Wie ich mir eine Wärmepumpe kaufen wollte

Minus sechs Grad. Es ist klirrend kalt an diesem Dezembermorgen, leider auch in meinem Haus. Das Innen-Thermometer zeigt 13 Grad an, alle Heizkörper sind kalt. Eigentlich müsste die Therme bei dieser Kälte surren, aber sie steht still. Auf dem Display blinkt eine Fehlermeldung, eine rote Drei. Na klasse! Ich habe zumindest ein wenig Glück. Weniger als eineinhalb Stunden später klingelt der Heizungstechniker. Die Luftzufuhr war gestört, das Gebläse hinüber, erfahre ich. Allzu lange sollte ich mit dem Heizungstausch besser nicht mehr warten, warnt mich der Installateur. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit. Aber das weiß ich eigentlich längst.
Vor eineinhalb Jahren haben meine Frau und ich ein Reihenhaus (Baujahr 1975) in Hilden gekauft. Dass die Gasheizung schon 25 Jahre alt ist, nahm ich vor dem Kauf zur Kenntnis, mehr nicht. Im Februar 2022 zogen wir um, einen Tag nach der Ausweitung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. In den folgenden Monaten drosselte Russland seine Gaslieferungen nach Deutschland, der Gaspreis stieg drastisch. Gas ist zu einem Symbol dieses Kriegs und einer politischen Abhängigkeit geworden, die es so nie hätte geben dürfen. Der Blick auf die eigene Heizung hat sich seitdem verändert. Plötzlich gab es beim Heizen so etwas wie ein schlechtes Gewissen.
Die Bundesregierung hat sich beim Klimaschutz große Ziele gesetzt. „Zum 1. Januar 2025 soll jede neu eingebaute Heizung auf der Basis von 65 Prozent erneuerbarer Energien betrieben werden“ – so steht es im Koalitionsvertrag. Im Frühjahr plante die „Ampel“, die Regelung sogar auf 2024 vorzuziehen. De facto wäre das ein Verbot für Gas- und Ölheizungen. Hauseigentümer hätten demnach gar keine andere Wahl mehr, als eine Wärmepumpe einzubauen. Die durchschnittliche Lebensdauer einer Gastherme beträgt 15 bis 20 Jahre, unsere ist 25.
Das drohende Ultimatum, die Gaspreise, meine alte Heizung: Das alles löste in mir Unruhe aus. Was, wenn unsere Heizung, schlimmstenfalls mitten im Winter, plötzlich den Geist aufgab? Dann konnten wir schlecht noch sechs Monate auf die Lieferung der bestellten Wärmepumpe warten. Im Frühjahr 2022 starteten meine Frau und ich deshalb das Projekt „Wärmepumpe“. Nur noch einen Winter mit Gas und dann nie mehr mit fossilen Brennstoffe zu heizen – diese Vorstellung gefiel uns. Aber hier ging es nicht nur um Idealismus, wir wollten bloß dann eine Wärmepumpe anschaffen, wenn es sinnvoll war. Damals wussten wir noch nicht, dass das Pendel in den folgenden Monaten in beide Richtungen ausschlagen würde. Es war der Anfang einer Odyssee.
Im Frühjahr ließen wir die Gastherme warten. Läuft doch noch gut, sagte der Installateur. Wir sprachen ihn auf das Thema Wärmepumpe an. „Wie soll das denn gehen?“, fragte er barsch und setzte zu einer komplizierten Erklärung an. Wir baten ihn um ein Angebot für eine neue Heizung, es musste ja keine Wärmepumpe sein. Weil wir nichts mehr hörten, fragte ich sechs Wochen später telefonisch nach. „Wir haben so viele Anfragen, Sie müssten den Packen hier mal sehen“, sagte mir der Chef persönlich. Ob ich zufällig jemanden kenne, der bei ihm als Installateur oder als Bürokraft anfangen wollte, fragte er. Leider konnte ich nicht helfen. Von der Firma habe ich nie wieder gehört. 0:1 gegen die Wärmepumpe.
In den Sommermonaten trafen wir uns regelmäßig mit den Nachbarn. Uns verbindet: die gleiche Straßenseite, die baugleichen Häuser und der Brennstoff Gas. Wenn wir da so standen, sprachen wir Männer oft über undichte Dächer, neue Fenster und Heizungen. Meine Frau verdrehte dann die Augen. Einmal überlegte ich, ob ich unter den Nachbarn einen Wettbewerb ausrufen sollte, wer in diesem Winter am wenigsten Gas verbraucht. Aber ich ließ es lieber bleiben. Ich stellte fest, dass kein Nachbar etwas von den Plänen der Bundesregierung wusste.
Einige Wochen später kam der Techniker einer zweiten Firma. Er empfahl uns, beim Gas zu bleiben. Wärmepumpe? „Nee, das geht hier nicht“, sagte er. Dafür müsse man alle Leitungen neu verlegen. Außerdem arbeite die Wärmepumpe in älteren Häusern nicht wirtschaftlich. Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich ihn vom Gegenteil überzeugen konnte. Hatte ein älterer Installateur wie er, der jahrelang Gasheizungen verbaut hatte, überhaupt noch Lust, sich auf etwas Neues einzulassen? Das fragte ich mich, aber lieber nicht ihn. 0:2 gegen die Wärmepumpe.
Im August trank ich mit einer Arbeitskollegin einen Kaffee. Sie erzählte mir von ihrem Reihenhaus-Nachbar mit der Wärmepumpe. Seit die laufe, könne sie nicht mehr schlafen. Nicht die Lautstärke war der Grund, sondern der Hochfrequenzschall, der sich durch das auf dem Dach montierte Gerät auf den Rest des Gebäudes übertrug. Es war so schlimm, dass sie erst mal wieder zu ihren Eltern gezogen war. Der Nachbar hatte die Anlage prüfen lassen, aber besser war es nicht geworden. Nun dachte sie über rechtliche Schritte nach. Ich erzähle ihr nicht von unseren Plänen. Irgendwann in dieser Zeit las ich, dass das geplante Verbot von Gasheizungen wohl vorerst gekippt sei. Anfang Oktober stieß ich auf eine Studie der Denkfabrik „Agora Energiewende“. Die kam zu dem Schluss, dass die neue Generation von Wärmepumpen auch für Altbauten sehr gut geeignet sei, und räumte mit dem Vorwurf auf, wonach Wärmepumpen den Stromverbrauch in die Höhe trieben.
Warum sollte das für unser Haus nicht gelten? Ich kontaktierte den dritten Heizungstechniker. „Das geht“, sagte er nach dem Rundgang durch unser Haus. Für uns komme eine Luft-Wärmepumpe in Betracht, die die Außenluft nutze, um Heiz- und Trinkwasser zu erwärmen. 25.000 Euro, 35 Prozent Förderung, sechs bis zehn Monate Bestellzeit. Er verwies auf die Abstandsregel, wonach die Pumpe mit mindestens drei Metern Abstand zum Nachbar aufgestellt werden müsse. Weil dies bei Reihenhäusern wie unserem nicht einzuhalten sei – das Gerät könne ja nicht mitten in der Einfahrt stehen – bräuchten wir deren Zustimmung. Der Mann wollte uns ein Angebot erstellen. Wochen später rief ich ihn an. Er habe viel zu tun, entschuldigte er sich, außerdem sei seine Katze gestorben. „Sie kriegen ihr Angebot bald“, sagte er. „Sie stehen ganz oben auf meiner Liste, Herr Rothenberg.“ Ich hörte nichts mehr von ihm. Trotzdem: 1:2-Anschlusstreffer.
Der Wille war da, dennoch hatten meine Frau und ich unterschiedliche Meinungen, was die Wärmepumpe betraf. Vielleicht wären wir besser nicht die ersten in der Häuserreihe, meinte sie. Ich sah es genau andersherum. Wenn wir erst mal eine hatten, konnten wir uns entspannt zurücklehnen. Warum warten, bis 2023 die Panik ausbrach und wir keinen Installateur mehr finden würden? Meine Frau wollte sichergehen und noch eine Meinung einholen. Eine Woche später klingelte Heizungsinstallateur Nummer vier. Auch er sah keine Hindernisse für eine Wärmepumpe. Wir müssten mit Kosten von 35.000 Euro, abzüglich der Förderung, rechnen und einem zusätzlichen Stromverbrauch von etwa 5000 Kilowattstunden. Angesprochen auf die Abstandsregel sagt er, es sei nicht nötig, mit den Nachbarn zu sprechen. 2:2-Ausgleich.
Und nun? Der Winter kam näher, in der Nacht näherten sich die Temperaturen näherten dem Gefrierpunkt. Immer häufiger hörte ich jetzt, wie die Gastherme ansprang. Ich beschrieb einem Freund mein Dilemma. Er empfahl mir einen Heizungs-Fachmann. Eigentlich hatten wir beschlossen, keine weiteren Installateure zu behelligen. Also gut, nur noch einen. Zwei Wochen später begutachtete Nummer fünf unser Haus. Der Warmwasserspeicher im Keller, die Therme im Dachgeschoss – der Schnitt des Hauses sei speziell, bautechnisch ungünstig, sagte er. Für eine Wärmepumpe müssten sämtliche Leitungen neu gezogen werden. Andernfalls sei der Weg von der Außeneinheit zu weit. Unser Gasverbrauch sei so niedrig, dass sich die hohen Anschaffungskosten einer Wärmepumpe womöglich erst nach mehr als 20 Jahren amortisieren würden. Er riet zu einer Gasheizung. 2:3-Siegtreffer, gegen die Wärmepumpe.
Meine Frau und ich sahen uns an. Nach jubeln war niemandem zumute. Das hatten wir nicht hören wollen, aber das war die Entscheidung. Wir wollten keine Wärmepumpe kaufen, wenn uns drei von fünf Fachleuten davon abrieten. Unsere Erfahrungen machen mich nachdenklich. Millionen Menschen in Deutschland wohnen in Reihenhäusern, die zwischen den 60ern und 80ern gebaut und allenfalls mäßig modernisiert wurden. Wärmepumpen werden als universell geeignet gepriesen. Sind sie am Ende doch nur für bestimmte Häuser optimal geeignet? Und wie viele Menschen kaufen eine Wärmepumpe, obwohl die Voraussetzungen schlecht sind, und merken es zu spät? Das gute Gewissen beim Heizen hilft dann wenig. Ein weiterer Vorteil der Wärmepumpe verblasst: Bei Strompreisen von vielerorts deutlich mehr als 50 Cent pro Kilowattstunde lässt sich wenig Geld sparen.
Ich frage beim zuständigen Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz nach und beschreibe meine Erfahrungen. Wie sollen Eigentümer damit umgehen, wenn Fachleute ihnen von der Wärmepumpe abraten? Die Antwort ist sehr vage und allgemein, auf meinen Fall geht sie nicht ein. Man schreibt mir, dass Wärmepumpen in Altbauten funktionieren, und rät mir zu dem Einbau. Jetzt bin ich wirklich irritiert. Auf erneute Nachfrage erhalte ich keine Antwort. Nach meinen Erfahrungen fehlt mir auch die Fantasie, wer die 500.000 Wärmepumpen pro Jahr einbauen soll, die sich die „Ampel“ zum Ziel gesetzt hat. Die Fachbetriebe können schon jetzt die Nachfrage nicht bedienen. Der Bundesregierung zufolge soll es eine Qualifizierungsoffensive und Schulungen geben, um die Attraktivität des Handwerks zu steigern.
Übermäßig glücklich oder erleichtert sind wir damit nicht, aber wir werden uns im Frühjahr oder Sommer eine neue Gasheizung einbauen lassen. Die Kosten liegen deutlich unter 10.000 Euro, eine Förderung gibt es keine. Diesmal haben wir noch die Wahl, in 20 Jahren vermutlich nicht mehr. Heizen mit Gas oder mit Strom? Das ist zurzeit wie eine Lotterie. Niemand weiß, wie sich die Situation entwickelt. In einem halben Jahr kann es schon wieder ganz anders aussehen.
Ende Januar kommt die Gasrechnung. Mal gucken, ob wir unsere Meinung erneut ändern müssen.