
Wie ein Düsseldorfer Regisseur Journalismus auf die Theaterbühne bringt
Ich treffe Calle Fuhr in Düsseldorf, wo er bald wohl wieder häufiger sein wird. Er ist zugewandt, schnell im Smalltalk und hat zu jeder Frage eine passende Geschichte. Fuhr ist erst 30 Jahre alt, hat aber als Regisseur schon einiges hinter sich. Seine Karriere zwischen Theater und investigativer Recherche nahm dann vor allem in Wien Fahrt auf. Mit der Inszenierung eines Skandals rund um den Mineralölkonzern OMV, der laut der Recherchen des Magazin Dossier Klimaaktivist:innen bespitzeln ließ und zweifelhafte Deals einging, sorgte er in Österreich für große Aufmerksamkeit. Hier beginnt auch unser Gespräch.
Wie ist das Gefühl, in eine Recherche involviert zu sein, an deren Ende der Boss des größten Unternehmens Österreichs zurücktritt?
Calle Fuhr Es war ein Gefühl der Hoffnung, dass lupenreiner Journalismus etwas bewirken kann. Als Dossier verklagt wurde, haben sie weitergemacht, weil sie wussten: Wir sind wasserdicht.
Dein Stück dazu hieß „Die Redaktion“ und setzte sich kritisch mit dem österreichischen Öl- und Gasriesen OMV auseinander. Wie ist das, wenn du als Theatermensch eine journalistische Recherche auf die Bühne bringst?
Fuhr Das ist immer sehr unterschiedlich. In diesem Fall gab es schon bei meinem Einstieg in die Produktionsarbeit 13 oder 14 Recherchen. Im ersten Schritt musste ich herausfinden: Wer ist wer? Ich hatte auch noch nicht so viel Ahnung davon, wie ein großes Unternehmen funktioniert. Die nächste Frage war dann, wie ich daraus Theater mache. Mir war schnell klar, dass die stärkste Geschichte die reale ist. Das kleine Dossier gegen den Megakonzern, David gegen Goliath.
Wie viel künstlerische Freiheit bleibt dir noch, wenn du eine Investigativrecherche auf die Bühne bringst?
Fuhr Das ist jedes Mal eine Herausforderung. Wenn du extrem faktenverschriebenen Journalismus aufheizt, machst du eigentlich nichts anderes als der Boulevard. Und genau das möchte man nicht. Ich habe verschiede Tricks gefunden, wie das geht – ohne an den Fakten zu rütteln.
Bevor mir Calle verrät, wie er es schafft, Journalismus faktenbasiert auf die Bühne zu bringen, möchte ich allerdings erst einmal wissen, wie er überhaupt wurde, wer er heute ist. Wie er es von der Theatergruppe des Düsseldorfer Görres-Gymnasiums zu einem der wichtigsten Vertreter des Investigativtheaters gebracht hat. Es ist eine Geschichte von Zufällen und weiten Reisen.
Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.
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