Bewohnerparken: Neue Regelung wackelt

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Parkgebühren-Satzung der Stadt Freiburg für unwirksam erklärt. Da Düsseldorf Ähnliches plant, blickt man hier nun mit Sorge auf das Urteil. Der Starttermin am 1. Oktober ist in Gefahr, sogar das ganze Vorhaben könnte kippen.
Veröffentlicht am 15. Juni 2023
Supermarktparkplatz als Stellplatz
Ein Ziel des Düsseldorfer Parkraummanagements ist es, dass mehr Autos auf privaten Parkplätzen (zum Beispiel wie hier vor Supermärkten) und nicht mehr im öffentlichen Raum stehen. Dieser Ansatz hängt an höheren Gebühren für Bewohnerparkausweise und die sind aktuell in Gefahr. Foto: Andreas Endermann

Das Rathaus war kurz angebunden. Ich hatte sechs Fragen zur juristischen Debatte über Parkgebühren geschickt – und erhielt zwei Sätze als Antwort: „Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Bewohnerparkgebührensatzung der Stadt Freiburg verfolgt die Landeshauptstadt Düsseldorf mit großem Interesse. Auch wenn die schriftliche Urteilsbegründung des Bundesverwaltungsgerichtes noch nicht vorliegt, prüft die Stadtverwaltung, auch im Hinblick der zeitlichen Vorgabe des Rates der Landeshauptstadt Düsseldorf, die möglichen Auswirkungen auf die geplante Parkgebührenordnung.“

Auch wenn nur Freiburg direkt vom Urteil betroffen ist, merkt man der Antwort der Stadtverwaltung an, dass auch für Düsseldorf relevant ist, was da entschieden wurde. Die wichtigen Fragen und Antworten im Überblick:

Warum hat das Bundesverwaltungsgericht die Freiburger Regelung gekippt?

Das Gericht nennt drei juristische Verstöße:

1. Die Stadt Freiburg hat die Regelung als Satzung und nicht als Rechtsverordnung erlassen. Das ist ein formaler juristischer Fehler. Er verhindert aber, dass der Inhalt wirksam werden kann.

2. In Freiburg waren die Gebühren unter anderem abhängig von der Länge des Autos. Dort zahlten Fahrzeughalter bei Längen bis 4,20 Meter 240 Euro, zwischen 4,21 und 4,70 Metern 360 Euro und ab 4,71 Metern 480 Euro. Das bedeutet im Extremfall eine doppelt so hohe Gebühr für jemand, dessen Auto 51 Zentimeter länger ist als das einer anderen Person. Dies sei eine so große Ungleichbehandlung, dass die Regelung gegen Artikel 3 des Grundgesetzes („Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“) verstößt, so die Richter:innen.

3. Zudem wurden im Südwesten Gebühren aus sozialen Gründen ermäßigt oder erlassen. Das betraf Menschen, die bestimmte Sozialleistungen erhalten oder einen Behinderungsgrad von mindestens 50 Prozent haben. Auch das ist laut Gericht nicht zulässig. Der Bundesgesetzgeber habe den Städten ermöglicht, höhere Gebühren zu nehmen, aber nicht, deren Höhe nach sozialen Zwecken zu bestimmen.

Nicht beanstandet hat das Gericht die Höhe der Freiburger Gebühren.

Inwiefern betrifft das Düsseldorf?

Die Stadtspitze und die schwarz-grüne Ratsmehrheit haben Mitte Mai eine Strategie zum Parkraum-Management beschlossen. Der zentrale Gedanke darin: Der öffentliche Raum soll neu verteilt werden. Deshalb sollen Autos weniger im öffentlichen Raum und mehr im privaten Raum abgestellt werden (Tief- und Quartiersgaragen, Parkhäuser oder Parkplätze vor Supermärkten und Unternehmen). Der so freiwerdende öffentliche Raum kann dann zum Beispiel für Radwege, Gastronomieterrassen oder breitere Bürgersteige genutzt werden.

Um Menschen dazu zu bringen, ihr Auto vom öffentlichen in den privaten Raum zu bringen, soll unter anderem der Preis für den Bewohner-Parkausweise deutlich steigen, von heute 25 bis 30 Euro auf 240 bis 360 Euro. Diese Sätze sollen ab dem 1. Oktober gelten.

Zwei der drei Kritikpunkte des Verwaltungsgerichts an der Freiburger Lösung betreffen Düsseldorf nicht. Die formal-juristische Frage gilt als baden-württemberg-spezifisches Problem und sollte in NRW nicht auftreten. Unterschiedliche Gebühren für unterschiedlich lange Autos sind hier nicht geplant. Teil des Konzepts ist allerdings eine soziale Komponente, die dem Ansatz in Freiburg ähnelt. Menschen, die einen Düsselpass haben oder Wohngeld beziehen, sollen 75 Prozent Ermäßigung erhalten.

Die Strategie ist schon politisch beschlossen, die juristische Regelung aber noch nicht. Das hat für Düsseldorf immerhin den Vorteil, dass es die Schlussfolgerungen des Gerichtsurteils gleich berücksichtigen und einbauen kann. Deshalb wartet man im Rathaus nun so dringend auf die Urteilsbegründung, die noch nicht veröffentlicht wurde.

Welche Folgen hat das für die hiesigen Pläne?

Nach dem aktuellen Stand gibt es drei Szenarien: eines mit einem minimalen Problem, eines mit einem vorrangig zeitlichen Problem und eines mit einem Gesamtproblem.

1. Minimales Problem: Dass das Bundesverwaltungsgericht die soziale Regelung ablehnt, hat Jurist:innen in Düsseldorf verwundert. Schließlich ist es an vielen Stellen möglich, Preise für Menschen mit geringerem Einkommen zu senken: im Schwimmbad, im Museum, bei Vereinsbeiträgen und an vielen anderen Stellen. Um sich weniger wundern zu müssen, braucht man so dringend die Urteilsbegründung. Dadurch könnte man verstehen, ob und wie man auch die soziale Komponente ohne größeren Aufwand juristisch richtig „einbauen“ kann.

2. Zeitliches Problem: Schließt die Urteilsbegründung den Weg des geringen Aufwands aus, wird die gesamte Regelung und insbesondere die soziale Frage wieder in den politischen Gremien in Düsseldorf verhandelt – nach den Sommerferien. Dann wird der 1. Oktober als Starttermin für die neuen Bewohnerparkgebühren schwer zu halten sein.

3. Gesamtproblem: Gibt es keine juristische oder politische Möglichkeit, die Gebühren mit einer sozialen Regelung zu verbinden oder diese im Nachhinein wieder auszugleichen, dann könnte das gesamte Vorhaben kippen. Dann wäre nur noch eine kleine Erhöhung für alle möglich, etwa auf 50 oder 70 Euro. Diese würde Menschen mit geringen Einkommen immer noch hart treffen, während sie bei den übrigen Düsseldorfer:innen keine Wirkung hätte. Es geht bei der Regelung aber gerade um die Leute, die über eine Alternative nachdenken, weil sie die 360 Euro zahlen können, aber nicht wollen.

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