Wie Sinan Kurt in Düsseldorf wieder Spaß am Fußball findet

Mit 18 galt er als begehrtestes und umstrittenstes Talent Deutschlands, mit 29 spielt er in der Bezirksliga. Einblicke in ein schwieriges Leben als Profi und ein mögliches Happy End als Amateur.
Von Marc Latsch (Text)
und Andreas Endermann (Foto)
Veröffentlicht am 5. September 2025
ehemaliger Fußballprofi Sinan Kurt spielt bei MSV DüsseldorfFoto: Andreas Endermann
Sinan Kurt trägt nun Shirt und Trikot des MSV Düsseldorf.

Ein einfacher Kunstrasen, rund 80 Zuschauer. Bezirkssportanlage halt. Doch einer der elf Spieler des MSV Düsseldorf hat schon einmal in der Allianz Arena gespielt. Das Trikot mit der Nummer 11 ist noch immer rot, doch das hier ist nicht mehr die erste, sondern die siebte Liga. Sinan Kurt ist 29 Jahre alt, das, was man gerne bestes Fußballeralter nennt. Doch seine Profikarriere ist vorbei. Im Sommer ist er nach Düsseldorf gewechselt, um einfach nur noch Spaß zu haben. Etwas, was ihm im Spitzensport irgendwann abhandengekommen ist.

Kurt war gerade 16, da entwickelte er sich zu einer der größten Verheißungen im deutschen Fußball. Für die Junioren von Borussia Mönchengladbach war der Außenspieler in einer Saison mit 26 Spielen an 32 Toren beteiligt. Durch eine Fernseh-Dokumentation wurde er im ganzen Land bekannt. Als sie ihn in seiner Heimatstadt zum Profi machen wollten, wechselte Kurt stattdessen in letzter Sekunde aus Mönchengladbach zu den großen Bayern. Sein alter Verein beschwerte sich öffentlich über den abtrünnigen Junior, enttäuschte Fans schickten ihm Morddrohungen. „Die Zeit war schon krass“ und „ich würde es immer wieder machen“, sagte Kurt 2023 in einem seiner seltenen Interviews mit dem Youtuber Bilal Kamarieh.

Nach sieben Minuten auf der Bezirkssportanlage in Hassels tritt Kurt einen Freistoß mit viel Effet ins Toraus. Nach 16 Minuten nimmt er im Strafraum elegant den Ball an, schießt aber knapp vorbei. Nach 39 Minuten blitzt in Hassels kurz die Bundesliga auf. Per Hackentrick legt Kurt seinem Sturmkollegen auf. Zum Abschluss kommt der allerdings nicht.

ehemaliger Fußballprofi Sinan Kurt spielt bei MSV DüsseldorfFoto: Andreas Endermann

Dass Sinan Kurt sich heute nicht mehr gerne mit Medien beschäftigt, beginnt in der erwähnten Zeit. Der Hass, als sein Wechsel zu den Bayern ausgeschlachtet wird. Die Häme, als er sich gegen die Topstars in München nicht durchsetzen kann und ein Helikopterflug mit Freunden von Cannes nach Saint Tropez öffentlich wird. Die jährlichen Texte, wenn Kurts Karriere wieder eine Etage tiefer weitergeht.

Als er in München ankommt, loben Stars wie Franck Ribery Kurts Potenzial. Das große Talent reicht dennoch nur zu 50 Minuten Bundesliga für Bayern und seinen zweiten Profiklub Hertha BSC Berlin. Danach geht es sportlich immer weiter bergab. „Ich google mich gar nicht mehr“, sagt Kurt in Hassels. Das habe er schon damals mit 18 gelernt. „Die wollen einfach mit meinem Namen irgendetwas erreichen.“

Dass Kurt heute in Düsseldorf spielt, hat viel mit seinen Mannschaftskollegen zu tun. Spieler, mit denen er gemeinsam aufgewachsen ist oder die ihm später in seiner Karriere begegnet sind. Die längere Verbindung ist schon im dritten gemeinsamen Pflichtspiel zu spüren. „Sinan, hochspringen“ ruft einer, als Kurt nur halbherzig in den Zweikampf geht. „Sinan, Bruder“ ein anderer zur Beschwerde, als Kurt den Pass auf die gegenüberliegende Seite schlägt und es nicht zum Tor reicht. Es hat aber auch mit einem Mann zu tun, der das Geschehen von der Mittellinie aus scheinbar ruhig verfolgt: Moussa Ouayd, Sportlicher Leiter des Marokkanischen Sport-Vereins (MSV) Düsseldorfs.

Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.

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