geprägt. „Jetzt kommen die dicken Fische“, sagt ein Mann in Tarnfarben-Jacke, der sich an diesem Tag gemeinsam mit Kleinwächter um die Novizen kümmert. Auch wenn es nicht schön ist: bedeckter Himmel, ein wenig Regen – unter Anglern gilt das als gutes Fangwetter. Doch bei den Kindern auf dem Ponton beißt bislang nichts an. Barsche wären heute das vorrangige Ziel. Von denen gebe es eh zu viele im See, sagt Kleinwächter. Doch es ist noch früh im Jahr, die Fische sind inaktiv. Zu wenig Licht, zu wenig Wärme.

Als Kleinwächter beim ASV Petri Heil 04 angefangen hat, war er im Alter der Kinder, die jetzt neben ihm stehen. Mit zehn Jahren wurde er Vereinsmitglied, damals sei das die Mindestgrenze gewesen. „Ich habe so viel Theater gemacht, dass meine Eltern einen Angelverein gesucht und diesen hier gefunden haben.“ Bis heute faszinieren ihn die Verbundenheit mit der Natur und das Gemeinschaftsgefühl im Verein. „Hier geht es nicht ums Gewinnen oder Verlieren.“

Auf dem Ponton bleibt es ruhig. Zu ruhig. Keine Fische in Sicht. Also versucht es der Mann in der Tarnjacke mit einfachen Tricks. Er nimmt seine Angel, etwas Fischfutter und ruft „ich zeige denen jetzt mal, wie Fische gefangen werden“. Dann wirft er erst das Futter, dann seine Angel ins Wasser. Kurz darauf werden die Regentropfen dicker und der Platz neben ihm größer. Die ersten Kinder und Eltern suchen Schutz vor dem Regen.

In ihrem aktuellen Antrag setzt sich die SPD-Landtagsfraktion für einen Aktionstag ein – und gegen Kleinst-Wasserkraftwerke. Die töteten mehr Fische, als dass sie einen Beitrag zur Energiewende leisten, heißt es darin. Und die Sozialdemokraten loben das Hobby. Angeln sei eine „Aktivität im Freien, bei dem ein Gefühl für die Umwelt und Verantwortung gegenüber anderen Lebewesen gelehrt und gelernt werden“. Solche Sätze hört Kleinwächter gerne. Für ihn geht es beim Angeln nicht vorrangig ums Abendessen, sondern darum, Natur mitzugestalten.

Der See ist die Heimat des Vereins, aber nicht der alleinige Alltag. Für die erfahrenen Angler geht es regelmäßig raus an die Flüsse. Sie organisieren Touren bis an die Mosel oder erkunden die direkte Nachbarschaft. „Der Rhein ist natürlich unser Gewässer.“ Die Artenvielfalt sei dort sehr interessant. Aber durch die Strömungen, den Schiffsverkehr und die Uferbeschaffenheit sei es eben auch ein sehr schwieriges Gewässer. Es dauere, bis die jungen Angler so weit sind. „Das ist die nächste Stufe.“

Ist Kleinwächter mit der Nachwuchsarbeit zumindest in seinem Verein zufrieden, ist ein anderer Mangel offensichtlich. Es gibt sehr wenige Anglerinnen. Die Stadt schätzt, dass nur neun bis zwölf Prozent der Fischereischeininhaber weiblich sind. Beim ASV Petri Heil 04 ist das nicht anders. „Wir haben viel zu wenig Frauen im Verein. Das ist eigentlich schade, weil es so ein schönes Hobby ist.“ Dort sei man schon froh, wenn einen bei schönem Wetter manchmal die eigenen Ehefrauen begleiten.

Nach einer Dreiviertelstunde endet das Schnupper-Angeln. Eigentlich waren zwei Stunden vorgesehen, aber aus dem leichten Regen ist ein starker Schauer geworden, der ausdauernd auf den See herunterprasselt. Die Kinder und Eltern retten sich unter ein Zelt gleich neben dem Vereinsheim. Frank Kleinwächter packt erst alles zusammen, dann bittet er die Vereinsmitglieder in spe rein ins Warme. Als ich mich verabschiede, ruft er mir noch etwas zu. „Sie sollten nochmal im Sommer wiederkommen, wenn das Wetter besser ist.“

Weitere Bilder vom Schnupper-Angeln am Unisee

Schnupperangeln beim ASV Petri-Heil 04

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