Bundestag: Es kann eng werden in den Düsseldorfer Wahlkreisen

Die Kommunalwahl 2020 hat in Düsseldorf eine zweifarbige Stadtkarte mit einem einzigen roten Flecken ergeben. In der Mitte waren darauf zehn grüne Wahlkreise zu sehen, drumherum zahlreiche schwarze und in Lierenfeld der rote. CDU und Grüne haben mit einer Ausnahme alle Direktmandate für den Stadtrat geholt. Bei der Bundestagswahl im September wird es nur zwei Düsseldorfer Wahlkreise geben – und zwei Fragen: Wie wirkt sich die Verteilung der grünen Hochburgen auf die beiden Direktmandate aus, die derzeit von CDU-Politiker*innen (Thomas Jarzombek und Sylvia Pantel) gehalten werden? Und kann die aktuelle Verschiebung der Wählergunst auf Bundesebene zugunsten der Grünen gar zu einem Düsseldorfer Direktmandat für die Partei führen?
Methode
Die beiden Bundestagswahlkreise sind nach Stadtbezirken gegliedert. Der nördliche Wahlkreis besteht aus den Stadtbezirken 1, 2, 4, 5, 6 und 7, der südliche aus 3, 8, 9 und 10. Grundlage unserer Betrachtung bilden die Ergebnisse in den Stadtbezirken bei der Kommunalwahl im vergangenen September, und zwar die Resultate bei der Wahl des Stadtrates. Dabei schauen wir, wie groß die Abstände zwischen CDU und Grünen waren und wie klein sie werden könnten, wenn man unterstellt, dass die steigenden Werte der Grünen auf Bundes- und Landesebene in der Tendenz auch in Düsseldorf zu erwarten sind. Hinzu kommen Faktoren wie die Prominenz weiterer Kandidat*innen und die Größe der Stadtbezirke.
Der Norden
Der Wahlkreis I ist für die CDU günstig geschnitten. Er umfasst Hochburgen der Christdemokraten im Linksrheinischen (Stadtbezirk 4) und im Düsseldorfer Norden (Bezirk 5). Dort war der Vorsprung der Union bei der Kommunalwahl so groß, dass er selbst bei Verschiebungen von fünf Prozentpunkten noch deutlich bliebe. Die Grünen hatten rund um Flingern (Bezirk 2) einen leichten Vorsprung gegenüber der CDU, den sie nach unserer Annahme ausbauen. Zudem könnten sie die Mehrheit im Zentrum (Bezirk 1) übernehmen. Nach dieser Prognose hätten die Grünen bei etwa der Hälfte der Wähler einen leichten Vorsprung, während die CDU bei der anderen Hälfte einen deutlicheren Vorsprung bewahren würde.
Dass die FDP in diesem Wahlkreis ihre Parteichefin Marie-Agnes Strack-Zimmermann ins Rennen schickt, wird daran nichts ändern. Strack-Zimmermann hatte im vergangenen Jahr für das Amt der Oberbürgermeisterin kandidiert und in den genannten Bezirken zwischen 11,7 und 14,9 Prozent der Stimmen geholt. Dennoch wichen die Ergebnisse des CDU-Kandidaten Stephan Keller kaum von denen seiner Partei ab. Der CDU-Kreisvorsitzende Jarzombek hatte 2017 Ähnliches erlebt. Auch er setzte sich trotz einer starken Strack-Zimmermann durch – und lag dabei über dem Zweitstimmen-Ergebnis seiner Partei.
Der Süden
Im Wahlkreis II scheint es noch spannender zu werden. Der Stadtbezirk 3 (südliche Innenstadt) hat eine hohe Bevölkerungsdichte, in ihm leben rund 89.000 Wähler. Daher fällt es stark ins Gewicht, dass die Grünen in diesen Stadtteilen bei der Kommunalwahl ihr bestes Ergebnis erzielten (rund 30,5 Prozent). In den anderen drei Bezirken leben deutlich weniger Wähler. Dort hatte die CDU zuletzt noch einen guten Vorsprung, in der Addition aller vier Bezirke wird dieser aber schmelzen. Das hängt auch mit Kandidatin Pantel zusammen, die als Vertreterin des konservativen Parteiflügels mehr Raum in der politischen Mitte lässt, in der die Grünen aktuell dazugewinnen.
Darüber hinaus könnte das Fehlen von Prominenz den Ausschlag geben. Bei den Bundestagswahlen 2009, 2013 und 2017 war die frühere Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Sahra Wagenknecht, im Düsseldorfer Süd-Wahlkreis angetreten und hatte für ihre Partei ein überdurchschnittliches Ergebnis geholt (2017 waren es 13,0 Prozent). Sie kandidiert dort aber nicht noch einmal. Deshalb muss die Linke mit Verlusten bei den Erststimmen rechnen. Interessant wird dann, wohin diese Wähler wandern. Die Erfahrungen der vergangenen beiden Jahre deuten in unterschiedliche Richtungen: Bei der Europawahl 2019 verzeichnete die Linke in Garath und Friedrichstadt ihre höchsten Stimmverluste, zwei Stadtteile, in denen die Grünen jeweils hohe Zugewinne verbuchten. Bei der Kommunalwahl im vergangenen Jahr gab es bei den Grünen, obwohl sie insgesamt stark zulegten, aber sogar Verluste in Richtung der Linken. Die Wähler, die nicht noch einmal die Linke wählten, gingen vorrangig an die SPD.
Fazit
Die Grünen haben in den vergangenen zwei Jahren in einer Reihe von zentralen Stadtteilen eine strukturelle Mehrheit erlangt. Das hilft ihnen bei der Bundestagwahl nur bedingt. Das grüne Zentrum verteilt sich nämlich gleichmäßig auf die beiden Direktwahlkreise, so dass in beiden die CDU gute Chancen hat, ihren bisherigen Vorsprung ins Ziel zu retten. Im Norden ist die Wahrscheinlichkeit höher als im Süden. Bei der Landtagswahl könnte das in mindestens einem Fall anders aussehen, denn da besteht ein Wahlkreis im Wesentlichen aus der erwähnten Grünen-Hochburg im Stadtbezirk 3.
Quellen
Analyse zur Kommunalwahl 2020, Seite 49: Kommunalwahlen am 13. September 2020 – Analyse der vorläufigen Ergebnisse in Düsseldorf (duesseldorf.de)
Analyse zur Europawahl 2019, S. 47 und 51: Europawahl 2019 – Wahlanalyse (duesseldorf.de)