Private Parkplätze mehrfach nutzen – Köln kann’s schon

Stehende Fahrzeuge belegen viel Raum in Düsseldorf, der anders eingesetzt werden könnte. Das Unternehmen Ampido hat die Technik und zwölf Jahre Erfahrung, um Plätze bei Firmen, in Tiefgaragen und auf Brachflächen für alle bereitzustellen. In Düsseldorf sehen die Kölner großes Potential.
Veröffentlicht am 4. Februar 2025
Ampido-Parkplätze an der Toulouser Allee in Düsseldorf Pempelfort
Ampido ist auch in Düsseldorf aktiv, zum Beispiel in dieser Garage an der Toulouser Allee. Die Flächen dort werden nach Unternehmensangaben sechs Mal so oft genutzt wie zuvor.

Ich kann das Stadtgebiet von Düsseldorf kaum noch erkennen. Viele, viele Markierungen nehmen mir die Sicht. Jede einzelne von ihnen steht für einen Ort, an dem mindestens zehn Stellplätze auf privaten Raum vorhanden sind. Yasotharan Pakasathanan, Gründer des Unternehmens Ampido, und sein Team haben diese Orte gesammelt und in ihre Datenbank eingespeist. Ihr Ergebnis: Es gibt rund 40.000 private Plätze in dem Bereich, in dem die Stadt den öffentlichen Parkraum bewirtschaftet.

Solche Flächen sind nach meiner Ansicht ein Schlüssel für die Verkehrswende. Wenn es gelingt, die stehenden Autos vom öffentlichen in den privaten Raum quasi umzuparken, dann gibt es eine Menge Quadratmeter, die neu genutzt werden können. Für Bäume, Cafés, Bürgersteige und Radwege.

Diese Erkenntnis gibt es auch im Düsseldorfer Rathaus, es fehlt allerdings die dazugehörige Wirklichkeit in der Stadt. Oberbürgermeister Stephan Keller und die schwarz-grüne Mehrheit im Stadtrat hatten sich in dieser Hinsicht einiges vorgenommen, sind aber nicht sehr weit gekommen:

  • Die Gebühren an den Parkschein-Automaten sind gestiegen und erzeugen zumindest ein wenig Druck.
  • Der Plan, die Bewohnerparkausweise auch deutlich teurer zu machen, scheiterte hingegen, weil Freiburg mit einem ähnlichen Ansatz eine juristische Niederlage erlitt. Während andere Städte zweite Anläufe nahmen, die dann auch Bestand hatten, konnten sich CDU und Grüne nicht noch einmal einigen.
  • Düsseldorf hat das Feierabend-Parken vor einigen Supermärkten gestartet. Das ist ein guter Ansatz gegen Parksuchverkehr. Es passt aber offensichtlich noch nicht zu den Gewohnheiten und Bedürfnissen der Autofahrer:innen im Umfeld, wie ich in dieser Geschichte beschrieben habe.
  • Selbst bei kleinen Veränderungen, etwa dem Wegfall von einem halben Dutzend Parkplätzen am Corneliusplatz, gibt es große Beharrungskräfte. Offenbar ist die symbolische Bedeutung recht hoch.

Ampido ist trotz dieser noch offenen Probleme schon in Düsseldorf aktiv – zum Beispiel auf einem Gelände an der Moltkestraße, an der früher die Telekom saß. Vor dem Baubeginn für das jetzige Gebäude haben die Kölner dort 100 Parkplätze angeboten, also 100 Fahrzeuge aus der Konkurrenz des Viertel herausgeholt. Ähnlich agieren sie bei einer leerstehenden Immobilie an der Talstraße, mit einer Innenhof-Wohngarage am Fürstenwall oder einer Außenfläche an der Weißenburgstraße.

In einer Unternehmensgarage an der Toulouser Allee werden 60 Plätze mit den Mitarbeitern und privaten Interessenten geteilt. Nach Angaben von Ampido werden dieselben Flächen heute sechs Mal so oft genutzt wie früher – und Kapazitäten am Wochenende noch einmal zusätzlich vermarktet.

Die Möglichkeit, solche Angebote zu nutzen, ist simpel. In der App von Ampido sieht man die freien Plätze in der Umgebung und kann diese in der Regel zu einem Preis pro Stunde buchen. Dann gibt man noch das Kennzeichen ein und schon darf man dort stehen. Sollte es vor dem Parkplatz ein Rolltor oder eine Schranke geben, kann man diese mit der App öffnen. Das ist eine gleichermaßen wirkungs- wie eindrucksvolle Spielerei im Programm. Über die App kann man zudem Parkplätze für Tage in der Zukunft reservieren oder einen Platz monatsweise mieten.

Neben der Technik braucht das Ampido-Team vor allem Verhandlungsgeschick und Überzeugungskraft. Die Eigentümer der Parkplätze kümmern sich in der Regel nicht um die Frage, ob sie mit ihren Flächen mehrfach Geld verdienen können. Und wenn sie die Möglichkeit durch Yasotharan Pakasathanan und seine Kolleg:innen kennenlernen, dann sind sie erst einmal skeptisch, ob denn alle rechtzeitig wieder wegfahren oder ob es Konflikte um einen Platz gibt.

Um all diese Fragen einschließlich Vermarktung kümmert sich Ampido. Damit ist das Unternehmen in seiner Heimatstadt Köln schon deutlich weiter als in Düsseldorf. Dort kümmert es sich um rund 1000 Parkplätze und wickelt rund eine Million Vorgänge pro Jahr ab. Ich habe den Gründer und Geschäftsführer dort besucht. Wir waren mehrere Stunden unterwegs, um die verschiedenen Formen der Mehrfachnutzung anzuschauen:

  1. Flächen an Büro-Standorten und bei Unternehmen: Im Stadtteil Mülheim gibt es ein besonders anschauliches Beispiel. Dort sind verschiedene Firmen rund um einen Innenhof angesiedelt. Die Mitarbeitenden schauten regelmäßig in den Hof und sahen, dass ein Teil der Plätze immer freiblieb. Nun hat jedes Unternehmen über die App Zugriff auf ein bestimmtes Kontigent, die übrigen Flächen werden frei vergeben. Die Auslastung ist wünschenswert hoch – und alle Beteiligten verdienen daran. Zugleich kommt es nicht vor, dass mehr Autos auf das Gelände wollen, als dort Stellmöglichkeiten vorhanden sind.
  2. Tiefgaragen in Mehrfamilienhäusern: Immobilieneigentümer:innen ist herzlich egal, wie es auf den Parkplätzen aussieht, ihr Schwerpunkt liegt bei Wohnungsvermietung. Aber denjenigen, die im Stadtteil verzweifelt etwas suchen, ist die Möglichkeit einige Euro wert. Ampido hat solche Flächen angemietet und vermietet sie nun weiter. Der Ablauf ist dabei immer ähnlich: Zunächst wollen die Vermieter:innen lieber nur ein bis drei Plätze zur Verfügung stellen. Dann merken sie, dass es keine Probleme gibt, und die Zahl der Momente, in denen das Rolltor hochgeht, steigt.
    In der App sind in solchen Fällen Bilder der Garageneinfahrt zu sehen. Pfeile zeigen genau, wo man rein muss und wo man stehen darf.
  3. Parkplätze vor Supermärkten: Ampido ist der technische Partner der städtischen Tochter Connected Mobility Düsseldorf (CMD) beim Feierabend-Parken. Das hat wie erwähnt noch nicht so viele Nutzer:innen wie gewünscht, weil die Discounter noch vorsichtig mit den Uhrzeiten sind. In Köln-Ehrenfeld ist das Parken vor dem Supermarkt auf den Plätzen von Ampido 24 Stunden und sieben Tage die Woche möglich. Entsprechend gut ist die Nachfrage.
  4. Brach- und Freiflächen: Verwilderte Grundstücke oder solche, auf denen erst in einiger Zeit gebaut wird, helfen ebenso, den Parkdruck zu mindern. In solchen Fällen beginnt Arbeit von Ampido bisweilen beim Grünschnitt, läuft aber später genauso ab, wie in den anderen Beispielen beschrieben. Im Stadtteil Deutz entstehen so unter anderem in der Nähe der Messe neue Stellflächen.

Lehren für Düsseldorf

In Köln kann man gut sehen, wie Mehrfachnutzung von privaten Flächen funktioniert. Düsseldorf kann den Vorsprung der Domstadt meines Erachtens schnell aufholen. Folgende Aspekte habe ich während der Recherche gelernt:

  1. Es geht nicht um die Verdrängung von Autos. Sie bleiben in der Stadt. Aber sie stehen eben nicht mehr im öffentlichen Raum, sondern auf Flächen, die andernfalls leer bleiben.
  2. Die Forderung nach Quartiersgaragen erscheint überflüssig. In den politischen Debatten heißt es immer wieder, man müsse erst neu bauen und könne dann die Parkgebühren erhöhen. Das Potential, das Ampido aufgezeigt hat, reicht, um die Probleme in den Quartieren deutlich zu senken.
  3. Nun muss das Potential auch genutzt werden. Die Stadt kann dabei als Vorbild helfen. Sie könnte Teile der Flächen vor Ämtern (vor meinem Auge tauchen zum Beispiel die Parkplätze am Technischen Rathaus an der Brinckmannstraße auf) oder an Schulen vergeben. An beiden Orten ist abends und am Wochenende nicht viel los – und die Erfahrung zeigt, dass die Parkenden morgens rechtzeitig wieder verschwunden sind.
  4. Mit eigenen positiven Erfahrungen kann die Stadt dann auch bei Unternehmen für die Idee werben. Für die Anbieter der Mehrfachnutzung ist es bisweilen schwierig, dort die Person zu finden, die entscheiden darf und will. Über die städtischen Kontakte kann dies so leichtfallen wie das Rolltor-Öffnen in Köln-Ehrenfeld.

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