Kö: Umbauten sollen Sevens und Stilwerk retten

Manchmal sind es die vermeintlich kleinen Dinge, die eine – wenn auch versteckte – wichtige Botschaft enthalten: Eine der wichtigsten Adressen im Obergeschoss der Schadow Arkaden waren stets die Kundentoiletten. Nun gibt es sie nicht mehr. Ob für immer oder nur vorübergehend wurde nicht mitgeteilt. Die Türen sind verschlossen, die Piktogramme entfernt. Im benachbarten Eis-Café heißt es „Toilette? Ja, aber nur noch ganz unten.“ Gemeint ist das Tiefgeschoss mit seinen Gastronomiebetrieben. Dort findet der Kunde das, was er sucht, wenn er Erleichterung braucht. Kundenfreundlich ist das nicht, zumal es keinen Hinweis gibt. Weder im Erdgeschoss noch oben.
Das Einkaufszentrum, Anfang der 1990er Jahre von Architekt Walter Brune geplant und Mitte der 1990er eröffnet, verschob das Gewicht in der Düsseldorfer Innenstadt. Eine geschickte Anordnung der Laufwege und ein gut durchdachter Branchenmix lockte die Kundschaft an, in schwierigen Zeiten sahen die Eigentürmer (Rheinische Post Mediengruppe) im Objekt ihre Cashcow. Zumal das Parkhaus gut lief.
Aber nun hat man, wie die anderen Malls, Schwierigkeiten, Leerstände adäquat zu besetzen. Die obere Etage tut sich schwer, Leerstände gibt es aber auch unten: Seit Monaten sucht man mit großen Postern in den Fenstern des Ladenstrangs Richtung Schadowplatz neue Mieter. Die Flächen sind geschickt kaschiert, es ist nur schwer zu erkennen, wie viel vakant ist.
Sevens
Dort sieht es ähnlich aus und man versucht, neue Mieter jenseits des Einzelhandels zu finden. Saturn, einst über fünf Etagen der gewaltige Ankermieter, begnügt sich künftig mit zwei Geschossen. Der Rest der oberen Fläche wird zu Büros. Dass die AOK dort ihre nahe am Kunden arbeitenden Leute unterbringen will, habe ich hier berichtet. Das Sevens, eröffnet im Oktober 2000, hat bereits 2011 einen kompletten Umbau erlebt, der die Lage verbesserte (seitdem gibt es den Durchgang zur Kö-Galerie), aber am Ende den Niedergang nicht stoppte. Von den namensgebenden sieben (englisch: seven) Etagen Einzelhandel hat man sich zwangsläufig verabschiedet.
Kö-Galerie
Auch an der Königsallee 60 ist die Situation seit Jahren problematisch. In einem seitlichen Zugang zur Königsallee sind Schaufenster seit vielen Monaten zugeklebt, dahinter ist offenbar Leere. Zuletzt stand sogar ein Ladenlokal im Zentrum der Mall, unmittelbar an den Rolltreppen leer. Vor allem im Obergeschoss ist sichtbar, was Kunden mögen – und was nicht: Sie schätzen es nicht, wie auch immer nach oben zu müssen. Ein weiteres Zeichen für die schwierige Lage war der Wegzug des Jagdausstatters Frankonia aus dem zweiten Stock im vorigen Jahr.
Als die Kö-Galerie Mitte der 1980er Jahre von Walter Brune als erstes Projekt dieser Art in Düsseldorf gebaut wurde, war Frankonia noch der Mieter der größten Fläche. Vom Erdgeschoss mit einem gewaltigen Hirsch aus Bronze vor der Tür bis nach oben reichte der Verkauf. Im ersten Schritt zog man sich nach oben zurück, und schließlich verließ man die Galerie komplett und ging nach Mönchengladbach. Ein adäquater Nachmieter wurde nicht gefunden, die Kundenfrequenz auf der oberen Ebene dürfte nochmals nachgelassen haben. Allerdings gibt es tief unter dem Gebäude ein Überbleibsel von Frankonia, von dem kaum einer was ahnt: Eine der damaligen Bedingungen einzuziehen war der Wunsch, einen Schießtunnel anzulegen. Bauherr Brune, selbst Jäger, kam diesem Wunsch nach. Und so gibt es neben dem untersten Geschoss der Tiefgarage einen über 100 Meter langen Tunnel, in dem Frankonia die oben verkauften Jagdwaffen einschießen konnte. Zutritt hatten allerdings nur Mitarbeiter.
Stilwerk
Auf dem Grundstück des früheren Wellenbads an der Grünstraße errichtet, ist inzwischen – so sicher nicht geplant – eine Oase der Ruhe. An einem normalen Wochentag sind kaum Besucher in dem Gebäude zu sehen, in den Läden im Erdgeschoss und im ersten Stock starren einsame Menschen, auf Kunden wartend, in ihre Computer.
Ein weiteres Stockwerk des Stilwerks hat man daher bereits in Co-working-Spaces umgebaut, in Büros oder Tagungsräume unterschiedlicher Größe. Als ich neulich dort war, sah keiner dieser merkwürdig aseptisch-stilfreien Räume benutzt aus, nirgendwo waren Leute zu sehen.
Andere Gebäude unter dem Namen Stilwerk in Berlin, Stuttgart, Wien und Dortmund sind in den vergangenen Jahren entweder umbenannt oder neu gestaltet worden, der Begriff Stilwerk verschwand. Die ursprüngliche Idee, hochwertige Möbel und andere Design-Artikel von verschiedenen Anbietern unter einem Dach zu verkaufen, war nie wirklich erfolgreich. Typisch für die jetzige Lage: Der sehr hochpreisige HiFi-Anbieter Bang & Olufsen kündigt auf einem großen Plakat im Fenster an, demnächst auszuziehen.
Andere Städte
Die Probleme solcher Einkaufszentren sind nicht nur in Düsseldorf bekannt, in anderen Städten sieht es ähnlich aus. Thomas Krüger, Stadtplaner aus Hamburg und Experte für Auswirkungen innerstädtischer Shoppingcenter auf die Stadt- und Immobilienentwicklung, sagt es in einem Beitrag bei „Spiegel online“ so: „Nach den Warenhäusern sind sie wohl die nächsten Dinosaurier des Einzelhandels. Dabei waren sie lange Hochleistungsimmobilien mit ausgeklügelten Konfigurationen für den optimalen Besucherflow im Gebäude: Die attraktivsten Geschäfte, die „Magneten“, befinden sich an den Enden, damit die Kunden hin- und herlaufen. Gastronomische Angebote in der Mitte sollen den Eindruck von Urbanität erzeugen. An den Eingängen und weniger gefragten Bereichen sind die Blumengeschäfte oder Fotostudios. Das Konsumerlebnis ist oft aseptisch und überall gleich. All die Filialen großer Ketten, deren Angebot man aber auch bequem sonntagabends im Internet shoppen kann.“
Der letzte Punkt ist der entscheidende: Shoppen im Netz gräbt diesen Riesen das Wasser ab. Wenn sie das Einkaufen nicht neu erfinden und zu einem Erlebnis machen, das nur live funktioniert, werden sie verschwinden.