Friedrichstraße Düsseldorf
Die Friedrichstraße ist nicht nur von Baustellen und Leerständen geprägt, sondern sieht auch so aus. Foto: Andreas Endermann

Die Friedrichstraße kippt – aber in die richtige Richtung

Auf den ersten Blick wirkt die Lage auf der Einkaufsstraße in der südlichen Düsseldorfer Innenstadt bitterer als je zuvor. Dann aber wird klar: Von hier aus geht es ziemlich sicher bergauf. Die passenden Vorbilder und Ideen gibt es schon.
Veröffentlicht am 2. März 2023

Es war kein Spaziergang der uneingeschränkten Leichtig- oder der architektonischen Heiterkeit. Und doch hat mich der Weg durch die südliche Innenstadt zu einer eigentlich gar nicht allzu steilen These gebracht: Die Friedrichstraße kippt – und zwar in die richtige Richtung. Ja, ich habe die heftigen Baustellen gesehen und ja, ich habe mindestens 18 leerstehende Ladenlokale gezählt. Meine Annahme ist, dass die Friedrichstraße aktuell den Tiefpunkt ihrer bitteren Zeit erlebt und sich bald wieder positiv entwickelt. Dafür sprechen die folgenden vier Argumente:

1. Gute Vorbilder

Mein Rundgang mit Bezirksbürgermeister Dietmar Wolf startete an den Düsseldorf Arcaden, also bei den hohen Hausnummern der Friedrichstraße. Bis wir auf den ersten Leerstand trafen, hatten wir schon zweieinhalb Blocks hinter uns und waren kurz vor den zweistelligen Hausnummern. In diesem Teil funktioniert die Friedrichstraße gut. Es gibt Spezialgeschäfte (wie Unlicht für Mittelalter-Fans oder Bandoneón für Menschen, die Tango-Kleidung suchen), gute Gastronomie und ein paar Handwerksbetriebe.

Die einstige Befürchtung, die Düsseldorf Arcaden würde ihrem Umfeld schaden, hat sich nicht bewahrheitet. Das Einkaufszentrum selbst kämpft wie viele vergleichbare Komplexe mit einigem Leerstand, die südliche Friedrichstraße ist davon nicht betroffen. Der weitere Teil der Straße könnte sich folglich gut an den Geschäften orientieren, die die Wünsche ihrer Kundschaft genau kennen und treffen.

Aber auch in diesem funktionierenden Abschnitt sollten die Händlerinnen und Händler noch etwas tun, um das Kippen in die richtige Richtung zu intensivieren. Wenn man die Läden von außen betrachtet, sieht man einen Mix aus verschiedenen Schildern, Farben, Schriften und Markisen, der die Augen schwer beunruhigt. Wenn sich die Betroffenen zusammentäten und auf eine einigermaßen einheitliche Linie einigen könnten, würde das Viertel neben guten Angeboten die passende Ausstrahlung haben. Und noch mehr Vorbildfunktion für den Rest der Straße.

Friedrichstraße Düsseldorf
Der südliche Abschnitt der Friedrichstraße funktioniert gut. Foto: Andreas Endermann

2. Entwicklung des Kirchplatzes

Der ewige Container-Standplatz von Stadt und U-Bahn-Bauern ist nun keiner mehr. Auf der Rückseite der Kirche St. Peter kann nun endlich etwas gestaltet werden. Die aktuellen Pläne gehen in Richtung Bouleplatz.

An anderen Seiten des Kirchplatzes hat sich schon etwas verändert: Auf einer Seite ist 2022 eine wilde Blühwiese entstanden, die dieses Jahr in voller Pracht stehen wird. Die Mobilitätsstation mit Fahrradgarage, Lastenrad-Vermietung und Radreparatur-Säule zieht Menschen an – und 2024 kommt Kultur hinzu. Die Brause, Heimstätte des Vereins Metzgerei Schnitzel, erhält eine ehemalige Toilettenanlage als neue Adresse und wird dort unter anderem Konzerte und Ausstellungen veranstalten.

All diese Schritte könnten den vermeintlich unentwickelbaren Kirchplatz voranbringen und mit ihm die Friedrichstraße.

Friedrichstraße Düsseldorf
Die Mobilitätsstation macht den Kirchplatz attraktiver und mit ihm die Friedrichstraße. Foto: Andreas Endermann

Friedrichstraße Düsseldorf
Die Brause findet in der ehemaligen Toilettenanlage eine neue Heimat und bringt mehr Kultur an die Friedrichstraße. Foto: Andreas Endermann

3. Die Flächen zwischen den Häusern werden angepackt

Baustellenzäune und Formel-1-würdige Schikanen prägen derzeit das Bild für die Verkehrsteilnehmer auf der Friedrichstraße. Dort wird das Fernwärmenetz erweitert und – weil die Straße schon mal Löcher hat – gleich noch Glasfaserkabel gezogen. Das dominiert an manchen Stellen so, dass es dort mehr Leerstände als Läden gibt. Doch das Ende ist absehbar und dann werden Bürgersteige, Radwege sowie Fahrspuren für Autos neu gestaltet und sortiert.

Für meine These von der richtig kippenden Straße wird dies ein Schlüsselmoment. Gelingt es in einzelnen Teilen Tempo 30 durchzusetzen, deutlich breitere Gehwege und potentielle Terrassenflächen zu bauen und den heutigen Radweg einfach nur wieder zur vollen Geltung zu bringen, werden sich die Menschen dort deutlich lieber aufhalten.

Leider hält sich bei vielen Geschäftsleuten die Annahme, ihre Kundschaft käme mit dem Auto, am liebsten mit Tempo 50, und bräuchte zwingend einen Parkplatz vor der Tür (Diese Frage spielt auch an der Rethelstraße eine große Rolle, wie mein Kollege Christian Rothenberg hier geschrieben hat). Deshalb wehren sie sich gegen allzu viele Einschnitte für den motorisierten Verkehr. Dabei muss man sich nur einen Kilometer weiter die Schadowstraße anschauen. Die hat sich als weitgehende Fußgängerzone gut entwickelt. Dort gibt es dem Vernehmen nach kaum Händler, die den alten Zustand mit Fahrbahn in der Mitte wieder haben möchten.

4. Der Stern-Verlag kann nicht ewig so bleiben

Zum jetzigen Tiefpunkt haben im Wesentlichen drei Faktoren geführt: der Erfolg des Internethandels, die Baustellen und das Ende des Stern-Verlags. Das einst riesige Buchgeschäft hat viele Menschen an die Friedrichstraße gebracht. Seit mittlerweile knapp sieben Jahren befindet sich das Gebäude in der Warteschleife. Das Unternehmen Motel One hat es zwar gekauft, aber noch nicht viel getan.

Zumindest nach außen konnte dieser Eindruck abgemildert werden. Die Aktion Friedrich2468 hat Düsseldorfer Kreativen Schaufenster als Spielflächen zur Verfügung gestellt. Zum Abschluss des Projekts sind dort derzeit gewollte und gekonnte Graffiti zu sehen.

Hinter diesen Bildern ist zumindest eine bisschen Aktivität zu bemerken. Alle Holzelemente und Gegenstände, die nicht weiter oder wieder verwertet werden können, wurden herausgerissen. Als Nächstes steht die Entkernung an. Ein Abrisstermin ist allerdings noch nicht bekannt. Die nächsten Fortschritte lassen sich aber zumindest passend zu den anderen Entwicklungen in den nächsten Monaten und Jahren erhoffen.

Friedrichstraße Düsseldorf
Der ehemalige Stern-Verlag sieht dank gewollter und gekonnter Graffiti nach außen gut aus, dahinter tut sich aber noch wenig. Foto: Andreas Endermann

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