Es wird Zeit, dass sich hinterm Carschhaus-Zaun was tut

Seit eineinhalb Jahren ruhen die Bauarbeiten am Eingang zur Düsseldorfer Altstadt. Die Forderungen, dass die Stadt dort selbst aktiv wird, werden lauter. Es spricht allerdings einiges dafür, dass etwas in Bewegung kommt – unter anderem das Schweigen des Oberbürgermeisters.
Veröffentlicht am 10. April 2025
Heinrich-Heine-Platz in der Altstadt Düsseldorf Signa-Pleite, Carschhaus
Keine Montage: Diese beide Schilder sind am Bauzaun vor dem Heinrich-Heine-Platz zu sehen und passen zur Lage dahinter.

Man kann nicht sagen, dass sich gar nichts verändert. Lange konnte man auf den Brettern vor dem ehemaligen Carschhaus lesen, dass einst die Slowakei und die Ukraine hier bei der Fußball-EM gegeneinander spielten. Mittlerweile erfährt man dort, dass es bei der Stadt interessante Jobs geben könnte und man anderswo auch schöne Ecken in der Stadt findet. Damit ist der wesentliche Fortschritt am Heinrich-Heine-Platz allerdings auch vollständig umrissen.

Ursprünglich war für diese Zeit, das Frühjahr 2025, geplant, die Düsseldorfer Ausgabe des Nobelkaufhauses KaDeWe am Eingang zur Altstadt zu eröffnen. Die Insolvenzen in der Signa-Gruppe von René Benko führten aber dazu, dass es leise hinter dem Bauzaun wurde. Seitdem tut sich dort nichts mehr. Die einzigen Aktivitäten neben der Zaunbeklebung sind verbaler Natur. Immer mal wieder tauchen Namen von Unternehmen auf, die die Signa-Anteile übernehmen könnten. Die vorläufig letzte Absage gab es kurz vor Weihnachten.

Nach eineinhalb Jahren Stillstand verlässt inzwischen einige politische Beteiligte Geduld und Hoffnung, etwa die FDP-Fraktion im Stadtrat. Sie fordert, dass die Stadt sich wieder selbst darum kümmert, den Platz vor dem ehemaligen Carschhaus zu gestalten. Bisher gibt es einen Vertrag mit dem Investor, dass dieser sich darum kümmert. So ist unter anderem vorgesehen, in der Mitte des Platzes eine geschwungene Treppe zu bauen, die zum Untergeschoss des Kaufhauses führt. Freundliche Menschen nennen diese Idee Lichthof, mein Kollege Hans Onkelbach hat sie in einer Geschichte „Das Carschloch“ genannt.

Diese bisher nur theoretische Bausünde noch einmal zu überdenken und sich darum zu kümmern, wie der Dauer-Zaun verschwindet, sind verständliche Impulse. Zugleich spricht einiges dafür, dass 2025 doch noch Bewegung in die Sache kommt und sich Rest-Geduld lohnen könnte:

Politisch Stephan Keller neigt seit einiger Zeit zum Abräumen von Themen, die im Kommunal-Wahlkampf problematisch werden könnten (hier nachzulesen). Ein Mahnmal zur Benko-Pleite am Eingang der Altstadt wäre so ein Fall. Da der Oberbürgermeister zu diesem Thema aktuell schweigt, gehe ich davon aus, dass Verhandlungen laufen, die er nicht mit öffentlichen Äußerungen torpedieren will. Gäbe es diese Gespräche nicht, wäre er wahrscheinlich schon in anderer Form aktionistisch auffällig geworden.

Unternehmerisch Am KaDeWe-in-Düsseldorf-Projekt ist maßgeblich die Central-Group beteiligt. Dieser Konzern besitzt vor allem Warenhäuser, Einkaufszentren, Hotels und Restaurants und gehört einer der reichsten Familien Thailands. Es erscheint für sie betriebswirtschaftlich logisch, dafür zu sorgen, dass ihre bisherigen Investitionen nicht vergeblich waren. Es ist für die Central Group sinnvoller, mehr Geld ins Projekt zu stecken, als es aufzugeben. Das nötige Kapital ist vorhanden.

Ein zusätzliches Argument in diesem Zusammenhang ist der Standort. Selbst bei gebremstem Lokalpatriotismus muss man anerkennen, dass es für ein Nobel-Kaufhaus in Westeuropa nicht viele Städte wie Düsseldorf gibt, die Kundschaft und Kaufkraft in erforderlicher Größenordnung bieten. Es  ist sicher nicht das größte Vorhaben der Central-Group, aber auch kein unbedeutendes.

Finanziell Wer immer das neue Kaufhaus baut, muss dafür sorgen, dass es vor der Tür nicht aussieht wie früher. Bevor der Zaun ihn verdeckte, war der Heinrich-Heine-Platz ein Lehrbeispiel dafür, wie man ein paar Quadratmeter maximal verbauen kann. Er war keine durchgehende Fläche, sondern eine wirre Mischung aus Vorsprüngen, Stufen und Tiefen. Wenn man einen Ort brauchte, um das Thema Wildpinkeln olfaktorisch zu veranschaulichen, war man dort richtig.

Das zu ändern, kostet einige Millionen Euro – deshalb hat die Stadt ihre Genehmigung fürs Kaufhaus mit der Pflicht zum Platzumbau verknüpft. Würde sie diesen Vertrag nun kündigen, müsste sie die genannte Summe zusätzlich in ihrem Etat planen. Dazu ist Stephan Keller (noch) nicht bereit.

Organisatorisch Die geltende Regelung besitzt einen weiteren Vorteil. Die Arbeiten für Gebäude und Platz liegen in einer Hand. Das sollte es erleichtern, Material gemeinsam zu bestellen, Zeitpläne abzustimmen oder etwas vorzuziehen, wenn es anderer Stelle gerade nicht weitergeht. Das Ganze verkompliziert sich, wenn es zwei Projekte und zwei Akteure gibt. Wenn die Stadt wieder für den Platz zuständig wäre, würde voraussichtlich die Verkehrsverwaltung übernehmen, die bei ihren vorhandenen Aufgaben schon deutliche Belastungserscheinungen zeigt.

Fazit
Das Thema Zukunft des Carschhauses und des Heinrich-Heine-Platzes kehrt zur richtigen Zeit zurück. Nach den Erfahrungen der vergangenen zwei Jahre sollte die Stadt eine Frist für ihre Geduld definieren und sich für den Fall vorbereiten, dass sie dort selbst aktiv wird. Damit meine ich genauso Planungen wie juristische Fragen. Schließlich wechseln dort die Eigentumsverhältnisse, je nachdem, wo man sich auf Augenhöhe mit dem Dauer-Zaun oder eine Etage tiefer befindet.


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