Schwarz-Rot-Gelb: So stehen die Chancen für diese Koalition in Düsseldorf

Das Bild war überdeutlich. Da saßen der Oberbürgermeister von der CDU, der Vorsitzende seiner Fraktion – und zwei Herren aus der Opposition. In dieser ungewöhnlichen Konstellation wurde am Montag (24. Juni) der neue Plan für die Oper in Düsseldorf präsentiert. Sie soll nun am Wehrhahn und nicht mehr an der Heinrich-Heine-Allee entstehen. Über die Ursachen dieser Wende habe ich hier berichtet.
Ebenso auffällig wie die Runde der Anwesenden war der Eindruck, wer nicht am Tisch saß: Vertreter:innen des CDU-Kooperationspartners von den Grünen. Ihr Fehlen wurde großzügig bedauert, eingeladen oder vorab informiert war die Fraktion allerdings nicht. Die Grünen hatten vor gut einem Jahr erklärt, dass sie derzeit einem Opern-Neubau nicht zustimmen.
Das hatte und hat die Stimmung im schwarz-grünen Bündnis verschlechtert. Angesichts des jetzigen Auftritts der CDU mit SPD und FDP stellt sich die Frage, ob die drei sich nach der Kommunalwahl 2025 für eine Mehrheit zusammenschließen. Ich erörtere die Argumente dafür und dagegen.
Was dafür spricht
Die Mathematik: Schwarz, Rot und Gelb hätten bei den Wahlen seit 2020 immer eine Mehrheit gehabt. Im Stadtrat, der 2020 bestimmt wurde, haben sie 54 von 90 Sitzen. Bei Bundestags-, Landtags- und Europawahl zwischen 2021 und 2024 ergaben die Stimmanteile immer mehr als 50 Prozent. Bei der Europawahl Anfang Juni war es allerdings nur noch knapp mehr als die Hälfte.
Das Vertrauen: Die Beteiligten steckten über Wochen in Verhandlungen über das Grundstück am Wehrhahn – direkt oder mindestens gut informiert. Und offenbar haben alle das vereinbarte Stillschweigen bewahrt. Selbst die Notlagen des Europawahlkampfs haben keinen zum Plaudern verführt. Dieser Vertrauensbeweis ist eine gute Basis für eine künftige Zusammenarbeit.
Die Grünen: Von 2014 bis 2020 gab es eine Ampel-Kooperation aus SPD, FDP und Grünen im Stadtrat, seit 2020 regiert dort die Grüko. Das heißt: Alle drei Fraktionen haben in der jüngeren Vergangenheit mit den Grünen ein Bündnis geschlossen. Man muss die Beziehungen nicht schlechter reden, als sie waren oder sind. Aber man kann sagen, dass es bei CDU, SPD und FDP durchaus die Fantasie gibt, mal wieder ohne die Grünen zu regieren.
Der OB-Kandidat: Für die SPD tritt im kommenden Jahr Fabian Zachel an und möchte Rathauschef werden (darüber habe ich hier berichtet). Der 39-Jährige geht zudem davon aus, dass er auf Listenplatz eins seiner Partei für den Stadtrat kandidiert. Er wird also unabhängig vom Ausgang der Wahlen ab 2025 eine wichtige Rolle spielen.
Mit Blick auf die bürgerlichen Parteien und ein mögliches Dreierbündnis erscheint er als ein geeigneter Partner. Er ist Vorsitzender des Vereins Zukunft durch Industrie und arbeitet für den Düsseldorfer Flughafen, ist also die wirtschaftsfreundliche Version eines Sozialdemokraten. Zu weit nach links für Schwarz-Rot-Gelb neigt er offensichtlich nicht.
Was dagegen spricht
Zweier-Bündnis möglich: Bei aller aktuelle Euphorie wissen alle Beteiligten auch, dass zu dritt regieren noch schwieriger ist als zu zweit. Sollten also nach der Kommunalwahl zwei Fraktionen zusammen mehr als 45 Sitze im Stadtrat haben, ist es wahrscheinlich, dass sie sich zusammentun. Nach den jüngsten Wahlergebnissen können das sowohl CDU und Grüne als unter bestimmten Umständen auch CDU und SPD schaffen.
Blessuren aus dem Wahlkampf: Die Zeiten des braven kleinen Koalitionspartners sind vorbei. Die FDP hat inzwischen eine ausgeprägte Freude an intensiver Zweikampfgestaltung. Sie präsentiert sich bürgerlichen Wählerinnen und Wählern als Alternative für den Fall, dass man mit der CDU nicht so richtig glücklich ist. Das funktioniert in einigen Düsseldorfer Stadtteilen ziemlich gut und kostet die Union dort nennenswert Stimmen. 2025 werden die Liberalen diesen Ansatz vermutlich verstärken – erst recht, wenn im Bundestagswahlkampf Friedrich Merz als Kanzlerkandidat antritt.
Das wird nicht spurlos an den Kontrahent:innen vorbeigehen. Anschließende Koalitionsverhandlungen werden also mindestens ein paar therapeutisch wertvolle Klärungsgespräche erfordern.
Wohnungspolitik: Die SPD hat sich zwar noch freudestrahlender als vorher für den Opern-Neubau ausgesprochen, aber sie knüpft ihr Ja im Stadtrat weiter an Bedingungen. Oberbürgermeister Stephan Keller soll bis 2030 rund 8000 neue (und bezahlbare) Wohnungen ermöglichen – und zeitnah Fortschritte nachweisen. Außerdem möchten die Sozialdemokrat:innen mehr Kultur in die Stadtteile bringen und bei den nächsten Opern-Entscheidungen weiter mitreden.
Sollten sie mit Blick auf ihren Wunschzettel ausgeprägt unzufrieden mit der Arbeit des Oberbürgermeisters sein, könnten sie das Vorhaben Oper kippen – und zugleich jedes Bündnis, in dem die CDU vorkommt.
BSW und/oder Volt: Das Bündnis Sahra Wagenknecht und die extra-europafreundliche Partei Volt haben zuletzt gute Ergebnisse in Düsseldorf erzielt. Anfang Juni kamen sie jeweils auf rund 4,8 Prozent der Stimmen. Sollten sie diese Resultate bei der Kommunalwahl nächstes Jahr bestätigen, wird der Stadtrat bunter und kleinteiliger. Das könnte Schwarz-Rot-Gelb mathematisch oder politisch erschweren. Denn wenn eine der beiden jungen Parteien genug Sitze hat, um dritter Partner zu werden, erscheint auch ein linkeres Bündnis mit Grünen und SPD denkbar.
Fazit
Unter den möglichen Dreier-Bündnissen erscheint ein Zusammenschluss von CDU, SPD und FDP für mich als Favorit. Diese Konstellation hat man noch nicht ausprobiert, also keine praktischen Gegenargumente. Und in der Opern-Frage hat man nun gesehen, dass man gut und vertrauensvoll miteinander arbeitet.
Zugleich halte ich ein Zweier-Bündnis aber nicht für ausgeschlossen – und das ist dann für die Beteiligten die liebste, weil doch etwas stressfreiere Variante.