
Besondere Bilder von Düsseldorf: So kann man die Stadt auch sehen
Das Büro am Anfang der Kirchfeldstraße wird immer wieder mit einer Galerie verwechselt. Eigentlich sitzen dort Henk Wyniger und sein Kollege an ihren Computern und zeichnen Illustrationen für ihre Kunden. Doch immer mal wieder geht die Tür auf, Menschen kommen herein, beachten die beiden gar nicht, sondern gehen an den Wänden und Regalen entlang. Dann fragen sie, was die Bilder dort kosten.
Der Grund für diese unerwarteten und netten Besuche sind Illustrationen, die Henk Wyniger seit gut drei Jahren zeichnet. Sie tragen den Titel „Zu Hause ist es auch schön“ und zeigen ungewöhnliche Motive aus und Blicke auf Düsseldorf. Der Illustrator schafft keine Bilder, die garantiert kommerziell erfolgreich sind, sondern zeigt Orte, die man entdecken muss. So gibt es Illustrationen von der Wolfsaap, einer Graffitwand unter der Kniebrücke, dem Joseph-Beuys-Ufer bei Regen oder der „Schönen Aussicht“ im Düsseldorfer Süden. Wenn mal vertraute Orte wie der Fernsehturm im Mittelpunkt stehen, dann von schräg oben und eingebettet in die Welt des Films „2001: Odyssee im Weltraum“.


Hauptberuflich kreiert Henk Wyniger Bilder mit Millionenauflage, ohne dass jemand weiß, dass sie von ihm sind. Er zeichnet Illustrationen für Überraschungseier, Tiere für Haribo und den Pom-Bär. Angefangen hatte das Ganze mit Comics. Als es in der Szene in den Neunzigern eine Neue Deutsche Welle gab und hiesige Zeichner gesucht wurden, entdeckte der Carlsen-Verlag Henks Bilder und engagierte ihn. So entstanden drei Alben – und eine Erkenntnis: Vom Comic-Zeichnen kann man kaum leben. In einem Album steckt ein halbes Jahr Arbeit, aber das Honorar reicht bei weitem nicht für sechs Monate. Deshalb wechselte der Fan von „Tim & Struppi“ und der klaren Linie in die Werbung.
Zurück zum früheren Stil und Schaffen brachte ihn vor drei Jahren, im ersten Lockdown, ein Überseekoffer. Der steht bei ihm zu Hause an der Garderobe und trägt schöne alte Reise- und Hotelaufkleber. „Wie sieht ein solcher Koffer aus, wenn man so wie jetzt nicht reisen kann?“, fragte sich Henk damals und sorgte anschließend für die Antwort. In der Corona-Zeit entdeckte er mit der Familie das Wandern und dabei Ecken von Düsseldorf, die er noch nicht kannte, obwohl er schon lange hier lebt. Das Rotthäuser Bachtal wurde so zum ersten Motiv im Vintage-Stil.


Mittlerweile gibt es rund 30 Bilder und es kommen regelmäßig neue hinzu, denn Familie Wyniger wandert immer noch. Stößt Henk dabei auf etwas, das eine Illustration werden könnte, kriegt sein Smartphone ordentlich was zu tun. Er fotografiert aus verschiedenen Winkeln und Abständen, um später die perfekte Perspektive zu haben.
Kaufen kann man die Bilder für 120 Euro auf Henks Internetseite und in dem Büro, das keine Galerie ist. Dort kommt es immer wieder zu besonderen Gesprächen: Eine ältere Dame aus dem Viertel sagt, als gebürtige Düsseldorferin freue sie sich sehr über diesen Blick auf ihre Stadt. Sie hat Tipps für weitere Orte und erzählt die Geschichten, die damit verbunden sind. Die DEG meldet sich, nachdem Henk ein Fortuna-Motiv gezeichnet hat, und wünscht sich eine Eishockey-Illustration, der Deutschland-Chef der US-Liga im American Football (NFL) lobt die Arbeit. „Ich habe viele Leute kennengelernt, die ich sonst vermutlich nie getroffen hätte“, sagt Henk.
Dazu zählen Menschen, die ihn auf neue Wege bringen: Stadtführer:innen aus Düsseldorf. Bei der Tour „The Sound of Düsseldorf“ hat er von Michael Wenzel und Sven-Andre Dreyer viele Protagonist:innen der Düsseldorfer Pop- und Rockgeschichte kennengelernt, die er im Tim-und-Struppi-Stil gezeichnet hat. Von Dagmar Dahmen erfuhr er mehr über die Filmstadt Düsseldorf, deshalb gibt es nun eine Szene aus „Kamikaze ‘89“ mit Dreischeibenhaus.
Wiederholt hat Henk Freunde von Fluglinien kennengelernt. Ursprünglich hatte er unter dem Titel „Homebase“ ein Stück Airport mit einem Lufthansa-Airbus gezeigt. Dann aber rief jemand an und sagte, LTU sei für Düsseldorfer die Fluglinie schlechthin. Also gibt es jetzt auch ein LTU-Homebase-Bild, und eines davon an einem besonderen Ort: Ein früherer Flugbegleiter aus Mönchengladbach kaufte es und hängte es neben ehemalige Flugzeugsitze und einen Trolley in seinen „LTU-Keller“.
So werden die besonderen Bilder von Henk Wyniger an immer mehr Stellen sichtbar. Neben dem LTU-Keller und vielen anderen Wohnungen auch im Restaurant Münstermann, an der Galopprennbahn – und an einer Garderobe auf einem alten Koffer, auf dem nun ein Paradiesstrand-Aufkleber pappt.

Weiterführende Links
Der Instagram-Account zu den besonderen Düsseldorf-Bildern und Henk Wynigers Internetseite
Bei Booklooker findet man den Comic „Mörderische Entscheidung“ von Joachim Friedmann und Henk Wyniger.