fbpx
Schlüsselbrett im Fundbüro Düsseldorf
Für die einen ein riesiges Schlüsselbrett im Fundbüro, für die meisten Schlüssel die letzte Station vorm Schrotthändler. Foto: Markus Luigs

Schlüssel alt

Das vermutlich größte Schlüsselbrett Düsseldorfs hängt im Fundbüro der Stadt. Warum aber holt fast niemand seinen verlorenen Schlüssel ab?

Veröffentlicht am 1. Juni 2023

Mein Schlüsselanhänger ist ein langes, graues Band mit schmalen, schwarzen Rändern und einem schwarzen Fleck. An dem Band ist ein Schlüsselring befestigt, daran hängen mein Hausschlüssel, mein Wohnungsschlüssel, mein Fahrradschlüssel, mein Garagenschlüssel und mein Briefkastenschlüssel. Ich trage das Band seit mehr als zwei Jahrzehnten mit mir herum. Damals war es sicher grauer.

Daran muss ich denken, als ich vor dem Schlüsselbrett stehe, das genau genommen eine Schlüsselwand ist, ein riesiger Kasten aus hellem Holz, breiter als hoch, im Fundbüro der Stadt Düsseldorf an der Erkrather Straße. In der Mitte teilt ein Brett den Kasten senkrecht in zwei Hälften, auf jeder Seite stecken zehn dünne Metallstangen zwischen Mittelbrett und Kastenrahmen. Mit Kabelbindern hat man Schlüssel und Schlüsselbunde an den Stangen befestigt. Die Stangen hängen leicht durch. Grob überschlagen sind es an diesem ersten Montag im Mai 250 Schlüssel oder Schlüsselbunde. Haustürschlüssel, Tresorschlüssel, Fahrradschlüssel, Zimmerschlüssel, Büroschlüssel, Schlüssel, die einen gleich an die Drei Fragezeichen und Geheimtüren denken lassen, Wasweißichfürschlüssel. Und: Autoschlüssel. Von Ford, Opel, BMW, Fiat, Skoda, VW, Mini, Honda, Mercedes. Der Chef des Fundbüros zeigt mir einen riesigen Schlüsselring, an dem Dutzende Schlüsselbunde hängen. Das Ungetüm kann Werner Schwarz, 65, T-Shirt, sehr sehr hohe Stirn, nicht ans Schlüsselbrett hängen, weil es sonst die Stange herunterreißt. Ein Hausmeister oder der Mitarbeiter eines Sicherheitsdiensts muss ihn verloren haben.

Die Leute verlieren eine Menge Schlüssel. Die Wand legt Zeugnis ab von der Schusseligkeit des Menschen. Werner Schwarz zeigt mir einen gut gefüllten Ordner mit den Verlustmeldungen, die per Mail reinkommen. „Das ist jetzt nur vom Monat April.“

Die Kabelbinder haben verschiedene Farben, die roten hängen zusammen und die gelben und die schwarzen, jede Farbe steht für einen Monat, der Mai ist Türkis. Die meisten Schlüssel sind im Februar abgegeben worden, mit Abstand. Im Februar war Karneval. An den Kabelbindern hängen Schildchen. Darauf wurde der Tag gestempelt, an dem die Schlüssel ins Fundbüro kamen.

Wenn du die Hoffnung hast, dass dein Schlüssel hier gelandet ist, sieh am besten Mal die Reihen durch. Im Idealfall bringst du den Ersatzschlüssel mit, dann kannst du gleich beweisen, dass der Schlüssel dir gehört. Wenn’s um einen Autoschlüssel geht, bring am besten dein Auto mit, dann kannst du vorführen, dass es dein Schlüssel ist. Hast du keinen Ersatzschlüssel, kannst du bei Herrn Schwarz ein Pfand hinterlassen und den Schlüssel zu Hause ausprobieren. Im Erfolgsfall behältst du den Schlüssel.

Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.

Unser Journalismus ist werbefrei und unabhängig, deshalb können wir ihn nicht kostenlos anbieten. Sichern Sie sich unbegrenzten Zugang mit unserem Start-Abo: die ersten sechs Monate für insgesamt 1 Euro. Danach kostet das Abo 8 Euro monatlich. Es ist jederzeit kündbar. Alternativ können Sie unsere Artikel auch einzeln kaufen.

Start-Abo: 6 Monate für 1 Euro

Artikel einzeln kaufen

Schon Mitglied, Freundin/Freund oder Förderin/Förderer?

Hier einloggen


Lust auf weitere Geschichten?