Düsseldorf und Japan: Mehr Schein als Sein

Kennen Sie das? Sie haben zu einer Sache eine Meinung, basierend auf einem Gefühl und flüchtigen Eindrücken. Tiefer hinterfragen? Dazu gibt es keinen Anlass – alles scheint klar, einleuchtend und somit okay. Bequem und gewohnt wie ein alter, eingelaufener Pantoffel. Bis sich plötzlich eine neue Perspektive auftut.
So erging es mir mit unserer Beziehung zu Japan im Allgemeinen und dem Japan-Tag im Besonderen. Mein Bild war, natürlich, ein durch und durch positives. Nicht, dass ich diese Events begeistert besucht hätte. Solche Menschenmassen waren mir schon immer suspekt. Meine Aufenthalte dort waren daher selten und wenn, dann beruflich bedingt. Aber ich hörte stets nur Positives. Womöglich hielt man sich auch aus Rücksicht auf die Japaner hier zurück. Auch zu denen hatte ich ein gutes Verhältnis. Dachte ich. In Wahrheit habe ich gar keins.
Bleiben wir beim Japan-Tag: Dass ich anfange, diese riesige Party ein bisschen anders zu sehen, hängt erstens mit einer Mail zusammen, in der sich ein deutscher Besucher über die Enge beklagte – also über den Andrang, zu dem er selbst seinen Teil beitrug. Dass ein Event dieser Größe in Teilen problematisch sein muss, ist mir nie bewusst gewesen. Stets war ich von perfekter Planung ausgegangen. In meiner Vorstellung kam Gedränge nicht vor. Noch beeindruckender fand ich die Kommentare mehrerer Autoren, die sich offenbar gründlich mit Japan auseinandersetzen und das im Online-Magazin „Sumikai“ (Japan erleben) darlegen.
Diese Meinung hat mich nachdenklich gemacht. Kurz zusammengefasst könnte man sie so wiedergeben: Die Kommentatoren werfen uns vor, Japan auf Sushi, Ramen-Suppe, Samurai, Sake und Cosplayer zu reduzieren. Wer mit letzterem Begriff wenig anfangen kann: Das sind Fans, die Figuren aus japanischen Mangas und Anime-Filmen oder ihrer Fantasie nachahmen, vor allem mit akribisch gestalteten Kostümen.
Das wahre Japan, so die Kritik, komme bei diesem Fest überhaupt nicht vor und der vermittelte Eindruck gehe somit daneben. Das Ganze sei nichts als ein gigantisches Volksfest ohne echten Bezug zum Land der aufgehenden Sonne. Und wissen Sie was? Ich glaube, die Kritiker haben Recht.
Machen wir uns doch mal ehrlich. Womit assoziieren wir die Menschen, von denen mehrere tausend hier leben? Ein großer Teil von uns mag deren Küche (oder zumindest das, was wir dafür halten), viele haben die alte oder neue Serie „Shogun“ gesehen, kennen die japanische Schule in Niederkassel und das Areal rund um die Immermannstraße, das wir (die Japaner garantiert nicht) Little Tokyo nennen. Das war’s.
Daraus den Schluss zu ziehen, man habe Ahnung von Japan, ist naiv. Das wäre so, als würde man Düsseldorf anhand der Kö, der Altstadt und Flingern Süd beurteilen. Deshalb erörtere ich im Folgenden einige der Thesen aus dem Beitrag des Magazins „Sumikai“:
Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.
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