Rheinbahn stellt Vorstand Michael Richarz frei

Die Nummer zwei des Verkehrsunternehmens ist nicht länger an Bord. Gründe für die Trennung sollen Probleme beim Bau der Linie U81 und der Fortsetzung des Projekts „Rheintakt“ sein. Die Bezüge werden noch für zwei Jahre gezahlt.
Veröffentlicht am 17. April 2025
Michael Richarz Rheinbahn Düsseldorf
Michael Richarz war seit 2019 Vorstandsmitglied bei der Rheinbahn, verantwortlich für Betrieb und Technik.

Die Rheinbahn sucht einen neuen Vorstand. Der bisher für Betrieb und Technik zuständige Michael Richarz wird nach meinen Informationen freigestellt. Der Vertrag des 61-Jährigen läuft bis März 2027, solange soll er auch weiter bezahlt werden. Laut jüngstem Jahresabschluss bekam Michael Richarz für das Jahr 2023 rund 345.000 Euro, davon waren 64.000 Euro variable Bezüge, also Boni. Zum jetzigen Abschied soll es vor allem aus zwei Gründen gekommen sein:

U81
Die Linie, die Flughafen und Innenstadt verbindet, sollte ursprünglich zur Fußball-Europameisterschaft 2024 fertig sein. Nachdem schon länger feststand, dass dieses Ziel verfehlt wird, wurde Anfang April bekannt, dass sich das Projekt weiter verzögert. Laut des Protokolls der zuständigen Kleinen Kommission wird die „Inbetriebnahme voraussichtlich im 2. Quartal 2026 erfolgen“. Zugleich wurde in diesem Zusammenhang auf weitere „Terminrisiken“ hingewiesen.

Rheintakt
Das Unternehmen hat Anfang 2024 alle Fahrpläne überarbeitet und versucht, bessere Anschlüsse und Verbindungen anzubieten (Projekt Rheintakt). Oberbürgermeister Stephan Keller soll nun den Wunsch geäußert haben, das Ganze weiterzuentwickeln und mehr Fahrten zu ermöglichen. Offen ist, ob Michael Richarz daraufhin erklärte, dass dies nicht möglich sei, oder der Rathauschef ihm die Umsetzung schon nicht mehr zugetraut hat. Stephan Keller ist zwar nicht Mitglied des Aufsichtsrats der Rheinbahn, begleitet und beeinflusst die Entwicklung dort aber maßgeblich mit.

Vertrauensprobleme hatten sich schon im Frühjahr 2023 angedeutet, als der Vertrag für das Vorstandsmitglied verlängert wurde. Michael Richarz erhielt damals nicht die üblichen fünf, sondern lediglich drei weitere Jahre. Damals war ein neuer Typ Straßenbahnen (HF6) mit erheblichen Verzögerungen auf die Schiene gegangen, vor allem weil die Treppen nicht richtig funktionierten. Die kurze Vertragslaufzeit signalisierte, dass man dem zuständigen Vorstand die Verantwortung dafür zuschrieb, ihm aber auch eine Bewährungschance gab. Die darin steckende Hoffnung scheint sich nun vorzeitig nicht erfüllt zu haben.

Ursprünglich war Michael Richarz in die Führungsposition gekommen, damit genau solche Probleme nicht mehr auftreten. Ende 2018 beförderte ihn der Aufsichtsrat vom Leiter der Stabsstelle Strategie zum Vorstand. Damals kämpfte die Rheinbahn mit einer hohen Ausfallquote bei Bussen und Bahnen, außerdem war der Krankenstand weit überdurchschnittlich. Dem Ingenieur wurde attestiert, dies ändern zu können.  Michael Richarz hatte zuvor von 1996 bis 2003 bei der Rheinbahn gearbeitet und war nach Stationen in München und Nürnberg im August 2017 nach Düsseldorf zurückgekehrt.

Die Freistellung ist für die Rheinbahn die dritte besondere personelle Entscheidung in 21 Monaten. Im Sommer 2023 hatte der Vorstandsvorsitzende Klaus Klar das Unternehmen verlassen – offensichtlich auf Drängen aus dem Rathaus (darüber habe ich hier berichtet). Im September 2024 gingen vier Führungskräfte, die unter dem Vorstand angesiedelt waren (hier nachzulesen). Beides waren deutliche Zeichen, dass die Vorstandsvorsitzende Annette Grabbe und die Stadtspitze einen neuen Kurs einschlagen und dabei auch zu finanziell schmerzhaften Trennungen bereit sind.

Michael Richarz blieb in beiden Situationen im Amt. Das macht einen entscheidenden Unterschied deutlich. Die Personal-Entscheidungen von 2023 und 2024 dienten vor allem dazu, dass alte „System Rheinbahn“ zu beenden, die jetzige Trennung ist anders gelagert. Das „alte System“ hatte ein Beratungsunternehmen in einem Gutachten beschrieben. Danach herrschte bei der Rheinbahn Silo-Denken, es gab kaum Fortschritte bei der Digitalisierung, man orientierte sich wenig an Kund:innen und dachte nicht besonders wirtschaftlich. Hinzu kam ein Geflecht, in dem die Protagonisten dafür sorgten, dass sie selbst gut verdienten und sich wechselseitig schützten.

Zu diesem System gehörte Michael Richarz trotz seiner früheren Jahre in der Firma nicht. Zugleich fiel aber schon auf, dass er mit den Projekten, die sinnbildlich für den neuen Kurs stehen, nicht gerade eng verbunden war. So hat die Rheinbahn zum Beispiel im Februar erstmals autonom fahrende Busse getestet (das haben ich hier beschrieben) und erklärt, dieses Jahr eine Digitalisierungsakademie für die Belegschaft und Kund:innen zu starten (hier zu finden).

Zu diesen Projekten gab es informative und modern gemachte Social-Media-Videos – aber keine Bilder vom Vorstand Betrieb und Technik.


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