Opposition im Stadtrat: Rette sich, wer kann

Die kleinen Fraktionen und Gruppen in der Düsseldorfer Politik haben einige Erfolge erzielt. Sie stehen aber unabhängig davon vor größeren Veränderungen. Das gilt für die Linke und die AfD genauso wie für Volt und die Klimaliste.
Veröffentlicht am 26. August 2024
Die Linke und die Klimaliste im Düsseldorfer Stadtrat
Blicken mit Sorge auf die Kommunalwahl 2025 (von links): Lukas Fix (Klimaliste), Christian Jäger, Sigrid Lehmann und Helmut Born (alle die Linke).

Es gibt einen dunklen Flur in Oberkassel, in dem sich bald manches tun wird. In diesem Flur in einem städtischen Gebäude an der Luegallee 65 haben einige kleine Fraktionen des Düsseldorfer Stadtrats ihre Geschäftsstellen, weil im Rathaus in der Altstadt nicht genug Platz ist. Was diese kleinen Oppositions-Fraktionen und -Gruppen bis zur und bei der Kommunalwahl erreichen können, erörtere ich in diesem letzten Teil meiner politischen Serie zum finalen Sitzungsjahr des Stadtrats. In den bisherigen Folgen ging es um CDU, Grüne, SPD und FDP.

Die Linke
Die Vorsitzende Julia Marmulla hat die vierköpfige Ratsfraktion der Linken jüngst mit diesem Satz beschrieben: „Wir sind seriöse Personen, die nur oft anderer Meinung sind“. Das beschreibt die drei Ratsfrauen und ihren männlichen Kollegen aus meiner Sicht ganz gut: Im Vergleich zu früheren Vertreter:innen der Linken im Stadtrat präsentiert sich das Quartett in der Tat mit Fachwissen und deckt ein breites Themen-Spektrum ab.

Ihre Anträge und Reden reichen dabei von populistisch bis mutig, allerdings nicht bis erfolgreich. Es ist vor allem Oppositionspolitik, die die Linke betreibt, mit konstruktiven Ansätzen zwar, aber wenig Hang, Mehrheiten zu organisieren.

Letztlich agiert sie, wie man es von der SPD als größter Oppositionsfraktion im Rat erwarten würde. Besonders deutlich zeigt sich das bei der neuen Oper. Während die Sozialdemokrat:innen dafür gestimmt haben, lehnt die Linke das Projekt ab. Und nutzt die Möglichkeiten, sich damit zu profilieren: Ende August hat sie Klage gegen den Oberbürgermeister und den Stadtrat eingereicht. Bei der Entscheidung zum Standort der Oper sieht sie sich in ihren Informationsrechten verletzt und nicht gleichbehandelt mit den anderen Fraktionen. Man habe erst drei Tage vor der Ratssitzung erfahren, dass die Stadt am Wehrhahn bauen möchte.

Gewinnt die Linke vor dem Verwaltungsgericht, würde die Entscheidung zwar nicht aufgehoben, aber festgestellt, dass der Oberbürgermeister und seine Mitstreiter:innen ihr Vorhaben unzulässig zügig durchgedrückt hätten. Das wäre ein kleiner Erfolg für die Linke, den sie mit einer zweiten Idee vertiefen könnte. Sie möchten die Düsseldorfer Bürger:innen über die Oper abstimmen lassen, bereitet einen Antrag dazu vor – und will auch Gespräche führen, um Stimmen der anderen Fraktionen zu gewinnen.

Aber selbst, wenn das gelänge, droht die Linke bei der Kommunalwahl 2025 in den Sog des Bundestrends zu geraten. Sowie die Partei auf Bundesebene verliert, war dies bei der Europawahl im Juni auch in Düsseldorf zu beobachten. Da kam die Linke auf 2,8 Prozent. Das ist gefährlich nah an der Grenze, an der sie keinen Fraktionsstatus mehr im Rat hätte. Dafür braucht man mindestens drei Sitze.

Die Partei/Klima
Eine Fraktion und nicht bloß eine Gruppe zu sein, hat einige Vorteile. Dazu zählen eine bessere finanzielle und personelle Ausstattung sowie mehr Rechte in den Gremien des Stadtrats. Deshalb haben sich die beiden Ratsleute von Die Partei und das Mitglied der Klimaliste zu einer Fraktion zusammengeschlossen.

In deren Praxis spielt der Klimaschutz eine doppelt prägende Rolle: bei den Vorschlägen der Fraktion und bei den Erfolgen. Immer mal wieder ist es Die Partei/Klima gelungen, Anträge zu stellen, für die es mit der Hilfe von Grünen, SPD und Linke eine Mehrheit gab. Zuletzt war dies beim autofreien Corneliusplatz der Fall (hier nachzulesen).

Der Vertreter der Klimaliste, Lukas Fix, kann das ebenso für sich verbuchen wie seinen guten Ruf als Redner im Stadtrat. Die beiden Ratsmitglieder der Partei pflegen hingegen eine eher experimentelle Form der Satire – und das auch nicht immer freiwillig. Eine Fortsetzung von beidem erwarte ich für das letzte Sitzungsjahr.

Das sagt allerdings nichts über das Ergebnis bei der Kommunalwahl 2025 aus. Das könnte stattdessen ein Beispiel für die Ungerechtigkeit von Politik sein. Die Klimabewegung erscheint zerteilt in Letzte Generation und Klimaliste, letztere holte bei der Europawahl in Düsseldorf nur noch 0,1 Prozent der Stimmen.

Die Partei schafft es hingegen stets gut wahrnehmbar zu plakatieren und sich damit stabile Ergebnisse um zwei Prozent zu holen. Das heißt: Am Ende könnte der Teil, der für die Erfolge gesorgt hat, gehen müssen, während die anderen bleiben und eventuell neue Partner:innen brauchen, um wieder eine Fraktion zu bilden.

Keno Schulte
Keno Schulte sitzt für Die Partei im Düsseldorfer Stadtrat.

AfD
Die drei Ratsmitglieder der AfD-Fraktion stellen regelmäßig Anfragen und Anträge: meist hochgradig populistisch, dabei weder kreativ noch erfolgreich. Stimmen sie über die Vorschläge anderer ab, sind sie meist dagegen, vor allem wenn es um Vielfalt und Weltoffenheit geht.

Das wird ihnen voraussichtlich nicht schaden. So wie die AfD in jüngster Vergangenheit auf Bundesebene hinzugewonnen hat, steht es in kleinerem Umfang in Düsseldorf zu erwarten. Die Zuwächse bei der Europawahl deuten in diese Richtung. Theoretisch erscheint sogar ein Direktmandat der AfD möglich, weil sie bei der Abstimmung im Juni in Garath stärkste Kraft war.

Für die jetziger Vertreter:innen würde das bedeuten, dass sie weitere Kolleg:innen hinzubekommen – wenn sie selbst denn bleiben. Aktuell stehen ihre Chance gut, wieder auf einem aussichtsreichen Listenplatz antreten zu dürfen. Aber spontane mittelgroße Personalwechsel sind bei der AfD auch keine Seltenheit.

AfD Düsseldorf
Die drei Ratsmitglieder der AfD (von links): Wolf-Rüdiger Jörres, Andrea Kraljic und Uta Opelt.

Tierschutz/Freie Wähler
Auch hier haben sich Vertreter:innen zwei verschiedener Parteien zusammengetan: Claudia Krüger von der Tierschutzpartei und Torsten Lemmer von den Freien Wählern. Mangels weiterer Mitstreiter:innen sind sie eine Gruppe und keine Fraktion.

Die geringer vorhandenen Rechte nutzen sie umso intensiver: Tierschutz/Freie Wähler sind Anfragensteller aus Leidenschaft und Meister der Vielzahl von Anträgen zum städtischen Haushalt. Schon statistisch müssen bei so vielen Versuchen auch mal Treffer dabei sein. Und tatsächlich trifft die Gruppe gelegentlich eine empfindliche Stelle des Oberbürgermeisters oder der Verwaltung. Außerhalb des Rathauses wird das allerdings kaum bemerkt.

Der Tierschutzpartei und den Freien Wählern ist es bei den beiden jüngsten Kommunalwahl jeweils gelungen, genug Stimmen für mindestens einen Sitz im Rat zu holen. Das ist ihnen auch für 2025 zuzutrauen. Das gilt erst recht, wenn es die bayerischen Vorreiter der Freien Wähler schaffen, bei der parallel stattfindenden Bundestagswahl Aufmerksamkeit auf die Partei zu lenken.

Claudia Krüger
Claudia Krüger von der Tierschutzpartei

Volt
In diesem Fall hat ein Zusammenschluss für den Fraktionsstatus nochmal eine ungewöhnliche Folge gehabt. Die beiden gewählten Vertreter von Volt verbanden sich zu Beginn der Legislaturperiode mit der SPD. Einer von ihnen (Mark Schenk) war offenbar so beeindruckt von den sozialdemokratischen Kolleginnen und Kollegen, dass er gleich das Lager wechselte.

So wird Volt nun ausschließlich von Gottfried Panhaus im Stadtrat vertreten. Es gibt einige Themen, in denen er fachkundig auftritt, am stärksten in Erscheinung trat er in der Debatte um die Finanzierung des evangelischen Kirchentags. In seiner Partei ist er dafür anerkannt, im Rat zählt er trotz der genannten Punkte zu den unauffälligen Erscheinungen.

Sollten sich die jüngsten Tendenzen pro Volt bewahrheiten und die Zuneigung enttäuschter Grünen-Wähler:innen anhalten, ist Volt nach der Kommunalwahl sicher und sicher mit mehr als einer Person im Rat vertreten. Ob es reicht, einen personell riskanten Zusammenschluss zu vermeiden, ist dabei offen.

Sabrina Proschmann Markus Raub Gottfried Panhaus
Gottfried Panhaus (rechts, hier mit den SPD-Fraktionsvorsitzenden Sabrina Proschmann und Markus Raub) hat für Volt eine Fraktionsgemeinschaft mit den Sozialdemokrat:innen gebildet.

Fazit
Im nächsten Stadtrat sitzen nach meiner Einschätzung weniger Linke und Klimaschützer, dafür mehr Mitglieder von Volt und der AfD. Und vielleicht noch ein neuer Nachbar vom dunklen Flur in Oberkassel.

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat bei der Europawahl in Düsseldorf aus dem Stand 4,8 Prozent geholt. Absehbare Erfolge bei den Landtagswahlen sowie mögliche Regierungsbeteiligungen in Ostdeutschland könnten der Partei weiteren Schub geben. Entscheidend für den Stadtrat wird sein, wie weit die erst im Januar gegründete Partei bis dahin auch auf kommunaler Ebene organisiert ist.

Sie würde dann übrigens voraussichtlich nicht als BSW firmieren. Parteichefin Sahra Wagenknecht hat angekündigt, den Parteinamen nach der Bundestagswahl zu ändern.

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