Die neue Schadowstraße: Primark, Pommes, Pasta

Einst war sie Düsseldorfs erfolgreichste Einkaufsmeile. Aber jahrelange Baustellen und Streit um Verkehrskonzepte stürzten sie fast ins Koma, nicht alle Händler überlebten. Läden wie Frittenwerk und Buster Pasta prägen das Bild, das sich mir bot, als ich jetzt wieder langsam durch die Stadt ging.
Veröffentlicht am 9. August 2022
Schadowstraße Düsseldorf
Die einsame Taube wird nicht lange allein bleiben: Herumliegende Essensreste auf der Schadowstraße locken hunderte der Vögel an. Nach der Neugestaltung der Straße als Fußgängerzone hofft man, an alte Zeiten als umsatzstarke Einkaufsstraße anknüpfen zu können. Foto: Markus Luigs

Neulich auf der Schadowstraße: Unter einem riesigen Schild mit der Aufschrift „Neueröffnung“ steht zwar kein Geschäftsname, aber ein gewaltiger Container vollgepackt mit hunderten Taschen jeder Größe. Grabbeltisch für Reisegepäck, sozusagen – billig, billig scheint das Motto. Mehrere Frauen und Männer wühlen darin herum. Das Geschäft darf offenbar nur vorübergehend die Verkaufsfläche nutzen.

Ob das die Zukunft einer Einkaufsmeile namens Schadowstraße ist, die zu Recht einst für die Shoppingstadt Düsseldorfs stand? Der Fußgängerübergang über die Berliner Allee in die Schadowstraße wurde damals täglich von zigtausenden Menschen genutzt und war damit weltweit Spitze. Etablierte Geschäfte wie Foto Koch, Bornemeyer, Juppen, Kaufhof, Karstadt boten ein Einkaufsniveau, das für Normalverdiener erschwinglich war und viele Menschen anzog – auch aus dem Umland. Entsprechend war der Erfolg.

Einige der alten Namen sind immer noch da. Sie wirken inzwischen wie Fremdkörper in der neu gestalteten Schadowstraße, die nun in dem Stück zwischen Berliner Allee und Jacobi- beziehungsweise Tonhallenstraße, also bis zum Übergang in den Wehrhahn, zur Fußgängerzone geworden ist. Die Straße hat viele desaströse Jahre des Umbaus hinter sich: U-Bahn im ersten Bauabschnitt der 1980er Jahre, Wehrhahn-Linie, ein neues Verkehrskonzept nach Realisierung der neuen U-Bahn, des Kö-Bogens und des Ingenhoven-Tals vor dem Schauspielhaus. Sie wurde zu einem Mittelding zwischen Dauerbaustelle und Spielwiese für neue (oder mangelnde) Ideen von Städteplanern. Das Ergebnis ist nun diese Fußgängerzone. Aber wohin das an sich gute und funktionierende autofreie Konzept führen soll, ist nicht ersichtlich. Daran ändert auch ein nettes Wasserspiel nichts, das da aus Düsen im Boden immer wieder Fontänen ausstößt. Kinder allerdings lieben es in diesen heißen Tagen.
Also ging ich die Straße einmal rauf und runter – und dabei fiel mir das hier auf:

Der Fahrradweg Mitten in der Fußgängerzone richtete man einen zweispurigen Fahrradweg ein. An sich eine gute Idee. Aber leider wurden die Fahrspuren nicht eindeutig markiert. Das heißt: Radler und Fußgänger kommen sich permanent ins Gehege, da nicht klar ist, wer dort unterwegs sein soll oder darf. Was vor ein paar Wochen zu einem schweren Unfall führte: Ein Kind, das im Wasserspiel in Höhe Karstadt gespielt und plötzlich zur Seite gelaufen war, wurde von einem Fahrradfahrer erfasst und schwer verletzt. Nun hat man, sehr originell, im Bereich des Wasserspielplatzes eine Reihe von Kübeln mit Pflanzen als Barriere aufgestellt. Sicher keine Lösung auf Dauer. Warum wird die Fahrradspur nicht mit knallrotem Belag markiert, wie es ihn in anderen Stadtteilen bereits gibt?  

Die Geschäfte Anlieger mit Tradition wie Foto Koch, Juppen, Karstadt, C&A haben die Zeit der Baustellen überstanden. Leider wirken sie wie Relikte aus vergangenen Zeiten, zumal sie ihre Optik nicht wirklich verändert haben. Ob es sie in ein paar Jahren noch geben wird, weiß niemand. Vor allem Kaufhäuser wie Karstadt und nicht eindeutig profilierte Marken wie C&A haben es schwer, sich auf dem Markt gegen Anbieter wie H&M und ähnliche zu behaupten. Dass der irische Extrembillig-Anbieter Primark an der Schadowstraße Fuß fasste, scheint typisch zu sein für solche Adressen. Sein Laden ist stets sehr gut besucht. Es ist das Signal für den Weg hin zu einer Meile für Billiganbieter. Das kann man so wollen, ob es sich am Ende rechnet, bleibt offen. Die Flinger Straße in der Altstadt hat so eine Entwicklung hinter sich – und es am Ende geschafft, eine Adresse in einem soliden Segment zwischen Luxus und Trash zu werden. Die Schadowstraße steht offenbar am Anfang dieses Wegs. Sie erlebt dabei auch die Grenzen der Einflussnahme durch die Stadt: Am Ende entscheiden die Immobilienbesitzer, an wen sie vermieten.

Neubauten Die Rückseite der grünen Seite des Ingenhoventals am Beginn der Schadowstraße bildet optisch einen vermeintlichen Neuanfang. Der Digitalanbieter Coolblue offeriert Allerlei aus dem digitalen Bereich, die Niederlassung des Allround-Deko-Vertriebs Depot verkauft daneben das gesamte Zeug, von dem ein großer Teil als künftiger Plastikmüll hoffentlich in der Gelben Tonne enden wird. H&M ist der klassische Anbieter für Mode à la Fastfood.

Gastronomie Nicht weit entfernt im alten Teil der Straße gurren hunderte von Tauben vor der Filiale einer Pommesbude und streiten sich um weggeworfene Fritten. An der Ecke Jacobistraße fragt Frittenwerk seine Kunden „underpommesed?“ und liefert anhand seiner Speisekarte die Antwort – Pommes satt. Sichtlicht zufriedene Gäste sitzen wie seit Jahren schon nebenan bei Buster Pasta vor riesigen Tellern voll von dem, was man dort offenbar für Spaghetti Bolognese hält. Andere säbeln beseelt an Pizzen im Format von Klosettdeckeln herum.

Perspektive Nach ersten Erkenntnissen der Kaufleute hat die Frequenz wieder zugenommen, und zwar deutlich. Damit ist die Zahl der Menschen gemeint, die die Straße besuchen. Das nimmt man als Zeichen, auf einem guten Weg zu sein. Ob auch die Umsatzkurve wieder nach oben zeigt, ist nicht klar, da es dazu noch keine Erhebungen gibt. Mit der Stadt und der Awista ist man in enger Absprache: Graffiti auf den gelben, eiförmigen Sitzmöbeln werden schnell beseitigt, und herumliegender Müll, der Tauben anlockt, soll dank kurzer Reinigungstaktung ebenfalls schnell verschwinden.

Dass unweit des Übergangs der Schadowstraße zum Wehrhahn, also in unmittelbarer Nachbarschaft, auf dem Gelände des früheren Kaufhofs ernsthaft erwogen wird, Düsseldorfs neue Oper zu bauen, ist unter dem Eindruck dieser Fußgängerzone schwer vorstellbar. Ein Kulturzentrum von hohem Anspruch als Nachbar? Da würden extreme Gegensätze aufeinanderprallen – oder ein Highlight namens Oper hätte positive Auswirkungen auf dieses neu gestaltete Stück Schadowstraße, das so vielleicht doch noch eine gute Perspektive bekäme.


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