Clara Gerlach: Eine Kandidatin für die OB-Kandidatur der Grünen

Der Düsseldorf Stadtrat hat seit der Kommunalwahl schon zwei Sitzungsjahre hinter sich gebracht. Die Mitte der Legislaturperiode rückt näher und damit auch die Frage, wer für die Düsseldorfer Parteien ins nächste Rennen ums Rathaus geht. Offiziell nominiert werden die Kandidat:innen voraussichtlich 2024. Aber wer strategisch klug agiert, baut die Bewerberin oder den Bewerber in Ruhe auf, bevor sie oder er dann in den Wahlkampf geht. Folglich hat die Suche nach ihr oder ihm längst begonnen.
Hans Onkelbach hat hier bei VierNull über Klaudia Zepuntke als mögliche OB-Kandidatin der SPD geschrieben. Ich möchte mich in diesem Artikel mit der möglichen Herausforderin der Grünen beschäftigen. Aus meiner Sicht gibt es viele Argumente dafür, dass Bürgermeisterin Clara Gerlach für ihre Partei antritt.
Was für Clara Gerlach spricht
Erfahrung und relative Jugend Die Bürgermeisterin ist 45 Jahre alt und gehört dem Stadtrat bereits seit 18 Jahren an. Im Wahljahr 2025 werden es mehr als 20 Jahre sein. Clara Gerlach kennt alle wesentlichen Gremien, die handelnden Personen, diverse Varianten von Kniffen und Machtspielchen, den Umgang mit unvorhersehbaren Situationen. So viel Erfahrung im Zentrum der Düsseldorfer Kommunalpolitik wird kaum eine Kandidat:in mitbringen. Zugleich wäre die Grüne immer noch unter 50. Diese relative Jugend wäre ein wichtiger Punkt, in dem sich Clara Gerlach von Stephan Keller unterscheidet.
Klare Alternative zum Amtsinhaber Für Herausforder:innen kommt es am Ende weniger darauf an, dass die Wähler:innen ihren Namen kennen. Vielmehr geht es darum, sich als eindeutig erkennbare Alternative zum amtierenden Oberbürgermeister zu positionieren. Dabei spielen dann auch Äußerlichkeiten eine Rolle. In dieser Hinsicht signalisiert Clara Gerlach Frische, Fröhlichkeit und Lebensnähe. Das sind Eigenschaften, die einem Amtsinhaber regelmäßig abgesprochen werden, erst recht, wenn es sich um einen Mann handelt, der wie Stephan Keller sein Leben lang in Verwaltungen gearbeitet hat und exakt das ausstrahlt.
Mangel an interner Konkurrenz Die Zahl möglicher Bewerbungen der Grünen halbiert sich meiner Meinung nach von Anfang an. Die Grünen werden höchstwahrscheinlich eine Kandidatin aufstellen. Dafür sprechen neben dem Unterschied zum Amtsinhaber zwei weitere Punkte: 2020 wollte Stefan Engstfeld für die Grünen Oberbürgermeister werden, 2025 wird die Partei sehr wahrscheinlich im Bundestagswahlkampf einen Mann als Kanzlerkandidaten präsentieren: Robert Habeck. Da erscheint es recht dringend angeraten, fürs hiesige Rathaus eine Frau zu nominieren.
Neben Clara Gerlach kommen dabei schon theoretisch nur noch wenige in Betracht. Fraktionssprecherin Angela Hebeler verfügt zwar auch über große Erfahrung, gilt aber ebenso wie die frühere Parteisprecherin Mirja Cordes eher als Expertin für die politische Gremienarbeit denn als Mitreißerin in der ersten Reihe. Eine andere frühere Parteivorsitzende, Paula Elsholz, hat vor kurzem erklärt, sich neuen Herausforderungen zu stellen – und meinte damit offenbar jenseits des Rathauses. Weitere Ratsfrauen und Mitglieder der Bezirksvertretungen sind entweder noch zu jung oder gelten aus anderen Gründen als nicht erfahren genug für den Wahlkampf.
In Betracht kommt natürlich immer eine Kandidatin, die man von außerhalb holt – aber wirklich sinnhaft erscheint das bei den Grünen und einer in Düsseldorf geborenen Kandidatin aktuell nicht.
Reichlich Möglichkeiten zum Netzwerken Die vielen Jahre in der Politik haben Clara Gerlach schon einen gewissen Bekanntheitsgrad in der Stadt verschafft. Hinzu kommt, dass sie als Bürgermeisterin seit 2020 automatisch viele weitere Möglichkeiten erhält, bei denen Menschen sie kennenlernen können, weil sie zu vielen Terminen eingeladen wird. Da sie in ihrem Ehrenamt über ein Büro verfügt, hat sie passend dazu den organisatorischen Rückhalt, um das für eine Kandidatin erforderliche Netzwerk weiterzuentwickeln.
Zusatz-Optionen in Partei und Fraktion Wenn für die Kandidatur neben dem Amt der Bürgermeisterin noch eine weitere Spitzenposition erforderlich ist, ergeben sich bei den Düsseldorfer Grünen passende Möglichkeiten. Nach dem Rückzug von Paula Elsholz sucht die Partei aktuell eine neue Vorsitzende, und die Fraktionsspitze wird im Laufe der Legislatur noch einmal gewählt.
Die mögliche Kandidatin kann Wahlkampf Ein Wahlsieg der Grünen kann in Düsseldorf auf zwei Wegen gelingen:
- Die OB-Kandidatin holt im ersten Wahlsieg mehr Stimmen als die Konkurrenz von der SPD und zieht in die Stichwahl ein. Dort könnte sie dann mit Unterstützung aller Mitte-Links-Wähler:innen vor dem Bewerber der CDU landen.
- Die Grünen haben eine solche Hochphase bei den Wähler:innen, dass sie sogar im ersten Wahlgang mit den meisten Stimmen ins Ziel kommen. Stärkste Kraft waren sie in Düsseldorf zum Beispiel bei der Europawahl 2019.
Beide Wege setzen voraus, dass die Kandidatin positive Stimmungen zugunsten der Partei aufgreifen und verstärken kann. Clara Gerlach hat dies bei der Kommunalwahl 2020 bewiesen. Sie holte ihr Direktmandat mit rund 32,2 Prozent der Stimmen und mehr als acht Prozentpunkten Vorsprung auf den Zweitplatzierten.
Was gegen Clara Gerlach spricht
Diplomatisches Geschick Vertreter:innen der Grünen fallen im Stadtrat immer wieder dadurch auf, dass sie Anträge, die eigentlich ihrer Politik entsprechen, wortreich ablehnen, wenn sie aus der Opposition kommen. Clara Gerlach ist dabei eine der Meisterinnen, wenn es darum geht, ein solches Abstimmungsverhalten zu erklären. In der kleinen Welt des Stadtrats mag das noch vernachlässigbaren Schaden anrichten. Es besteht aber die Gefahr, dass sie auch gegenüber Wähler:innen oder bei größeren Auftritten so belehrend agiert. Fehlendes diplomatisches Geschick kostet gerade im Rheinland wesentliche Sympathiepunkte.
Thematische Breite In den bisherigen 18 Jahren im Stadtrat hatte Clara Gerlach vor allem zwei Schwerpunkte. Als Lehrerin (Kunst und Deutsch) hat sie ihre Expertise in die Schulpolitik eingebracht. Zudem ist sie seit vielen Jahren erste politische Ansprechpartnerin für die Kulturszene. So hat sie zum Beispiel im vergangenen Herbst mit deutlich vernehmbarem Einsatz dafür gesorgt, dass die vom Oberbürgermeister eingebrachten Sparvorschläge im Kultur-Etat nicht durchkommen. Die Kehrseite dessen: Es handelt sich um eher weiche Themen. Eine Oberbürgermeister-Kandidatin muss sich breiter aufstellen. Auch in dieser Hinsicht bietet das Amt der Bürgermeisterin jede Menge Möglichkeiten.
Erfahrung in der Verwaltung Clara Gerlach kennt die Abläufe im Rathaus aus der politischen Perspektive, nicht aber als Mitglied der Verwaltung. Sie müsste sich dieses Wissen wie viele neue Oberbürgermeister:innen (in Düsseldorf und anderen Städten) erarbeiten. In diesem Punkt wäre die Grüne im Wahlkampf angreifbar – zumindest, wenn den Wähler:innen mehrheitlich wichtig ist, dass ihre oder ihr OB schon lange in der Verwaltung gearbeitet hat.
Weitere Geschichten von VierNull zu den Grünen in Düsseldorf
Schwarz-Grün in NRW: Das wird schwieriger als im Düsseldorfer Stadtrat
Die Grüko macht die Grünen brav
Die Mehrheit im Stadtrat in Düsseldorf: die Grüko
Bundestagsabgeordnete aus Düsseldorf: Die erfahrene Neue