Düsseldorfer Spionage-Prozess: Wie China mit deutscher Wissenschaft sein Militär stärkt

Sie wirken wie drei alte Freunde, die sich wiedersehen. Sie schütteln Hände, erkundigen sich nach der Gesundheit. Die Stimmung ist freundlich, beinahe gelöst. Doch während Thomas R. das Düsseldorfer Ehepaar Herwig und Ina F. begrüßt, sind fünf Kameras auf ihn gerichtet. Es ist kein freiwilliges Treffen, sondern eines auf Einladung des Generalbundesanwalts. Der hat das Trio unter anderem wegen mutmaßlicher geheimdienstlicher Agententätigkeit für China angeklagt. Am Dienstag begann in Saal 2 des Düsseldorfer Oberlandesgerichts das Verfahren gegen sie.
Es ist ein Fall, den es in dieser Form in Deutschland noch nicht gab. Es geht um illegitimen Wissens- und Technologietransfer nach China. Dass die Angeklagten drei Speziallaser gekauft und ohne Genehmigung exportiert haben, geben sie wohl bereits zu. Die restlichen Vorwürfe bestreiten sie vehement. Mindestens sieben Jahre lang sollen sie im Auftrag eines Mitarbeiters des chinesischen Geheimdienstes MSS Informationen gesammelt haben, die dem Ausbau der militärischen Kampfkraft des Landes dienten. R. sitzt auch über ein Jahr nach seiner Festnahme noch in Untersuchungshaft, Herwig und Ina F. sind auf freiem Fuß.
Laut Bundesanwaltschaft lief der Kontakt dabei jeweils über Thomas R., der direkt von besagtem chinesischem Geheimdienstmitarbeiter beauftragt wurde und die Wünsche dann direkt an das Ehepaar F. weitergab. Mal ging es um die Machbarkeitsstudie für einen Bootsmotor, mal um Lasersysteme für Flugzeuge oder den Nachbau von Gleitlagern. Aufträge, die laut Anklage unter die Dual-Use-Verordnung fallen, also auch militärisch genutzt werden können, und damit in Deutschland und der EU besonderen Regeln unterliegen.
Glaubt man hingegen den Anwälten der Angeklagten, war diesen ein solcher Nutzen nicht bewusst und schon gar nicht, dass sie, wenn das denn überhaupt stimmen sollte, ihre Aufträge vom MSS erhielten. Die Anklage stütze sich demnach nur auf bloße Behauptungen eines fremden Geheimdienstes. „Dieses Verfahren hätte es in dieser Form nie geben dürfen“, sagte der Anwalt von Herwig F. in einem ersten Statement vor Gericht.
Till Eckert kennt derartige Fälle zu Genüge. Seit Jahren beschäftigt sich der Investigativ-Journalist für Correctiv mit dem Wissenstransfer zwischen Deutschland und China. Seine Recherchen zu chinesischer Einflussnahme an deutschen Hochschulen wurden mehrfach ausgezeichnet. Gerade blickt er mit großem Interesse nach Düsseldorf. „Wir hatten bislang in Deutschland noch keine öffentliche juristische Auseinandersetzung zu chinesischer Spionage in der Wissenschaft. Es ist sehr wichtig, dass wir bei diesem Thema genauer hinschauen.“ Andere Länder wie die USA seien da bereits weiter.
Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.
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