Der autofreie Corneliusplatz kommt nicht

Eigentlich hatte ich nach dem Wann gefragt, nicht nach dem Ob. Ich wollte von der Stadt wissen, wann sie den Beschluss des Verkehrsausschusses umsetzt, den Corneliusplatz für motorisierte Fahrzeuge zu sperren. Die überraschende Antwort darauf lautete: „Eine erneute Umgestaltung des Corneliusplatzes ist derzeit nicht Gegenstand konkreter Planungsüberlegungen der Verwaltung.“ Das ist die sehr umständliche Formulierung für: Die Stadtspitze wird den Beschluss nicht umsetzen.
Der Grund wird bestenfalls angedeutet. Die Stadt verweist darauf, dass der Corneliusplatz nach dem Bau der Wehrhahn-Linie und des Kö-Bogens neugestaltet worden sei. In den Planungen sei für jede Straße und jeden Platz definiert worden, welcher Verkehr dort gebraucht werde. „Dabei wurde auch eine Notwendigkeit für Kfz-Verkehr (Anlieferung für Geschäfte und Lokale / Restaurants) auf dem Corneliusplatz erkannt und umgesetzt.“
Es geht in Wahrheit um weit mehr. Das hatten die Debatte und die knappe Entscheidung (11:10 Stimmen) im April gezeigt. Der Corneliusplatz bildet den Anfang der Königsallee, die Stelle, an der unter anderem der Kaufhof liegt. Das heißt, wenn dort der motorisierte Verkehr herausgenommen wird, dann ist ein Stück Kö autofrei. Das hat einen hohen politischen Symbolwert. CDU und Grüne, sonst Kooperationspartner in den politischen Gremien, stimmten daher unterschiedlich ab.
Die Grünen und andere Befürworter der Sperrung für Pkw und Transporter hatten unter anderem angeführt, dass der Platz unter Denkmalschutz stehe, an die Fußgängerzone des Kö-Bogens anschließe und einen besonderen Belag habe. All das spreche für einen autofreien Bereich. Hinzu komme, dass der Platz gerade in der verkehrsreichen Winterzeit wegen der Eisbahn und des Weihnachtsmarkts ohnehin für rund zwei Monate gesperrt sei, ohne dass dabei gravierende Problem sichtbar werden.
Die CDU und weitere Gegner eines autofreien Corneliusplatzes hatten drei Argumente vorgebracht. Sie befürchte, der Architekt des Platzes könnte die Veränderung seines Werks als so stark ansehen, dass er die Stadt verklagt. Im Sinne der Geschäftsleute erklärten sie, die Kunden der Läden am nördlichen Ende der Kö könnten nicht mehr direkt vor den Läden parken. Zudem sorgen sie sich, Menschen mit Behinderungen könnten weitere Wege zu ihren Zielen (Geschäfte, Ärzte) im Umfeld haben.
So emotional wie die Diskussion verlief, soll nach meinen Informationen Oberbürgermeister Stephan Keller reagiert haben. Nun weigert sich seine Verwaltung, den Beschluss umzusetzen – sicher nicht ohne sein Wissen. Angesichts seiner heftigen Reaktionen im Frühjahr wahrscheinlich sogar auf seinen Wunsch oder mit seiner Zustimmung.
Die Stadtspitze geht dabei noch weiter. Sie plant ausdrücklich weiter mit Autoverkehr auf dem Corneliusplatz und möchte die Fahrzeuge demnächst anders darüber leiten. Interessant in diesem Zusammenhang: Wenn man die Fahrtrichtung umdreht, muss man für die heutigen Behinderten-Parkplätze und die Ladepunkt für E-Fahrzeuge neue Standorte suchen. Das bedeutet, dass die Stadt den Platz sehr wohl umgestaltet, obwohl sie dies mit Blick auf den autofreien Corneliusplatz ablehnt.
Die Verwaltung müsste wenig tun, wenn sie den politischen Beschluss umsetzen würde. Sie müsste einige Schilder aufstellen und voraussichtlich versenkbare Poller installieren. Dass sie einen solchen Schritt mit erstaunlichem Tempo umsetzen kann, wenn dies von der Rathausspitze gewünscht ist, hat sie vor kurzem auf der Mühlenstraße in der Altstadt bewiesen. Diese wurde sehr zügig gesperrt, die Poller rasch ausgeschrieben und die Bauarbeiten alsbald aufgenommen.
Das verstärkt bei mir den Eindruck, dass die Kommunalwahl 2025 bei diesem Thema schon eine Rolle spielt. Der Oberbürgermeister kann in seiner Wählerschaft vermutlich punkten, wenn er den Plan vom autofreien Corneliusplatz stoppt. Selbst wenn die Zahl der Betroffenen überschaubar ist, verhindert er auf jeden Fall etwas Vorzeigbares für die Grünen. Die Partei könnten solche Erfolge gut gebrauchen, weil sie in der Verkehrspolitik im Übrigen in den vergangenen Jahren wenig erreicht hat, insbesondere beim Radwegebau.
Zu dieser These passen andere Signale von Stephan Keller. Im Frühsommer hatte die Verkehrsverwaltung überraschend für alle Beteiligten ein Konzept für einen Radweg auf der Graf-Adolf-Straße veröffentlicht. Auch das wäre ein gut sichtbares Zeichen für einen Fortschritt im Radverkehr geworden. Die Pläne wurden nach wenigen Tagen wieder einkassiert.
Im vergangenen Jahr hatte der Rathauschef seinen Groll über das Nein der Grünen zur Oper unter anderem in der Verkehrspolitik zum Ausdruck gebracht. In seinem Haushaltsentwurf vom September 2023 strich er das Geld, mit dem vier große zusammenhängende Radwege (Leitrouten) geplant werden sollten.
Das sollte vor allem die untreue Kooperationspartnerin strafen. Es wirkte aber auch in höherem Maße demotivierend für diejenigen im Rathaus, die die Verkehrswende voranbringen wollten. Ich höre, dass eine Reihe von einst hochmotivierten neueingestellten Mitarbeitenden der Verkehrsverwaltung diese nach kurzer Zeit schon wieder verlassen haben.
Diejenigen, die im April für den autofreien Corneliusplatz gestimmt hatten, haben mindestens eine Möglichkeit, mit der Weigerung des Rathauses umzugehen: Sie können einen Verkehrsversuch beantragen. Das hat die Stadt zuletzt an verschiedenen Stellen gemacht, unter anderem an der Luegallee. So kann sie in der alltäglichen Praxis schauen, wie eine Veränderung wirkt, und schafft zugleich noch keine Fakten. Bei einem solchen Verkehrsversuch ginge es dann nicht mehr um das Ob, sondern ausschließlich um das Wann.
Randnotiz: Die Stadt feiert Mitte September auf dem Corneliusplatz den Tag der nachhaltigen Mobilität.