fbpx

Kom(m)ödchen: Einst Lore, heute Luzie

Das Kabarett in der Altstadt hat eine neue Chefin. Theaterleiter Kay Lorentz übergibt das Haus seiner Tochter. Sie richtet gerade ihr Büro ein und sichtet alte Unterlagen. Dabei fand sie Briefe von Willy Brandt und Günter Grass, Unterschriften mit Widmungen von Erich Kästner und Mutter Ey.
Von Hans Onkelbach (Text)
und Andreas Endermann (Foto)
Veröffentlicht am 31. Juli 2024
Luzie Lorentz
Luzie Lorentz ist die neue Chefin im Kom(m)ödchen. Sie tritt in die Fußstapfen ihrer Großmutter Lore Lorentz. Deren Foto hängt prominent im Theater.

Ein ziemlich leerer Schreibtisch, viel Platz im Bücherregal, nichts wirklich Persönliches ist zu sehen. So sieht ein Büro aus, in dem gerade ein Übergang stattfindet. Und zwar der von Kay Lorentz zu seiner Tochter Luzie. Er hatte die Bühne Mitte der 1990er Jahre übernommen und aus der Krise geführt. Jetzt, 30 Jahre später, ist sein Arbeitsplatz nun ihrer in diesem Raum unter dem Dach hoch oben über der Bolkerstraße in der Düsseldorfer Altstadt, wo die Verwaltung des Theaters sitzt.

Sichtlich beeindruckt erzählt sie, was sie beim Sichten alter Unterlagen gefunden hat: einen Brief vom damaligen Kanzler Willy Brandt, eine Einladung zum 50. Geburtstag des Schriftstellers Günter Grass („Die Blechtrommel“). Erich Kästner schrieb kurz nach dem Start „Immer Kommode“ neben seine Unterschrift ins Gästebuch des Theaters, auf einer anderen Seite hat sich Mutter Ey verewigt.

Es geht um den Job an der Spitze des Kom(m)ödchens. Das klingt simpel – aber der Satz hat es in sich, wie unter anderem diese Namensliste beweist. Immerhin gilt die Bühne mehr denn je als Deutschlands Top-Adresse für politisches Kabarett. Sie ist und war Kaderschmiede, pushte Harald Schmidt und Thomas Freitag, Christian Ehring hat dort seine Wurzeln.

Die Ursprünge sind legendär: Nach dem Krieg, im zertrümmerten Düsseldorf, gründete ein Ehepaar namens Lore und Kay Lorentz zwischen Ruinen im Hinterzimmer einer Kneipe an der Hunsrückenstraße ein Theater. Wer zuhören und zuschauen wollte, musste sich einen Stuhl mitbringen. In den frühen 1960er Jahre war man im Rathaus klug genug, die inzwischen berühmte Truppe mit dem Angebot an die Stadt zu binden, in der gerade neu gebauten Kunsthalle am Grabbeplatz dauerhaft unterkommen zu können. Wo man heute noch spielt, aber bald vorübergehend wegmuss. Davon später.

Lore Lorentz war über Jahrzehnte das Gesicht des Kom(m)ödchens. Ihre Auftritte, ihr Gesang mit leicht kratziger Stimme (sie rauchte Kette), ihr ätzender Befund über den Zustand der damals noch Bonner Republik waren stets ein großer Auftritt und großer Aufreger auf der kleinen Bühne. Linke in der Politik verehrten sie (jedenfalls viele und die auch nicht immer). Für die auf der politisch anderen Seite, vor allem von CDU und FDP, muss sie alptraummäßig gewesen sein. Sie sang, spielte, textete – und passte in viele Schubladen, die oft schwarz gekleidete, schillernde Künstlerin.

Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.

Unser Journalismus ist werbefrei und unabhängig, deshalb können wir ihn nicht kostenlos anbieten. Sichern Sie sich unbegrenzten Zugang mit unserem Start-Abo: die ersten sechs Monate für insgesamt 1 Euro. Danach kostet das Abo 8 Euro monatlich. Es ist jederzeit kündbar. Alternativ können Sie unsere Artikel auch einzeln kaufen.

Start-Abo: 6 Monate für 1 Euro

Artikel einzeln kaufen

Schon Mitglied, Freundin/Freund oder Förderin/Förderer?

Hier einloggen


Lust auf weitere Geschichten?