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Thomas Geisel verteidigt Viktor Orbán

Der frühere Oberbürgermeister ergreift auf Facebook Partei für den ungarischen Staatschef. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte diesen für Putin-Nähe und Vetternwirtschaft in Ungarn kritisiert. Hier lesen Sie, wie ich einschätze, was Geisel tut.
Von Hans Onkelbach (Text)
und Andreas Endermann (Foto)
Veröffentlicht am 14. Oktober 2024
Thomas Geisel Facebook-Video zu Viktor Orban
Thomas Geisel in seinem Facebook-Post, mit dem er Viktor Orban verteidigt.

Mein erster Gedanke nach dem zweieinhalb Minuten langen Video: Was müssen die vielen SPD-Leute in Düsseldorf nun denken, die diesen Mann 2014 beim Wahlkampf unterstützt, geackert, Auftritte organisiert, Plakate geklebt haben, von Tür zu Tür gelaufen sind, um ihren Thomas – man duzt sich von Anfang an – ins Rathaus zu hieven? Sie sehen nun, wie er den Möchtegern-Diktator Viktor Orbán in Schutz nimmt vor der Kritik der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU). Es dürfte sie fassungslos zurücklassen und zornig. Manche werden vielleicht auch Mitleid haben mit ihm auf seinem Weg nach – ja, wohin eigentlich? 

Dass der neue BSW-EU-Abgeordnete nun mit seinem Pro-Orbán-Beitrag derart radikal auf die Linie seiner derzeitigen Chefin Sarah Wagenknecht einschwenkt, das wird sogar Geisel-Gegner oder -Skeptiker überraschen. Leutselig in die Kamera schauend verdreht er die Perspektiven: Nicht Orbán ist nach diesem Blick Auslöser für die Zerrüttungen in der EU, sondern von der Leyen. Weil sie es wagt, dem Ungarn offen all das entgegenzuhalten, was er sich in den vergangenen Jahren geleistet hat: Gängelung einer freien Presse, Vetternwirtschaft, Einschränkung der Justiz und vor allem offen gelebte und kommunizierte Sympathie für den Autokraten im Kreml. Das im Plenum anzuprangern, hält Geisel für schlechten Stil. 

Orbán sucht und findet in ganz Europa die Nähe der Gestalten vom rechten Rand, im Kreml wird er gern empfangen. Aber Geisel, der selbst noch als BSW-Newcomer behauptete, er werde im Herzen immer Sozialdemokrat bleiben, nimmt das offenbar anders wahr. Für ihn ist von der Leyen die Böse, und Orbán das Opfer. Man mag es kaum glauben, aber er sagt es wirklich. So, als habe er nicht bemerkt, wie Orbán sich mehr und mehr von Europas Regeln entfernte. Und nur noch dann einlenkte, wenn man ihm drohte, den Geldhahn abzudrehen. 

Er will immer Recht haben
Dieser Auftritt ist ein weiterer Tiefpunkt seines Wirkens. Die Genossen haben in den Jahren nach dem Wahlsieg 2014 erlebt, wie er nach und nach meinte, mit dem Amt an Größe gewonnen zu haben. Wie er sich ins Abseits bugsierte, auch in der eigenen Partei. Keine Meinung duldete er neben seiner, nicht zuletzt deshalb machte er Fehler. Die Sozialdemokraten haben die Faust in der Tasche gemacht, einige sind schweigend abgetaucht, offen kritisiert hat ihn kaum einer. Weil solche Gespräche unangenehm waren: „Thomas will immer recht haben“ – das sagte mir mal einer seiner resignierenden Mitarbeiter. 

Bei der folgenden Kommunalwahl 2020, wo er sich natürlich schon als Sieger sah, schaute das Wahlkampfteam des Gegenkandidaten Stephan Keller (CDU) am Ende nur noch kühl zu, was passierte. Ein Insider aus Kellers Nähe sagte mir damals: „Wir haben zum Schluss Geisel machen lassen. Das reichte.“ 

Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.

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