Der gute Kompromiss: Neuer Favorit für Jonges-Chefposten

Es war ein seltsamer Dienstag. Vier Wochen vor der Wahl des neuen Vorsitzenden war ich zu Gast im größten Düsseldorfer Heimatverein, bei den Düsseldorfer Jonges. Die Gespräche dort kamen über kurz oder lang immer auf die Abstimmung am 29. April. Wenn ich dann aber fragte, wer Favorit für den Posten des Baas ist, hörte ich eher ein Geräusch als eine Antwort. Das Geräusch war eine Mischung aus Brummen und dem Satzanfang „Joah …“. Meist endete dies mit der Vermutung, es werde ein knappes Rennen. Aber zufrieden mit der Auswahl oder wenigstens einem der Bewerber wirkten die wenigsten.
Für mich erschien dies seltsam, weil der Posten ein bedeutender in der Stadt ist, seit langem feststeht, dass der bisherige Vorsitzende Wolfgang Rolshoven nach 13 Jahren aufhört, und man unter mehr als 3000 Mitgliedern passende Kandidaten finden sollte. Je mehr Gespräche ich danach führte, desto weniger konnte ich mir vorstellen, dass das Rennen so bleibt. Bestätigt wurde ich schließlich, als ich erfuhr, dass nun noch ein dritter antritt: Reinhold Hahlhege, aktuell Vizebaas, also einer der beiden Stellvertreter des Jonges-Chefs.
Diese Entwicklung wirkt auf den ersten Blick überraschend, ist aber letztlich konsequent, wenn man die Hintergründe beleuchtet. Dazu muss man sich zunächst noch einmal vor Augen führen, was mit dem Posten verbunden ist.
Welche Qualitäten sollte der Vorsitzende der Jonges haben?
Die Aufgaben eines Baas sind auf einigen Seiten in der Satzung des Vereins geregelt. Entscheidender ist allerdings die Praxis, und die kann man am Beispiel von Wolfgang Rolshoven gut erklären. Wenn er sich nun verabschiedet, haben die Jonges einen sehr guten Kontostand, eine hohe Mitgliederzahl und trotz des großen Mankos, ein reiner Männerverein zu sein, noch eine gesellschaftliche Relevanz.
Der scheidende Baas hat dies vor allem mit Kondition und Unbekümmertheit geschafft. Er ist wahrscheinlich der Düsseldorfer, der die meisten Veranstaltungen pro Woche und Jahr besucht. Und er nutzt jede dieser Gelegenheiten, um neue Mitglieder zu werben. Als Jonges-Vorsitzender tritt man als erstes gegen die Natur an. Es sind weniger die Aus- als die Abtritte, die die Zahl der Mitglieder von jeher verringert. Etwas übertrieben formuliert: Wer den Wert um 100 steigern möchte, muss 200 neue Leute gewinnen.
Eben das ist Wolfgang Rolshoven gelungen. Der Griff in die Jacketttasche ist seine typische Handbewegung – denn dort trägt er immer genügend Aufnahmeanträge bei sich. Der jetzige Baas fragt eher nach der IBAN als der Handynummer. So wurden es im Laufe seiner Amtszeit mehr und mehr Mitglieder, und das Durchschnittsalter sank.
Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.
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