Was andere Viertel von der Kölner Straße lernen können

Die Industrie- und Handelskammer hat untersucht, wie stark die Einkaufsstraßen in den Düsseldorfer Stadtteilen besucht werden. Spitzenreiter ist der Abschnitt zwischen Oberbilker Markt und Oberbilker Allee. Ich habe mir angeschaut, warum.
Veröffentlicht am 21. Juni 2024
Kölner Strasse
Auf keiner Straße in Düsseldorf sind im Schnitt so viele Passant:innen unterwegs wie auf der Kölner Straße zwischen Oberbilker Markt und Oberbilker Allee.

Ich bin mit einem Kenner der Kölner Straße unterwegs und dieser Begleiter schafft an diesem Samstagmittag auf wenigen Metern eine Menge. Im ersten Markt kauft er frisches Fleisch und Gewürze, im nächsten Gemüse, dann beim Bäcker zwei Fladenbrote. Zwischendurch teilt er Tipps, welcher Imbiss hier welche Stärken hat, schließlich erwischen wir in einem Café gerade noch einen Tisch, um ein Sandwich zu essen. „Auf der Straße ist ganz schön was los“, sage ich. „Halbe Lunge“, antwortet er. „Heute Nachmittag wird es hier richtig voll.“

Dass mein Begleiter damit nicht übertrieb, ist statistisch belegt. Die Düsseldorfer Industrie- und Handelskammer (IHK) hat messen lassen, wie viele Menschen im Schnitt die Einkaufsstraßen in den Stadtteilen besuchen. Gezählt wurde an 16 Stellen acht Wochen lang jeweils donnerstags und samstags, aus den Werten wurde ein Gesamtdurchschnitt gebildet.

Das Ergebnis: Auf keiner Straße sind im Schnitt so viele Passant:innen unterwegs wie auf der Kölner Straße zwischen Oberbilker Markt und Oberbilker Allee. Donnerstags waren es zwischen 10 und 18 Uhr im Schnitt rund 9000 Personen, samstags mehr als 10.000. Auf den nächsten Plätzen folgten die Westfalenstraße in Rath und die Hauptstraße in Benrath. Die gesamte Auswertung finden Sie hier.

Eines ist mit Blick auf diese Statistik wichtig: Weniger Besucher:innen im Schnitt bedeuten nicht, dass eine Straße unbeliebt ist oder nicht funktioniert. Das beste Beispiel dafür ist Lorettostraße in Unterbilk. Sie kommt auf rund 2000 (donnerstags) beziehungsweise 3500 Passant:innen (samstags) – und trotzdem würde niemand behaupten, dass sie als Einkaufsstraße eine geringere Bedeutung hat als die genannten Spitzenreiter.

Es wäre aber umgekehrt ein Fehler, bei der Kölner Straße zu sagen, sie verdanke ihren Erfolg vor allem den internationalen Communitys in der Nachbarschaft und deshalb könne man daraus keine Schlüsse ziehen. Nach meinem Eindruck kann man in Oberbilk einiges lernen:

Maximale Nahversorgung an der Kölner Straße

Die Basis einer funktionierenden Einkaufsstraße ist ein gutes Angebot für den täglichen Bedarf. Klingt banal, ist es aber nicht, wenn man sich anschaut, was das Fehlen einzelner Angebote schon ausmacht. Gibt es zum Beispiel an einer Straße keinen Drogeriemarkt, müssen die Kundinnen und Kunden dafür woanders hinfahren. Das kann zur Folge haben, dass sie dort dann auch die anderen Besorgungen erledigen.

Die Kölner Straße hat einen Drogeriemarkt und bietet viele Dinge sogar mehrfach. Es gibt eine ganze Reihe von Gemüseläden, Supermärkten und Discountern, Mode- und Schmuckgeschäfte sowie einen Optiker und einen Schneider. Und Geschäfte, die in Stadtteilen nur noch selten zu finden sind, etwa den Schreibwarenladen Marx-Kaufmann, der zwar knappe Öffnungszeiten hat, aber unter anderem für das Einbinden von Schulheften und -büchern als legendär gilt.

Noch etwas kann man in Oberbilk sehen. Wenn die Grundversorgung stimmt und zu höheren Passantenzahlen führt, folgen die nächsten Frequenzbringer. An der Kölner Straße sitzen auch Kodi, Kik, Zeeman und Ernsting’s family – alles keine Unternehmen, die für lokalpatriotische Romantik bekannt sind, sondern die sehr genau kalkulieren, wie viele Leute mindestens bei ihnen vorbeilaufen müssen, damit sich ein Standort lohnt. Dass die genannten alle dort sind, obwohl die Konkurrenz so stark ist, unterstreicht, wie gut besucht die Straße ist.

Sozialer Treffpunkt in Oberbilk

Wenn die Nahversorgung sichergestellt ist, geht in einem Viertel noch mehr. Dass man dafür nicht das furchtbare Wort Aufenthaltsqualität strapazieren muss, zeigt die Kölner Straße auf ihre minimalistische Weise. Es gibt dort keine großartigen Inseln oder schicken Straßenmöblierungen. (Flexible) Sitzmöglichkeiten jeder Art reichen völlig, im Zweifel tut es auch ein Fahrradständer, auf den man sich hocken kann. Entscheidend ist nur, dass man zu zweit, zu dritt, zu viert irgendwo zwischen den Geschäften anhalten kann, um in Ruhe zu reden.

Wie gut die Kölner Straße als sozialer Treffpunkt funktioniert, haben wir unter anderem dadurch gelernt, dass wir schon zur Mittagszeit genau schauen mussten, wo wir noch einen Platz zum Kaffeetrinken finden.

Letzte Beobachtung: Verkehr

Am Ende fiel mir noch etwas auf. Es gibt Parkplätze an der Kölner Straße, und es rollen reichlich Autos Richtung A46 und Hauptbahnhof. Mit der Passantenfrequenz hat das aber nichts zu tun. Während meines Besuchs blieben alle Autos, die dort schon standen, auch stehen. Das heißt: Die vielen Kund:innen kamen zu Fuß oder mit dem Rad, weil sie wissen, dass sie alles in Laufreichweite haben.  

Die Kölner Straße ist wie beschrieben keine grüne Oase. Entgegen der Überzeugung an vielen anderen Stellen zeigt sie dennoch, dass Autos für eine funktionierende Einkaufsstraße nicht entscheidend sind.

Weitere Bilder von der Kölner Straße:

Kölner Strasse

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