Mystery-Box-Automaten: Nervenkitzel und teure Nieten

Fingernägel tappen auf Pappe, Papier knistert. Auf TikTok packt eine Influencerin Parfüm, Schwimmflügel und Teelichter aus. Sogenannte Mystery-Boxen erleben im Netz einen Hype: Pakete, die im Versand verlorengingen oder als Retoure zurückkamen. Was drin ist, weiß man nicht. Ein Dopamin-Kick pro Karton. Offenbar auch bei mir. Warum sonst sehe ich mir dieses Video an – wie Millionen andere?
Um mein Glück selbst zu testen, betrete ich, ja: einen Waschsalon. Ein Selbstbedienungsladen an der Friedrichstraße 47, mit Fliesenboden, Neonlicht und Geruch von Waschmittel. Tatsächlich finde ich hier, hinter den surrenden Waschmaschinen, einen schwarzen Kasten. 32 Fächer mit Plexiglas. In jedem liegt ein Paket.
Die Deutsche Post registriert so viele Beschwerden wie nie, auch über nicht zugestellte Sendungen. Aufkäufer erwerben solche Pakete und bieten sie als Überraschungsboxen an – online oder über Automaten wie den, vor dem ich stehe.
Etwas Voyeurismus ist dabei. Wie bei Kofferversteigerungen am Flughafen: Verrät der Inhalt etwas über eine fremde Person? Meine Wahl fällt auf Fach 163. „Retoure“ steht auf dem Aufkleber. Ein Mann aus Offenbach hat für seine Rücksendung eine gold-weiße Pralinenverpackung mit Schneeflockenmuster verwendet. Ich zahle mit Karte. Eine selbstfinanzierte Bescherung für 15 Euro.
Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.
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