Chocolatier Heinz-Richard Heinemann findet’s scheiße: Edel-WC direkt vor seiner Haustür

Das Bauwerk an der Reuterkaserne in der Altstadt gehört zum Programm City Toilet. Für rund 52 Millionen Euro werden gut 40 neue Toiletten über die Stadt verteilt gebaut. Im konkreten Fall ist der Standort fragwürdig.
Von Hans Onkelbach (Text)
und Andreas Endermann (Foto)
Veröffentlicht am 25. Oktober 2023
öffentliches WC Reuterkaserne
Die Bausstelle für das neue WC an der Reuterkaserne in der Altstadt. Im Hintergrund das Haus, in dem Chocolatier Heinz-Richard Heinemann wohnt.

Das Fundament ist gegossen, die Öffnungen von zwei dicken Betonrohren schauen aus dem Boden, nebenan sieht man eine zerbröselte Schicht uralter Ziegel: An der Straße Reuterkaserne, unmittelbar neben der Kunstakademie in der Altstadt, wird auf historischem Grund gebaut, ganz klar. Was da entsteht, ist jedoch auf den ersten Blick dem Laien nicht offensichtlich. Nur die Größe ist bereits absehbar: Am Ende wird dieser Neubau der besonderen Art eine Grundfläche von ungefähr zwei Pkw-Garagen belegen. Er entsteht auf der stets sorgfältig gemähten Wiese zwischen der Straße und der rund 150 Meter entfernt vorbeiführenden Rheinuferpromenade zwischen Burgplatz und Oberkasseler Brücke – beste Lage also, da würde jeder Quadratmeter tausende von Euro kosten, wenn es denn Bauland wäre.

Errichtet wird ein Klo. Weil dieser Begriff zwar gängig, aber unfein ist, nennt man das Ding City Toilet. Gemeint ist dasselbe: Ein Ort, sich diskret und hygienisch zu erleichtern, wenn Darm oder Blase drücken. Bauherr ist die Stadt in Kooperation mit einem Anbieter solcher Anlagen. Die haben nichts mehr zu tun mit vergleichbaren Einrichtungen früherer Zeiten. Sie sind barrierefrei, selbstreinigend und möglichst vandalismusresistent. Um die Aspekte Klimaschutz und verbessertes Stadtklima weiter voranzutreiben, werden die Anlagen unter anderem mit einem Gründach ausgestaltet. Alle Anlagen verfügen über Wickelmöglichkeiten. Zudem sind auch Anlagen als „Toilette für Alle“ inklusive Liege und Lifter vorgesehen. Vor allem hinter dem Begriff „selbstreinigend“ verbirgt sich eine raffinierte Technik. Nach Benutzung setzt sie einen sehr aufwändigen Prozess in Gang, um jegliche Spuren des letzten Nutzers zu beseitigen. LED-Leuchten verkünden draußen „frei“ (grün) oder „besetzt“ (rot). Natürlich ist die Benutzung nicht gratis: Derzeit sind 50 Cent Gebühr geplant. Dutzende solcher neuen Örtchen werden in der gesamten Stadt entstehen. Das wurde im April 2022 beschlossen.

Aber dieses WC hier ist durchaus besonders. Denn im Programm für diese ultra-modernen Häuschen steht ausdrücklich, man werde sie dort bauen, wo Bedarf besteht. Wo also viele Menschen unmittelbar vorbeigehen. Davon jedoch kann an dieser Stelle keine Rede sein: Der stark frequentierte Promenadenbereich, auf dem selbst bei schlechtem Wetter reichlich Fußgänger, Jogger und Fahrradfahrer unterwegs sind, ist mindestens 150 Meter weit weg, wenn nicht mehr. Das alte WC dort, vor Jahren von der Firma Wall in ovaler Leichtmetall-Optik in diesem Bereich platziert, steht unmittelbar neben der Promenade. Das neue dagegen grenzt direkt an die Straße Reuterkaserne. Und die ist eine reine Anliegerstraße.  

Einer der Anlieger ist Chocolatier Heinz-Richard Heinemann, berühmt für seine Rum-, Whisky- und Champagnetrüffel. Er wohnt in dem sorgfältig restaurierten „Haus zu den Löwen“, und seine Haustür und die Zufahrt zur Garage liegen exakt gegenüber dem neuen WC auf der anderen Straßenseite, nur wenige Meter entfernt. Heinemann ist nicht gerade begeistert vom neuen Gegenüber, aber er nimmt es doch hörbar mit Humor. Gefragt hat man ihn nicht. Seine Recherche bei der Stadt ergab, im Rahmen des Konzepts City Toilet sei eine Absprache mit Anliegern nicht vorgesehen gewesen. Das mag daran liegen, dass die neuen Objekte größtenteils dort errichtet werden sollen, wo vorher bereits ein öffentliches WC älterer Bauart gestanden hat. Was, so findet Heinemann, in seinem Fall nicht zutrifft. Denn zwischen dem bisherigen und dem neuen Klo liegen locker mehr als 50 Meter.

Dass Heinemann in einem besonderen Haus wohnt, zeigen ihm immer wieder Touristengruppen: Wenn sie auf auf dem Weg von der Kunstakademie zum Burgplatz oder umkehrt vorbeikommen, wird das Gebäude sehr häufig fotografiert. Künftig wird sich das Motiv tiefgreifend verändern: Schönes altes Haus mit neuem WC im Vordergrund, so könnte man es dann nennen.

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