Mutter Beimer führt durch Düsseldorfer Museum

Es fängt schon super an. „Willkommen bei ,Mama‘“ sind die ersten Worte, die man im akustischen Begleiter der neuen Ausstellung des Düsseldorfer Kunstpalasts hört. Damit ist einerseits der Titel der Schau gemeint, zugleich ist es eine schöne Spielerei mit der Rolle, die die Sprecherin berühmt gemacht hat. Die Werke der Ausstellung und die zentralen Fragen werden von Marie-Luise Marjan gesprochen. Mutter Beimer.
Die in Essen geborene Schauspielerin arbeitete in großen Theatern von Basel bis Hamburg und war in Filmen von Wolfgang Petersen und Rainer Werner Fassbinder zu sehen. 1985 übernahm sie ab Folge 1 eine der Hauptrollen in der neuen Fernsehserie „Lindenstraße“ und war 2020 in der letzten Episode immer noch dabei.
Die Rolle oder das Bild von Mutter Beimer hat sich in diesen knapp 35 Jahren erheblich verändert – durchaus vergleichbar mit dem Image der ersten Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die Bezeichnung „Mutti“ entstand in der ersten Legislaturperiode als vermeintlicher Spott. Die Regierungschefin drehte ihn aber so, dass der Spott auf jene zurückfiel, die den Begriff verwendet hatten. Mutter Beimer ließ in der Serie die Klischees der Frau an der Seite ihres Hansemanns hinter sich.
Es passt also, dass Marie-Luise Marjan über Merkel, Maria und die vielen Aspekte von Mutterschaft und Nicht-Mutterschaft spricht. An 20 Stationen erklärt sie Gemälde, Fotografien, Installationen und Designobjekte der Ausstellung namens „Mama“. Insgesamt gibt es rund 45 Minuten der inzwischen 84-jährigen Sprecherin zu hören.
Die Macherinnen der Ausstellung sind nicht bei der guten Grund-Idee stehen geblieben. Auch die Texte von Mutter Beimer sind anders, als man sie sonst in Audioguides bekommt. Sie beschäftigt sich mit grundlegenden Fragen des Mutterseins, thematisiert Aspekte, die viele oder alle aus ihrem Leben kennen, statt sich in sonst gerne genommenen Adjektiv-Sammlungen und Über-Interpretationen zu verlieren.
Das Ganze wird dadurch nicht leicht. Es geht auch um Abtreibung, die Bedeutung von Mutterseelenalleinsein, um schlecht und nicht bezahlte Care-Arbeit, den Tod des eigenen Kindes und die Unterdrückung durch Mutter-Rollen. Marie-Luise Marjan findet den richtigen Ton dafür und lässt immer wieder ihren Humor durchklingen.
Der wird besonders bei der Barbie-Episode gebraucht. Deren Freundin Midge war einst als schwangere Puppe (mit abnehmbarem Bauch) auf den Markt gebracht worden. Konservative Kreise in den USA kritisierten dies, weil Midge sehr jung und nicht verheiratet war. Der Hersteller zog die Puppe zurück und produzierte eine neue – mit gut sichtbarem Ehering und auf die Packung gedrucktem Gatten.
Der Audioguide kompensiert eine zwangsläufige Schwäche von „Mama“. Wenn man sich entscheidet, eine Ausstellung nicht einzelnen Künstler:innen, Epochen oder Stilrichtungen zu widmen, landet man in aller Regel bei einer sehr heterogenen Schau. So zeigt der Kunstpalast Werke aus dem 14. Jahrhundert und eine frühe Pumpe für Muttermilch, verschiedene Versionen des Schlagers „Mama“ (den neben Heintje auch Pavarotti gesungen hat), Dürer und Dix, Möbel und Magazine.
Marie-Luise Marjan schafft die Verbindung zwischen diesen so unterschiedlichen Objekten übers Ohr. Daneben gibt es einen zweiten Weg in den Kopf. An der ersten Wand der Ausstellung stehen fünf Fragen, die einen beim Gang durch die Räume begleiten und die jede und jeder für sich an anderen Werken beantworten oder offen mit nach Hause nehmen wird. Sie lauten:
- Was sehen Sie vor Ihrem inneren Auge, wenn sie das Wort Mama hören?
- Für wen haben Sie mütterliche Gefühle?
- Wer sorgt für Sie?
- Was ist die lustigste oder schönste Erinnerung, die Sie an Ihr Kind/Ihre Mutter haben?
- Was kann Mutterschaft in der Zukunft bedeuten?
Diese Fragen haben jede Menge Menschen bereits vorab per Whatsapp-Sprachnachricht beantwortet. Einen Zusammenschnitt findet man nach der 20. Mutter-Beimer-Station, also im letzten Raum der Ausstellung. Und hört dann Heintje endlich nicht mehr.
Informationen zur Ausstellung
„Mama. Von Maria bis Merkel“ ist im Kunstpalast am Ehrenhof 4-5 zu sehen. Die Ausstellung läuft bis zum 3. August. Sie ist dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr, donnerstags bis 21 Uhr geöffnet. Der Eintritt für alle Ausstellungen und die Sammlungspräsentation kostet 16 Euro.
Zu den besonderen Punkten im Begleitprogramm zählen Hebammenführungen und -sprechstunden im Museum (4. Mai und 13. Juli, 15 beziehungsweise 16 Uhr).