Flughafen Düsseldorf sucht einen neuen Chef – dringend

Der Vorstandsvorsitzende Thomas Schnalke will nicht weitermachen. Sein Vertreter Lars Mosdorf lehnte ein Angebot ab, die Nummer eins zu werden und geht demnächst ebenfalls. Ein neuer Kandidat ist nicht in Sicht, stellte der Aufsichtsrat jetzt fest.
Veröffentlicht am 19. Januar 2022
Thomas Schnalke
Flughafen-Chef Thomas Schnalke wird demnächst aus dem Vorstand ausscheiden. Wer ihm nachfolgt, ist offen. Foto: Andreas Endermann

Bei der Sitzung des Flughafen-Aufsichtsrats am 19. Januar gab es ein zentrales Thema: Wer soll künftig Vorstandsvorsitzender des Airports sein? Der Job muss neu besetzt werden, denn der Vertrag des derzeitigen Chefs, Thomas Schnalke (60), läuft aus. Und Schnalke will nicht verlängern. Aber auch sonst rotiert das Personalkarussell.

Wie ist die Lage an der Flughafen-Spitze?

Sie ist schwierig, denn so, wie es jetzt aussieht, ist der größte NRW-Flughafen bald ohne Führung, falls man nicht schnell Ersatz findet. Ursprünglich hatte man gehofft, den Finanzvorstand Lars Mosdorf aufrücken zu lassen, und ihm ein entsprechendes Angebot gemacht. Das jedoch scheint nicht so gewesen zu sein, wie der 41-Jährige sich das vorgestellt hat. Jedenfalls lehnte er es ab. Und kündigte heute an, zum Ende des Jahres ebenfalls ausscheiden zu wollen, hieß es aus der Umgebung des Flughafens.

Außerdem ging vor wenigen Monaten der erfahrene langjährige Technik-Geschäftsführer Michael Hanné in den Ruhestand. Und auch Thilo Schmid (46) ist auf dem Absprung. Er wird demnächst Chef des Flughafens Köln-Bonn, wie dort im Dezember verkündet wurde. In Düsseldorf war Schmid „Senior Vice President Aviation & Accountable Manager“ für alle operativen und kommerziellen Geschäftsbereiche am Flughafen Düsseldorf mit rund 900 Beschäftigten. Zuvor war er innerhalb der Flughafen Düsseldorf GmbH in verschiedenen Positionen auch als Geschäftsführer tätig. Er tritt seine Stelle in Köln im März an, wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ Ende Dezember berichtete. Schmid, der ein enger Vertrauter Schnalkes war, galt als dessen Ziehkind und wurde bereits als sein Nachfolger gehandelt. Da er aber, ähnlich wie Schnalke, keinen guten Draht zur Mitarbeitervertretung hatte, waren seine Chancen nach Einschätzung von Flughafen-Kennern gering.

Warum geht Schnalke?

Bisher hat er keine Gründe genannt. Möglicherweise jedoch spielt die Gesamtsituation des Flughafens Düsseldorf eine Rolle. Gesellschafter sind die Stadt Düsseldorf und Airport Partners mit jeweils 50 Prozent. An Airport Partners wiederum sind ein kanadtischer Pensionsfond mit 60 und der irische Duty-Free-Betreiber Aer Rianta mit 40 Prozent beteiligt. Durch die private Beteiligung ist der Erfolgsdruck, also der Wunsch nach möglichst viel Profit, sehr hoch. Andere Flughäfen, die komplett in öffentlicher Hand (Land oder Kommune) sind, gehen entspannter vor. Außerdem war Schnalke auch intern von Anfang an umstritten.

Wäre er möglichweise bereit, nochmals zu verlängern?

Das ist unwahrscheinlich. Schnalke hat schwere Zeiten hinter und hätte noch schwierigere vor sich: Aufgrund der Corona-Krise musste er harte Einsparungen umsetzen und geriet mehr als je zuvor mit den Personalvertretern aneinander. Beliebt war er nie, galt als Vertreter einer eher streng hierarchischen und wenig offenen Führungskultur. „Ein Despot“ – so schätzt ihn ein langjähriger Mitarbeiter ein, der die Stimmung im Betrieb kennt.

Auch nach außen tat sich der Manager schwer, Unterstützung zu finden. Die Kommunikation des Flughafens fuhr er auf ein Minimum herab. Eine von ihm geholte Kommunikations-Chefin (sie kam von der Apo-Bank) trat überhaupt nicht in Erscheinung, mehrere führende Mitarbeiter ihrer Abteilung kündigten nach und nach. Dass Schnalke nun nicht mehr weitermachen mag, hat Insider nicht überrascht. Angekündigt hat er das bereits vor Wochen.

Wieso wurde nicht früher an einer Nachfolge gearbeitet?


Der Aufsichtsrat wusste zwar vom Weggang Schnalkes, hat aber offenbar bis zuletzt gehofft, Mosdorf als Nachfolger gewinnen zu können. Gut möglich, dass das Gremium erst am Mittwoch in vollem Umfang begriffen hat, wie ernst die Lage ist.  Vorsitzender ist der CDU-Fraktionschef Rolf Tups, dessen Beruf das Finden neuer Mitarbeiter ist: Er ist Inhaber einer Personalberatungsfirma.

Wie findet man einen neuen Flughafen-Chef?

Das ist nicht so leicht. Zumal derzeit mehrere deutsche Flughäfen vor oder in einem Wechsel in ihrer Führungsetage stehen. Der Job ist zwar interessant, aber auch kompliziert. Vor allem in Düsseldorf. Die Verteilung der Eigentumsanteile schafft Druck (siehe oben), das Nachtflugverbot schränkt die Möglichkeiten erheblich ein, und ein einträgliches Frachtgeschäft ist in Düsseldorf (anders als in Köln) eben wegen dieses Nachtflugverbots kaum auszuweiten. Dazu kommt ein erheblicher Druck von lärmgeplagten Nachbarn und Umweltschützern, die den Flughafen im Prinzip permanent kleinzuhalten versuchen.

Mit anderen Worten: Der Job ist undankbar. Auch weil durch Corona die Zahl der Flugbewegungen extrem nach unten gegangen ist und auf Sicht nicht wieder auf alte Werte zurückkommen wird. Branchenkenner rechnen damit, dass Düsseldorf es schwer haben wird, wieder Interkontinental-Verbindungen zu bekommen. Eine avisierte direkte Verbindung nach Tokio (von der hiesigen japanischen Gemeinde herbeigesehnt und von der japanischen Airline ANA geplant), ist längst nicht sicher. Und ob Air China und Singapore Airlines ihr Engagement hier beibehalten oder wieder reaktivieren, ist ebenfalls unklar.  

Welche Voraussetzungen muss die/der Neue haben?

Möglichst Erfahrung in diesem Geschäft. Das heißt, Schnalkes Nachfolger/in müsste aus der bestehenden Führungsriege eines Flughafens herausgelockt werden. Das dürfte schwer sein, weil diese Leute knapp sind und von ihren jeweiligen Arbeitgebern vermutlich mit guten Bedingungen gehalten werden. Wer in dieser Branche verfügbar ist, stößt auf Misstrauen. Joachim Erwin, Oberbürgermeister zwischen 1999 und 2008, hat das einmal so formuliert: „Ich will keinen, der auf der Straße steht, weil er woanders entlassen wurde. Sondern einen, der in einer Führungsposition ist und einen guten Job macht.“ Erwin setzte 2001 seinen Stadtdirektor Christoph Blume für die Aufgabe durch, der den Flughafen bis zu seinem Tod 2013 leitete. In diese Zeit fiel der Beginn für das heute prosperierende Bürogebiet Airport-City.


Lust auf weitere Geschichten?