Unbelehrbar und von gestern: Die IG Kö

Die Interessengemeinschaft der Königsallee-Anlieger sollte zum Nutzen der Shopping-Meile agieren. Aber das tut sie nicht. Weil sie mit rückwärtsgewandtem Blick blind für Neues ist. Das ist auf Dauer schädlich, wie aktuell die Diskussion um Bettler zeigt: Sie sollen weg, Autos sind dagegen erwünscht.
Von Hans Onkelbach (Text)
und Andreas Endermann (Foto)
Veröffentlicht am 20. August 2025
Ingenhoven-Tal
Ein Obdachloser im Ingenhoven-Tal am Kö-Bogen. Auf der Shopping-Meile würde die dortige Interessengemeinschaft Bettler am liebsten vertreiben.

Denke ich an die IG Kö, dann fallen mir – in einem zugegebenermaßen großen Bogen – einige Beispiele aus heutiger Sicht kurioser Fehleinschätzungen ein. Heute nennt man so etwas Funfacts, seinerzeit waren sie echte Überzeugung:

  • Kaiser Wilhelm II. wird dieser Satz unterstellt: „Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung.“ Später zeigte er sich immerhin lernfähig und besaß dutzende Wagen.
  • Fachleute von IBM meinten in den Anfängen der IT-Forschung, die Welt brauche nicht mehr als fünf Computer.
  • In den USA fürchtete man beim Beginn des Telefon-Zeitalters, die Technik werde scheitern, weil man nicht genug Frauen für die Hand-Vermittlungsstellen der Gespräche finden würde.
  • Deutsche Zeitungsverlage hofften noch Anfang der 2000er Jahre, das Internet als Konkurrenz für Werbung habe keine Chance.
  • Das US-Telefonunternehmen AT&T meinte Ende der 1970er Jahre, Handys seien ein Nischengeschäft.

Solche Irrtümer sind menschlich. Es gibt sie nicht nur von weltweiter Bedeutung, sondern auch im engeren Umfeld. Womit ich bei der Düsseldorfer Stadtentwicklung im Allgemeinen und der Königsallee im Besonderen bin. An deren Wohlergehen ist die IG Kö interessiert, qua Amtes sozusagen und nicht zuletzt, weil man selbst Immobilien dort besitzt. Ich unterstelle auch Motive im Sinne des Allgemeinwohls. Leider hat man in diesen Bemühungen irgendwann übersehen, wie sich Umstände und mit ihnen die Menschen verändern. Und hält daher an nunmehr überholten Ideen fest.

Autos
Noch bis in die frühen 2000er Jahre war der private Wagen ein Synonym für Mobilität, ein Statussymbol und Beweis deutscher, somit Düsseldorfer Wirtschaftsstärke. Kö und Auto – das war wie Pott und Deckel, eine schier unerschütterliche Symbiose. Allseits respektiert und für nötig befunden. Walter Brune, 2021 verstorben und Erbauer der Kö-Galerie, fasste es mal in diesem Satz zusammen: „Das Auto ist die beste Einkaufstasche.“ Das meinte er besonders mit Blick auf die Kö. Der Prachtboulevard ohne Pkw – das wollte und konnte er sich nicht vorstellen.

Auf dieser tief gefurchten Fahrspur ist die IG Kö nach wie vor unterwegs: Sie verteidigt das meist immobile Blech auf dieser Straße mit Zähnen und Klauen. Es zu vertreiben ist für die sie der Exitus der Einkaufsstraße. Dass vergleichbare Boulevards anderer Länder nach dem Verzicht aufs Auto sogar mehr Umsätze machen, scheint im Hirn dieser Lobbyisten nicht angekommen zu sein. Sie orientieren sich an der fiktiven Figur des Käufers einer Rolex Daytona, der die Luxus-Uhr fein verpackt im imageträchtigen Tütchen vom Verkaufstresen des Juweliers auf einer wenige Meter langen Strecke (Sicherheit! Denn draußen lauert das Verbrechen!) zum direkt vor der Tür geparkten Range Rover tragen will, muss und darf. Dass solche 40.000-Euro-Uhren selbst im hedonistischen Herzen Düsseldorfs nicht mehrfach täglich über den Ladentisch gehen, ficht sie nicht an.

Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.

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