Vier Zimmer, Küche, Diele, Bad, Balkon – und teuer

Der Mieterverein hat Düsseldorfs Wohnpreise unter die Lupe nehmen lassen. Danach wird bei rund 26 Prozent zu viel verlangt. Sogar Fälle von Wucher fielen auf. Eine Entspannung ist nicht in Sicht, gesetzliche Reglementierung wirkungslos.
Veröffentlicht am 1. Dezember 2022
Wohnhaus Immermannstrasse DŸsseldorf
Auf der Suche nach einer Wohnung - das ist in Düsseldorf eine schwierige Sache. Foto: Andreas Endermann

Dieser Fall steht exemplarisch für die Lage auf dem Düsseldorfer Mietwohnungsmarkt. Aufgedeckt wurde er von der linksrheinischen SPD: In einem Neubauprojekt, das demnächst errichtet werden soll, hält sich der Bauherr (jedenfalls laut Plan) an die Vorgabe, einen Teil der Wohnungen sozialverträglich anzubieten. Bei näherem Hinsehen stellte man jedoch fest, dass der größte Teil dieser preiswerten Appartements nur wenig oder gar keine direkte Sonneneinstrahlung hat. Eine profitorientierte Taktik: Die Lage garantiert hohe Preise, und die notwendigerweise berücksichtigten Sozialwohnungen werden dort platziert, wo eh nicht viel zu holen wäre.

Der Mieterverein hat jetzt eine über drei Jahre erstellte Studie präsentiert, in der 22.000 Online-Annoncen ausgewertet und so der Düsseldorfer Markt analysiert wurde. Das Ergebnis bestätigt das Bild vom schwierigen Umfeld und untermauert das mit Zahlen.

Gibt es zu wenige Wohnungen?
Nein. Es gibt nur einen Mangel an Wohnungen für Menschen, die sich Luxus nicht leisten können.

Diese Entwicklung ist seit Jahren zu beobachten, aber die Studie zeigt die Dramatik sehr plastisch. Düsseldorfs Bevölkerungszahl ist in den beiden vergangen Jahrzehnten stark gewachsen. Im Jahr 2000 lebten hier 569.000 Menschen, 2010 waren es 588.000 Einwohner und 2020 etwa 644.000 Menschen.

Der Wohnungsbau stieg mit dieser Entwicklung, so dass es im Jahre 2020 ähnliche viele Wohnungen, und deutlich mehr Wohnfläche pro Einwohner Düsseldorfs gab als im Jahre 2000. Das Problem: Der Bestand der Sozialwohnungen mit Mietpreisbindung ging deutlich zurück. 2000 gab es 37.000 Wohnungen in dieser Preisklasse, 2010 noch 21.000 und 2020 nur noch etwa 15.000 Wohnungen. Beim Neubau gab es dazu kaum Entlastung: Was neu entstand, war fast immer sehr teuer. Dieser Trend setzt sich aktuell fort.

Wieso werden fast nur Luxus-Wohnungen gebaut?
Weil das Bauen in Düsseldorf noch teurer ist als im Umland. Nicht nur gestiegene Material- und Handwerkerkosten treiben die Preise, sondern vor allem die fürs Bauland. Ein Beispiel aus meinem unmittelbaren Umfeld: Grundstücke in meiner Nachbarschaft, die um die Jahrtausendwende noch für um die 300 bis 400 Euro (damals 600 bis 800 D-Mark) verkauft wurden, kosten heute zwischen 1200 und 1500 Euro. Pro Quadratmeter.

Gebaut werden darf nur ein- bis zweigeschossig. Wird Baugrund dort angeboten, wo mehrstöckige Bebauung erlaubt ist, treibt das den Preis. Er wird nicht nur durch die Fläche bestimmt, sondern auch durch den zu erwartenden Profit aufgrund des größeren Wohnraums. Investoren wollen also unbedingt so teuer es geht vermieten, um trotz hoher Grundstückspreise rentabel zu bleiben. So dreht sich die Spirale weiter nach oben und hebt die „ortsübliche Vergleichsmiete“. Das heißt: Selbst nicht so teure Gegenden werden kostspieliger, weil woanders gezahlte Top-Mieten den Durchschnitt erhöhen. Besonders teuer sind kleine Appartements (1 bis 2 Zimmer) oder die sehr großen über 100 Quadratmeter.

Wie und wo fielen überteuerte Mieten auf?
In der ganzen Stadt, aber unterschiedlich häufig. Im städtischen Durchschnitt lagen 26 Prozent der Angebote über der „ortsüblichen Vergleichsmiete“. Die ist übrigens variabel, weil sie nach Stadtteil errechnet wird. Von Überteuerung spricht man, wenn bis zu 20 Prozent mehr verlangt werden. Weiter darüber ist der Tatbestand des Mietwuchers erfüllt. Auch solche Fälle wurden entdeckt, allerdings waren es unter drei Prozent. Die zu hohen Mieten sind stadtteilabhängig. In Oberkassel sind es zwei von drei, in der Altstadt und Karlstadt waren es knapp die Hälfte. Ein ähnliches Bild ergab sich in anderen begehrten Lagen. Faustregel: Je unbeliebter die Adresse, desto geringer die Überteuerung. Festzuhalten ist angesichts dieser Zahlen aber auch, dass drei Viertel aller Angebote im regulären Bereich lagen.

Wieso können überteuerte Mieten verlangt werden?
Weil es in Düsseldorf ausreichend Menschen gibt, die willens und fähig sind, sie zu bezahlen. Beim Blick auf die Karte in der Mieterverein-Studie zeigt sich, was im Grunde alle wissen: Lagen wie Oberkassel, Niederkassel, Carlstadt, Wittlaer und Kaiserswerth bewegen sich an der Spitze. Kaltmieten von 14 bis 15 Euro und mehr pro Quadratmeter sind dort nicht ungewöhnlich. Weil diese Lagen begehrt sind, können solche Summen auch verlangt werden. Wer dort anbietet, muss sich nicht um Interessenten sorgen.

Hilft die Mietpreisbremse?
Nein. Sie käme lediglich zum Zuge, wenn eine Überteuerung auch angezeigt würde. Das jedoch passiert in dieser angespannten Marktlage so gut wie nie. Wer eine Wohnung bekommen hat, legt sich nicht mit dem Vermieter an, weil er meint, der Zins sei zu hoch. Außerdem hat ein Verstoß für den Eigentümer keine Folgen, Sanktionen gibt es nicht. Es sei denn, Wucher wird nachgewiesen – dann greift das Strafrecht. Ansonsten ist schlimmstenfalls das Geld oberhalb der Grenze an den Mieter zurückzuzahlen. Etliche Betroffene, so die Studie, zahlen pro Jahr mehrere tausend Euro zu viel und könnten das nachträglich zurückverlangen.

Außerdem gilt die Mietpreisbremse nicht für Neubauten ab 2014, und es gibt noch weitere Ausnahmen.

Wo wohnt Düsseldorf preiswert?
Verglichen mit dem Umland nirgends. Aber in Stadtteilen wie Hassels, Reisholz, Lierenfeld, Garath und Hellerhof gibt es Angebote um die oder knapp unter zehn Euro pro Quadratmeter.


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