Café Bagel und Co: Der Architekt der Düsseldorfer Szene

1976 eröffnete Heiner Albaum inspiriert von einem New-York-Besuch ein Café in der Altstadt. Im Interview erzählt er vom Backgammon-Boom in seinem Lokal, einer Altstadt-Begegnung mit Led Zeppelin sowie dem Bau von Malesh, Checker‘s, Traders Vic‘s und Monkey‘s Island.
Von Sebastian Brück (Text)
und Andreas Endermann (Foto)
Veröffentlicht am 15. Mai 2025
Heiner Ahlbaum, Malesh, Checker’s, Bagels
Heiner Albaum 2025: Lässiges Urgestein der Düsseldorfer Club- und Gastroszene.

Er war DJ, Innenarchitekt, Café-Besitzer und Gastgeber der Szene: Heiner Albaum hat Orte geschaffen, an die sich viele erinnern – und sich dabei dezent im Hintergrund gehalten. Kürzlich habe ich die Gründungsgeschichte seiner Kö-Center-Clubs Malesh (1978-1982) und Checker‘s (ab 1983) aufgeschrieben (hier nachlesen). Nun folgt ein Interview, in dem der 79-Jährige seine komplette Gastro-Geschichte erzählt.     

Viele Düsseldorfer erinnern sich an Ihre Clubs Malesh und Checker‘s. Da geht schnell unter, dass Sie 1976 auch eines der bekanntesten Szene-Lokale der Altstadt eröffneten – das Café Bagel. Wie kam es dazu?
Heiner Albaum: Ich habe vorher gemeinsam mit Hans Koenen an der Bastionstraße 29 in der Carlstadt – heute Brillen Striewe – das Geschäft „Home“ für Möbel und Antiquitäten betrieben und bin parallel dazu ins Interior Design reingerutscht. Dabei habe ich Ladengeschäfte internationaler Modemarken und Privathäuser wohlhabender Kunden gestaltet – hier in der Region, aber zum Beispiel auch am Starnberger See und anderswo. Meine Freundin Siggi arbeitete damals erfolgreich als Fotomodell, war mehrmals auf dem Cover des Stern zu sehen und verdiente ordentlich Geld. Und ich fand, dass es auch für mich an der Zeit war, etwas Eigenes zu machen. Warum nicht ein eigenes Lokal einrichten? Die Inspiration kam, als ich um 1975 rum einen Düsseldorfer Freund besuchte, der nach New York gezogen war. Der wohnte mit seiner Frau in Lower Manhattan, an der vierten Straße West. Unten im Haus war ein Lokal, und das hieß Bagel. Dort war ich dann jeden Tag frühstücken und dachte: Warum gibt es so einen Laden eigentlich nicht bei uns? Und dann entschied ich, das selbst zu übernehmen. Also machte ich ein Foto von der Beschriftung. Und in genau dieser Originalschrift habe ich später in Düsseldorf den Namen „Bagel“ im Fenster anbringen lassen. Als Hommage an mein New Yorker Vorbild …

Sie zogen mit Ihrem Café an die dem Rhein zugewandte Verlängerung der Ratinger Straße – ins Erdgeschoss der Altestadt 12-14, der Raum mit der womöglich schönsten Stuckdecke der Stadt. Wie ergab sich der Standort?
Albaum: Ganz einfach – das Lokal stand leer und ich hörte davon und griff zu. In den sechziger Jahren residierte in dem Haus mal ein Bestattungsinstitut. Und danach haben sich diverse Mieter versucht, unter anderem Mora, die ich ja schon aus meiner Zeit als Gast und DJ in ihrem Moras Lovers‘s Club im Kö-Center kannte. Mora und ihr Lebensgefährte Sascha betrieben dort zwischenzeitlich eine Hippie-Mode-Boutique namens Tomato. Ein Hauptproblem für die Gastronutzung war, dass es keinen Schallschutz gab, wegen der denkmalgeschützten Stuckdecke. Wir bekamen keine Nachtkonzession und konnten Bier nur in Flaschen ausschenken, nicht gezapft. Das war aber kein Hindernis: Wir konzentrierten uns voll auf den Tagesbetrieb, öffneten von acht Uhr morgens bis acht Uhr abends. Mehr kann man ohnehin nicht arbeiten. Man musste ja vorher auch noch einkaufen und hinterher die Abrechnung machen und so weiter. Die Einrichtung habe ich komplett selbst konzipiert. In Paris kaufte ich auf dem Flohmarkt vier große Bilder, auf denen je eine Jahreszeit dargestellt war. Die hingen dann im Bagel an der Wand. Auch die Polster der Sitze habe ich selbst gebaut, mit einem Kredit der Deutschen Bank am Carlsplatz. Es lief gut an. Wir haben kiloweise Kaffee verkloppt damals.

Auch die Mitglieder von Kraftwerk waren oft bei Ihnen im Café Bagel und erwähnen Jahrzehnte später die Anfangsphase des Lokals in ihren Autobiografien: Karl Bartos beschreibt es als „lässigen Treffpunkt“ für die „Schönen der Stadt, für die Models, Modedesigner, Fotografen und Werber, die Friseure, die Exoten und diejenigen, die einfach nur reich waren.“ Wolfgang Flür bezeichnet es als „schicken In-Treff“ und „neuen Anlaufpunkt für Gucker und Selbstdarsteller“ und schwärmt von den Mädels im Service – der „schönen Christa, zusammen mit ihrer älteren Schwester“ und der „immer und laut lachenden Bea“.
Albaum: Christa war die jüngere Schwester meiner damaligen Freundin Siggi. Siggi war natürlich oft als Gast da. Christa hatte einen entscheidenden Anteil am Erfolg des Lokals. Unglaublich hübsch, Wahnsinnsausstrahlung. Es gab Gäste, die kamen nur ihretwegen. Da war zum Beispiel ein Typ aus Frankfurt, Inhaber einer Werbeagentur: Der saß oft in der Ecke und hat ihr Gedichte geschrieben. Nicht zu vergessen: Bea Fiedler. Die war, als sie im Bagel anfing, 19 Jahre alt und gerade mit ihrem Freund Andreas, einem Fotografen, aus Duisburg nach Düsseldorf gezogen. 1977 hörte sie auf bei uns und war kurz darauf Playmate des Monats im Playboy. Ein paar Jahre später wurde sie durch die Eis-am-Stiel-Filme berühmt. Außerdem arbeitete noch Didi hinter der Theke. Der war bekannt in der Szene, kannte alle möglichen Leute in der Altstadt. Insofern war das Personal der Garant für den Erfolg des Ladens. Ich selbst habe mich meistens in der zweiten Reihe gehalten und sogar mal ein halbes Jahr in der Küche ausgeholfen, als uns der Koch weggelaufen war.

Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.

Unser Journalismus ist werbefrei und unabhängig, deshalb können wir ihn nicht kostenlos anbieten. Sichern Sie sich unbegrenzten Zugang mit unserem Start-Abo: die ersten sechs Monate für insgesamt 1 Euro. Danach kostet das Abo 10 Euro monatlich. Es ist jederzeit kündbar. Alternativ können Sie unsere Artikel auch einzeln kaufen.

Start-Abo: 6 Monate für 1 Euro

Artikel einzeln kaufen (2 EUR)

Schon Mitglied, Freundin/Freund oder Förderin/Förderer?

Hier einloggen


Lust auf weitere Geschichten?