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Was von Joachim Erwin blieb

Vor 25 Jahren, am 1. Oktober 1999, wurde der bis dahin nur wenigen bekannte CDU-Politiker zum Oberbürgermeister Düsseldorfs. Seine Partei hatte die vorherige Kommunalwahl überraschend gewonnen. „Er hat viel für Düsseldorf getan“ heißt es immer wieder. Stimmt das? Hier der Versuch einer Antwort.
Veröffentlicht am 1. Oktober 2024
Joachim Erwin nach seiner Wahl zum OberbŸrgermeister.
Der Augenblick des Sieges: Joachim Erwin wurde 1999 Oberbürgermeister Düsseldorfs. Foto: Stadtarchiv

Um die Person Joachim Erwin, sein Wirken in Düsseldorf, sein Ansehen und sein Erbe zu verstehen, sind vorab zwei Dinge zu berücksichtigen:

1. Durch eine Änderung der kommunalen Gesetze wurden Oberbürgermeister ab 1999 zu echten Chefs der Rathäuser. Vorher waren sie zwar schon Vorsitzende der jeweiligen Stadträte und leiteten deren Sitzungen. Aber sie fungierten lediglich als Repräsentanten ihrer Stadt, ihre Gestaltungskompetenz war politisch und lag nicht im täglichen Geschäft der Behörden. An der Spitze der Verwaltungen standen die Stadtdirektoren oder, in den Großstädten, die Oberstadtdirektoren. Das änderte sich 1999. Im neuen Gesetz vereinte man beide Funktionen zu einer – und schuf damit eine enorme Machtbasis. Erwin erkannte das früher als viele andere und ergriff die Chance.

2. Die Kommunalwahlen 1999 brachten in NRW historische Ergebnisse. Wegen einer tiefen Verstimmung bei den Menschen aufgrund einer umstrittenen Rentenreform des noch neuen Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD) kam es zu so nie erwarteten Ergebnissen. Die Politik auf kommunaler Ebene hatte auszubaden, was in Berlin angerichtet worden war. Viele Städte im Revier, zuvor seit Generationen tiefrot, wurden plötzlich schwarz. Auch in Düsseldorf, wo man die amtierende Oberbürgermeisterin Marlies Smeets (SPD) als klare Favoritin sah, gewann die CDU – und Erwin.

Damals gab es das Gerücht, die Union habe den auch innerhalb der Partei nicht beliebten Juristen lediglich aufgestellt, um ihn im Falle der als sicher erwarteten Niederlage endlich los zu sein. Doch es kam anders: Am 1. Oktober legte er im Rathaus seinen Amtseid ab. Und behielt den Posten bis zu seinem Tod im Mai 2008. Dazwischen lag eine klar gewonnene Wahl 2004 gegen eine chancenlose SPD-Kandidatin namens Gudrun Hock. Dass bei Erwin ein Jahr zuvor Krebs diagnostiziert worden war, bremste ihn nicht. Die Krankheit sei überwunden, sagte er. Wohl wissend, wie wacklig diese Aussage war.

Führung
Für die Frauen und Männer im Rathaus war Erwin ein Kulturschock. Beamte wie Politiker mussten erleben, wie ein Mann sich vor allem als Konzern-Chef betrachtete. Seine Botschaft war klar: Die Stadt ist ein Unternehmen und er steht an der Spitze. Rund 10.000 Menschen hatte er unter sich (was durchaus wörtlich zu verstehen ist), und er machte umgehend klar, wie der neue Wind wehte. Vor allem scharf und aus dem Büro 01 im Rathaus. Darin saß Erwin mit Blick auf das Jan-Wellem-Standbild.

Wie und was er intern umkrempelte, ist nur teilweise nach draußen gedrungen. Aber dass Köpfe rollten, Karrieren beendet oder in neue Bahnen gelenkt wurden, ist sicher. Schnell schuf er sich ein kleines Team absolut ergebener Mitarbeiter. Für den Chef taten sie alles. Wortwörtlich und oft nicht zimperlich.

Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.

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