Gastro-Test: Die spektakulär unspektakuläre Trattoria

Wenn man vor der Trattoria Luisa wartet, gibt es zwei Perspektiven. Entweder konzentriert man sich auf den Betonhaufen, der mal das China-Center war und gerade abgerissen wird. Und auf die Leerstands-Allee namens Friedrichstraße, auf die Spielhalle und die Beratungsstelle der Kriminalpolizei gegen Einbrecher. Oder man sieht die schöne Einfahrt, die zu einem Ort führt, an dem das Handwerk der Buchbinderei gepflegt wird – und direkt daneben die Trattoria Luisa.
So wie diese zwei Sichtweisen auf das Umfeld des Restaurants möglich sind, so gibt es im Viertel auch zwei Formen, das mittägliche Essen anzugehen. Man findet mehrere Lokale, in denen das Essen schon fertig ist und dauer-warm gehalten wird. Dort läuft man zügig mit einem vollen Teller zu seinem Tisch und schafft die Mahlzeit selbst dann in unter 30 Minuten, wenn man in Zeitlupe isst. Wenn man sich aber nur ein paar Minuten zusätzlich nimmt, kann man sich auch mittags etwas gönnen und zahlt nur wenige Euro mehr.
Ein geschätzter Mitmensch und VierNull-Leser hat mir für solch einen Moment die Trattoria Luisa empfohlen. Und schon nach wenigen Metern verstehe ich, warum er das Restaurant so mag. Dafür muss ich kurz zum Begriff Trattoria abschweifen. In Italien nennen sich in der Regel Lokale so, die familiengeführt sind, eine Schnickschnack-Allergie haben und im allerbesten Sinne bodenständig kochen.
Auf dem Weg nach Düsseldorf ist dieser Auslegung des Begriffs irgendetwas widerfahren. Offenbar klingt Trattoria in den Ohren von Rheinländern nach etwas sehr Edlem. Deshalb findet man hier häufiger Restaurants mit dieser Bezeichnung, in denen man am Ende eher die Innenarchitektur bezahlt als das, was auf dem Mobilar serviert wird. Das ist in etwas so unnötig, wie die eigene Lieblingskneipe als Bistro zu bezeichnen.
Das Luisa verzichtet angenehmerweise auf Gedöns und nutzt seine überschaubare Quadratmeter-Zahl geschickt. Die Weine (zu denen ich später nochmal komme) sind dezent in Wandregalen gelagert. Obwohl Pizza eine Rolle auf der Karte spielt, gibt es keinen omnipräsenten Ofen. Und selbst die Espressomaschine ist von erstaunlich zurückhaltender Größe. Dunkles Holz, azurblau-weiß karierte Tischdecken – das reicht völlig.
Unser Ziel dieses Mittags ist spektakulär unspektakulär. Die Gerichte, die man an diesem Tag zusätzlich anbietet, stehen in schnörkellosen Druckbuchstaben auf einer Kreidetafel am Eingang. Und in der normalen Karte des Hauses liest man keine Experimente, sondern vor allem süditalienische Klassiker.
Bei den Vorspeisen (7,90 bis 15,90 Euro) fällt angenehm auf, dass es den Antipasti-Teller auch in einer veganen Variante gibt. Auch auf den weiteren Seiten des Menüs finden Freunde des fleischlosen Essens einiges, das nicht bloß Caprese ist. Die Pasta (10,90 bis 16,90 Euro), die den Mittelpunkt der Karte bildet, wird in vielen Fällen mit Gemüse, Käse, Öl, Knoblauch und gerne etwas Schärfe serviert. Für zwei Euro Aufschlag gibt es alle Nudelsorten auch in glutenfreier Ausführung. Das ist eine Kleinigkeit, zugleich aber ein weiterer Beweis, dass man im Luisa möglichst an alle Gäste denken möchte.
Randnotiz: Im VierNull-internen Kochduell mit meinem Kollegen Hans Onkelbach (hier nachzulesen) habe ich dafür plädiert, Carbonara mit Sahne zu kochen. Ich verlor bei unseren Testessern und war auch in den Mails unserer Leser:innen eindeutig zweiter Sieger. Späte Genugtuung ist es deshalb nun, zu lesen, dass die Trattoria an der Luisenstraße Spaghetti Carbonara ebenso serviert wie ich – auch wenn dies vermutlich eher ein Zugeständnis an deutsche Gäste als gepflegte Tradition ist.
Das Luisa wirbt damit, dass der Chef dort selbst kocht. Und das kann er. Einer meiner Maßstäbe dafür ist der Umgang mit Salbei. Man kann ihn leicht verbrennen, man kann ihn aus falscher Vorsicht auch so gut wie roh lassen. Hier aber hat er die perfekte Konsistenz und macht mit der Butter genau das, wofür die Natur ihn erfunden hat. Auf dieser Butter lagen bei mir kleine Pastasäcke (Fiocchi), die mit Birne und Käse gefüllt waren. Spoiler: Auch dank des mitservierten Brotes ist mein Essen am Ende des Mittags spurlos verschwunden.
Mein Begleiter probierte die Pizza mit einer Belagsmischung, die mir signalisierte, dass er an diesem Tag keine Termine mehr mit anderen Menschen hat. Als Fan dieser Mischung war er mit der Ausführung zufrieden. Der Boden war schön dünn, der Belag verdreifachte die Höhe. Lediglich in der Mitte hätte der Teig noch einen Hauch mehr Ofen-Zeit gebrauchen können.
Die Trattoria Luisa hat mittags zwei Stunden und nach wahrer Siesta-Distanz ab 18 Uhr wieder geöffnet. Die Karte ist dieselbe, die Neigung, etwas weniger spektakulär unspektakulär zu essen, aber bei mehr Gästen vorhanden. Dafür empfehlen sich dann die letzten Seiten der Speisekarte, auf denen acht Gerichte mit Steak, Kalbschnitzel oder Fisch stehen.
Damit komme ich nochmal zur Weinkarte. Die ist in bester Konsequenz italienisch geprägt. Das maximale Zugeständnis an aktuelle Moden sind zwei Lugana. Bei denen kann es aber gut sein, dass sie schon da waren, bevor auffällig viele Düsseldorfer begannen, mit der Bestellung desselben Weltgewandtheit vorzutäuschen. Die beiden sind hier Teil einer Auswahl mit Schwerpunkten in den Abruzzen, Apulien und auf Sizilien (23,50 bis 75 Euro).
Wir haben bei unserem Testbesuch noch länger zusammengesessen und geredet, unbemerkt überschritten wir die Grenze der Öffnungszeiten. Der einzige Umstand, an dem wir das merkten: Die Familie, die das Luisa führt, setzte sich neben uns an den Tisch und aß gemeinsam Pasta, die der Chef gekocht hatte. Spätestens dann hatten wir die Lektion verstanden, welche Sichtweise an der Luisenstraße die richtige ist.
Adresse und Öffnungszeiten
Luisenstraße 7 (Friedrichstadt), Telefon 0211 3858134, Internetseite: www.luisa-trattoria.de; Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 12 bis 14 und 18 bis 22.20 Uhr, Samstag 18 bis 22.30 Uhr