Lorettostraße: Wenn der Erfolg zur Last wird

In anderen Stadtteilen guckt man neidisch auf die Läden, Bars und Restaurants zwischen Bilker Kirche und Polizeipräsidium. Eine scheinbar perfekte Idylle, aber auch verlockend wie Honig für eine unheilvolle Entwicklung: Gentrifizierung.
Von Hans Onkelbach (Text)
und Andreas Endermann (Foto)
Veröffentlicht am 2. Juni 2025
Lorettostrasse, Fromagerie Armel Laas

Foto: Andreas Endermann
Flanieren an der Lorettostraße: Die Menschen lieben es, aber einige Einzelhändler klagen über zu kleine Umsätze.

Ist die Lorettostraße mit ihren benachbarten Arealen ein Erfolgsmodell? Oder ist sie es nicht? Antworten auf diese Fragen sind auf den ersten Blick schwierig. Denn es scheint, als stehe die beliebte Meile an einem Wendepunkt. Wie es dahinter weitergeht, ist meines Erachtens zurzeit noch nicht klar. Nur eins steht fest: Euphorische Einschätzungen der vergangenen Jahre zeigen sich als so nicht zutreffend, das Ganze ist weitaus differenzierter zu betrachten.

Als ich im April 2022 mit einem Fachmann für Einzelhandelskonzepte sprach und er mir sagte, die Lorettostraße sei die eigentliche Konkurrenz der Kö, hat mich das beeindruckt (hier nachzulesen). Heute glaube ich nicht mehr an diese Aussage. Denn die Lage ist nicht auf einen so einfachen Nenner zu bringen.

Früher tristes Umfeld
Was aus diesem Viertel wurde, ist auf jeden Fall verblüffend. In den 1980er Jahren war sie eine biedere, langweilige Geschäftsstraße mit viel Verkehr, eingerahmt von größtenteils tristen Wohnstraßen mit billigen Mietwohnungen. Heute ist es eine angesagte Adresse im Stadtteil Unterbilk. Sehnsuchtsort einer jungen Klientel, einer Gruppe, der man gern das Adjektiv hip anhängt. Sie fühlt sich gewiss so, wählt mehrheitlich Grün (knapp 25 Prozent bei der Bundestagswahl) und glaubt, eine alternative Lebensform gefunden zu haben.

Ihre Jobs haben diese Menschen nicht selten in den nahegelegenen Straßen Richtung Medienhafen, wo einst heruntergekommene Altbauten fein (und teuer) hergerichtet, Neues im derzeit angesagten coolen, weiß gestrichenen Stil auf jedem freien Quadratmeter gebaut wurde. In einem solchen Umfeld zu wohnen, von manchen allen Ernstes als bodenständig eingeschätzt, gilt als schick und erstrebenswert. Nach und nach folgte, wie ein Marketendertross hinter Heeren früherer Zeiten, ein üppiges Angebot von Läden, Restaurants und Bars, in dem die Zielgruppe das findet, was sie zum Leben zu brauchen glaubt.

Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.

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