Bezahlbares Wohnen in Düsseldorf ist möglich – zwei Beispiele zeigen es

Die Debatte ums Wohnen hat in Düsseldorf doppelt an Dynamik gewonnen: politisch und bürgerschaftlich. Das Rathaus hat Anfang Dezember 2024 eine Liste veröffentlicht, nach der in der NRW-Landeshauptstadt 8000 neue Wohnungen entstehen können. Die Adressen und Projekte sind namentlich aufgeführt, dennoch hat das Ganze mindestens drei Tücken:
- Oberbürgermeister Stephan Keller musste diese Liste veröffentlichen, weil die SPD ihr Ja zur neuen Oper von eben diesen 8000 neuen Wohnungen abhängig gemacht hat.
- Ob die Eigentümer und Entwickler tatsächlich alle im genannten Umfang bauen und vor allem wann, steht nicht in der Liste.
- Wie viele Wohnungen mit einer bezahlbaren Kaltmiete (um zehn Euro) dabei entstehen, ist ebenfalls nicht gesagt. Sicher ist nur, dass 8000 neue Wohnungen den Druck im Markt verringern würden.
Die bürgerschaftliche Dynamik hat ihren Ursprung in Golzheim. Dort haben Vermieter mit heftigen Methoden versucht, Mieter aus dem Haus zu kriegen, um anschließend zu sanieren und dann für deutlich höhere Preise wieder zu vermieten. Anders als in früheren Fällen blieben die Betroffenen und das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum damit nicht allein. Zahlreiche Nachbarn solidarisierten sich und demonstrierten gegen die Repressalien.
Zwei Folgen: Im Rathaus wird der Mieterschutz personell verstärkt. Zudem wurde für die südliche Innenstadt die erste Soziale Erhaltungssatzung auf den Weg gebracht. Sie soll gegen Gentrifizierung und Luxus-Sanierungen helfen.
So positiv diese Entwicklungen sind oder sein können – für viele Menschen ist entscheidend, ob und wie es möglich ist, tatsächlich bezahlbare Mieten anzubieten. Wir haben dazu mit zwei Unternehmen über ihre Projekte gesprochen, die zeigen, wie es geht.
Elisabethstraße/Bilker Allee, Unterbilk
Ausgangslage An der Elisabethstraße gibt es einen großen Parkplatz neben den Bilker Arcaden. Gegenüber diesem Parkplatz befindet sich eine Fläche, auf der mehrere Wohnhäuser stehen sowie die Cubic Studios und das Immobilien-Unternehmen Wohnungsbau Familienhilfe Düsseldorf (WFD) beheimatet sind. Eben dieses Unternehmen hat beim Bau der Wehrhahn-Linie ein Stück Fläche hinzugekauft und sich bei der Stadt verpflichtet, bis 2027 dort aktiv zu werden.
Konzept Die WFD plant, die vorhandenen Häuser (auch den eigenen Firmensitz) abzureißen und einen neuen Gebäudekomplex zu errichten – in zwei Schritten/Bauabschnitten. Begonnen wird mit dem Teil, der näher zum Bilker Bahnhof liegt. Dort verschwinden die Studios und die WFD-Zentrale, und die ersten neuen Wohnungen entstehen. Die Mieter aus den Gebäuden an der Ecke zur Bilker Allee können dann dorthin umziehen, wenn sie wollen. Anschließend wird an der Kreuzung rück- und neugebaut.
So entstehen rund 7000 Quadratmeter Wohn- sowie 1250 Quadratmeter Büro- und Gewerbefläche. Aus heute 33 Wohnungen werden voraussichtlich 96. Es ist eine Mischung aus Zwei- bis Fünf-Zimmer-Wohnungen mit gängigen modernen Merkmalen geplant: Barrierefreiheit, Fernwärme und Solaranlage auf dem Dach.
Die Kosten sind mit 40 Millionen Euro kalkuliert (Stand Ende 2024).
Voraussichtliche Mieten Die WFD nutzt verschiedene Möglichkeiten der Förderung, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Zu unterscheiden sind die Kategorien A und B sowie die Impulsförderung. In allen Kategorien kann die Kaltmiete um zwei Prozent pro Jahr erhöht werden. Die Bindung gilt für 25 Jahre.
- Kategorie A: 17 Wohnungen, geplante Kaltmiete 8 Euro pro Quadratmeter
- Kategorie B: 21 Wohnungen, geplante Kaltmiete 9 Euro pro Quadratmeter
- Impulsförderung: 20 Wohnungen, geplante Kaltmiete 12 Euro pro Quadratmeter
Die übrigen 38 Wohnungen gelten als freifinanziert und erfordern keinen Wohnberechtigungsschein. Sie sind derzeit mit 15 Euro pro Quadratmeter veranschlagt.
Zeitplan Die WFD möchte den Bauantrag im Frühjahr 2025 stellen und mit dem ersten Abriss Mitte 2026 beginnen. Der erste Bauabschnitt soll zum 1. Januar 2028 fertig sein. Ab Mitte 2028 würde der zweite Abschnitt begonnen, für den erneut eineinhalb Jahre Bauzeit vorgesehen sind.
Umgang mit Mietern Die WfD hat die Mieter im bestehenden Gebäude angeschrieben und über ihre Pläne informiert. Darin nennt das Unternehmen seinen Wunsch, den Mietvertrag zum 30. September 2027 zu beenden, und bietet im Gegenzug einige Punkte an:
- Reduzierung der Kaltmiete um 25 Prozent ab dem Zeitpunkt der angenommenen Kündigung verbunden mit der Zusage, die Kaltmiete bis zum Ende des Vertrags nicht mehr zu erhöhen
- Eine Kündigungsfrist für die Mieter von sieben Tagen zum Monatsende, damit sie mögliche Angebote auf dem Wohnungsmarkt schnell wahrnehmen können, und Verzicht auf Renovierungspflicht beim Auszug
- Angebot für eine Wohnung in einem der neuen Häuser.
Corellistraße, Urdenbach
Es geht um Häuser im Eigentum der Rheinwohnungsbaugesellschaft (RWB). Dieses Unternehmen gehört der katholischen Kirche. Das Bistum Köln hält 70,5 Prozent, die ebenfalls unter dem Dach der Kirche agierende Aachener Siedlungsgesellschaft den Rest bis auf eine paar winzige Anteile privater Anleger.
RWB vermietet in Düsseldorf und näherer Umgebung rund 6200 Wohnungen, davon mehr als 5000 im Stadtgebiet selbst. Ihre Philosophie in der Wohnungspolitik formuliert die Firma so: „Unser Ziel ist es, die Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum auszustatten. Als Mitglied des Katholischen Siedlungsdienstes e.V. setzen wir uns im Verbund der katholischen Wohnungsunternehmen für ein Netzwerk auf Augenhöhe ein und fördern so unterschiedliche Projekte innerhalb der Mitgliedsunternehmen. Dabei haben wir stets das Ziel vor Augen, unserer sozialen Verantwortung gerecht zu werden.“
Was allerdings nicht bedeutet, dass man nicht profitorientiert arbeitet. Der Gewinn ist nur eben nicht das Maß aller Dinge. Geschäftsführer Thomas Hummelsbeck hat dafür ein anschauliches Beispiel: Es werde bei der RWB garantiert keinen Rentner geben, der ausziehen müsse, weil er die Miete nicht mehr zahlen kann. In solchen Fällen suche man nach Hilfe im Umfeld des Betroffenen, auch bei der Familie. Und wenn die Notlage dann tatsächlich weiter bestehe, werde die Miete den Möglichkeiten des Mieters angepasst.
Auch sonst merkt man die Orientierung der RWB an den Interessen der Kunden. Nicht etwa nur aus rein sozialen Erwägungen, sondern auch, weil man sich des langfristigen Erfolges dieser Strategie sicher ist. Man setzt auf Wertbeständigkeit und Vermietbarkeit. Das zeigt sich auch an der Corellistraße in Urdenbach.
Ausgangslage 16 Gebäude mit 140 Wohnungen aus den 1970er werden energetisch saniert, um sie auf den neuesten Stand der Technik und der Gesetzeslage für die CO2-Bilanz zu bringen.
Konzept Wie schon bei etlichen anderen Projekten setzt die RWB auf die so genannte serielle Sanierung. Gemeint ist damit die Nutzung von vorgefertigten Teilen für die bessere Dämmung von Fassaden. Mit Hilfe von 3D-Messungen werden die Maße genommen, danach die Wände extern angefertigt, inklusive der Fensteröffnungen. Sie können so im Ganzen und schnell angebracht werden. Die Fassadenelemente aus einer Holzkonstruktion samt dreifach isolierten Fenstern, Fensterbänken und elektrischem Sonnenschutz werden von einem Holzbauunternehmen produziert. Das Unternehmen kann nach eigenen Angaben in rund sechs Wochen mehr als 2000 Quadratmeter Fassadenfläche erneuern.
Außerdem werden die Loggien aller Wohnungen mit faltbaren Fenstern ausgestattet, die sie in der kalten Jahreszeit zu Wintergärten werden lassen, also die Wohnfläche vergrößern. So vorzugehen ist nicht etwa billiger. Es spart aber indirekt Geld, weil die Bauzeit radikal verkürzt wird und keine Verluste durch Mietminderungen anfallen, die wegen einer Baustelle realisierbar wären. Außerdem kann man schneller die vorher mit den Mietern vereinbarte höhere Miete kassieren. Sie lag vor der Sanierung zwischen 7,11 und 8,25 Euro pro Quadratmeter. Danach kommen 1,50 Euro hinzu, die Mieten sind generell bei 9,50 Euro gedeckelt.
Zeitplan Wegen der effizienten Methode ist die Bauzeit kurz: Der erste Bauabschnitt brauchte sechs Wochen und wird gerade abgeschlossen, drei weitere werden nach und nach folgen und bis Ende 2027 abgeschlossen sein.
Umgang mit Mietern Sie können wohnen bleiben, da die Arbeiten schnell und außerhalb der Wohnung erledigt werden. Ihren Strom bekommen sie künftig CO2-neutral von einer Photovoltaikanlage auf dem Dach für einen um zehn Prozent günstigeren Tarif als von anderen Anbietern.