Kö und Innenstadt: Weniger Autos, mehr Umsatz

Vor allem wenn es um Düsseldorfs berühmte Shopping-Meile geht, wird das Thema mit Leidenschaft diskutiert: Kfz-Verkehr ja oder nein? Die Anlieger fürchten, Verkehrsberuhigung sei schlecht fürs Geschäft. Eine neue Studie zeigt jedoch das Gegenteil.
Von Hans Onkelbach (Text)
und Andreas Endermann (Foto)
Veröffentlicht am 14. April 2025
Verkehr Königsallee, Kö, Parken
Seit Jahren wird diskutiert, ob Autos auf der Kö wirklich sein müssen. Sie nehmen Platz weg und schränken den Raum für Menschen ein. Nun sagt eine Studie, verkehrsberuhigte Bereiche seien besser für den Umsatz der Geschäfte.

Auf alten Fotos von der Bolker- und der Flinger Straße oder anderen Bereichen der Altstadt sind bis weit in die 1970er Jahre Wagen zu sehen. Sie parken am Jan-Wellem-Denkmal vor dem Rathaus, stehen vor den Geschäften und Kneipen. Die klare Botschaft dieser Zeit: Die Stadt gehört dem Auto, Fußgänger oder gar Radfahrende – damals eine belächelte Minderheit – haben buchstäblich Platz zu machen.

Heute ist das nicht mehr vorstellbar. Abgesehen vom Lieferverkehr am frühen Morgen fährt da nichts mehr, was einen Motor hat. Und trotzdem ist alles rund um den Marktplatz voller Menschen. Sie bummeln, kaufen ein, sitzen vor den Kneipen. Wie man sich urbanes Leben halt vorstellt und wie man es mag.

Aber auf der Kö, da will man das nicht. Es soll der Todesstoß der Shopping-Meile sein, heißt es von der Händlerseite. Verbissen wehrt sich die Interessengemeinschaft der Kö-Anlieger gegen die Idee, den Verkehr fernzuhalten. Wer anderer Meinung ist, wird regelrecht mit einem Bannstrahl belegt. Wir bei VierNull haben das selbst erlebt. Immer noch glaubt man den vor vielen Jahren gemachten Spruch des Architekten der Kö-Galerie und der Schadow Arkaden, Walter Brune: „Das Auto ist die beste Einkaufstüte.“ Geld bringt danach nur der, der möglichst dicht an die Läden heranfahren kann. Und zwar mit dem eigenen Pkw. Dass sich da eine neue Denke entwickelt hat und man inzwischen Mobilität anders definiert, ist in diesen Kreisen noch nicht angekommen.

Ein Kompromissvorschlag

Auch wir in der Redaktion schauen mit unterschiedlicher Meinung auf alle Fragen rund um den Verkehr in der Stadt. Wir schwanken zwischen radikalen und gemäßigteren Lösungen. Für die Königsallee schlage ich einen Kompromiss vor: weiterhin Fahrzeuge jeder Art auf den Querachsen Bahn-, Grün-, Stein-, König-, Theodor-Körner und Blumenstraße zulassen, aber den Rest sperren. So blieben die wichtigen Verbindungen zwischen Altstadt und Berliner Allee erhalten, aber die Königsallee selbst würde die Priorität auf Fußgänger und Radfahrende legen. Zumal sie für den Durchgangsverkehr keine Rolle spielt, ausgenommen den der PS-Poser.

Die Allee könnte so viel mehr Fläche für verschiedene Aktivitäten draußen anbieten. Womöglich ließe sich sogar die vor allem abends leblose Gastronomie damit beleben und die Leere in diesen Stunden beenden.

Für die Idee einer Kö mit weniger Fahrzeugen habe ich nun zusätzliche Argumente gefunden. Und zwar in einer Publikation des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu). Der Name klingt erstmal sperrig, dahinter verbirgt sich eine Einrichtung, die städtisches Leben in seiner gesamten Bandbreite erforscht. Das Difu hat deshalb die Frage nach der Bedeutung des Verkehrs in Innenstädten untersucht und ist vor allem der von der Interessengemeinschaft Kö aufgestellten Behauptung nachgegangen, ohne Autos gehe der Umsatz in kommunalen Zentren zurück.

Laut den Kö-Anliegern ist das ein regelrechter Automatismus: keine Autos, keine Umsätze. Wer auf der Kö nicht vorfahren kann, kauft woanders. Wobei sich vor allem die Frage stellt: Wo denn? In Wuppertal, Neuss, Essen, Leverkusen, Köln? Nirgendwo gibt es ein vergleichbares Ensemble wie die Kö. Dass deren Vertreter glauben, ohne – oder besser mit weniger Pkw verliere sie an Reiz, beweist ein merkwürdig verzagtes Einschätzen dieser so erfolgreichen Straße. Ich rate zu mehr Selbstbewusstsein: Diese Straße ist einmalig, auch mit weniger Blech.  

Die Difu-Studie untermauert diese Einschätzung. „Die Praxisberichte und Studien zeigen, dass es keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen Verkehrsberuhigungsmaßnahmen und einer wirtschaftlichen Schlechterstellung des Einzelhandels gibt“, sagt Michaela Christ, Studienleiterin des Difu. Im Gegenteil: Das Fehlen von Verkehr oder dessen Reduzierung machen den so gewonnen Platz attraktiver. Die Menschen bummeln, sitzen einfach nur da – und, vor allem, sie kaufen entspannt ein.

Neuer Schwung
Diese Ergebnisse widersprechen den oft geäußerten Befürchtungen, eine Reduzierung des Autoverkehrs würde dem Handel schaden – und könnten neuen Schwung in die Debatte bringen. Eine weitere Erkenntnis: Die nun bevorzugten Radfahrer und Fußgänger geben zwar pro Einkauf weniger Geld aus als Autofahrer, sie kommen dafür aber häufiger vorbei. Insgesamt sorgen sie dadurch für höhere Umsätze. 

Allerdings sei es wichtig, die Geschäfte gut erreichen zu können, heißt es in der Studie. Um das für alle Kunden sicherzustellen, empfiehlt sie eine kluge Parkraumbewirtschaftung. Indem man Dauerparkern den Platz wegnimmt, bleibt mehr Raum für die Kundschaft. Gleichzeitig eröffnet eine Reduzierung der Parkplätze neue Möglichkeiten für eine vielseitige Nutzung des Straßenraums, die das Einkaufen attraktiver macht.

Und da nun sicher geargwöhnt wird, das Difu leiste Lobby-Arbeit für Umweltverbände oder andere grüne Organisationen, hier der Hintergrund des Instituts: Die deutschen Kommunen und ihre Organisationen tragen es auf freiwilliger Basis.

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