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Mallorca? Sylt? Nee – auf nach Ratingen

Während man mit seinem Neun-Euro-Ticket in den Regionalzügen während der Ferienzeit eng an eng steht, sitzt man in den Überlandlinien der Rheinbahn bequem. Zum Beispiel in der Linie U72, die in die Nachbarstadt fährt, die uns Dietmar Wolf in seinem Gastbeitrag sehr ans Herz legt.

Veröffentlicht am 19. August 2022
Rheinbahn U72
Wie wäre es mit einem Ausflug nach Ratingen? Mit der U72 der Rheinbahn kein Problem. Foto: Andreas Endermann

Wenn man mit der U72 von Düsseldorf bis zur Endstation „Ratingen Mitte“ fährt und von dort kommend zweimal die Straße überquert, sieht man vor der beginnenden Fußgängerzone einen schmalen mit Kopfstein gepflasterten Weg links abgehen. Der führt in Richtung des neuen modernen Rathauses. Man befindet sich nun bereits auf der historischen und gut erhaltenen Stadtmauer. Bevor man das nahe Rathaus erreicht, sieht und hört man vielleicht sogar rechter Hand das Ratinger Glockenspiel, das nach langer Sanierungsarbeit seit Mitte Juli wieder über der Stadt erklingt – dreimal täglich, jeweils um 10, um 15 und um 18 Uhr.

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Das restaurierte Glockenspiel. Foto: Dietmar Wolf

Der Gang führt unterhalb des Rathauses in einer Art Tunnel weiter. Je kleiner die Kinder desto größer werden jetzt deren Augen, denn nahe des ehemaligen Wehrgangs liegt der im letzten Jahr eröffnete Drachenspielplatz mit vielen Klettermöglichkeiten. Zumindest samstags und sonntags sollten die Kinder noch etwas Geduld mehr aufbringen, denn im nahen Trinsenturm von 1480 wohnt nicht mehr der Scharfrichter Ratingens, sondern das Puppen- und Spielzeugmuseum. Es kostet nur 1,50 Euro Eintritt und veranstaltet am Sonntag, 21. August, eine Puppen- und Bärenbörse.

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Vorne der Drachenspielplatz, hinten der Trinsenturm. Foto: Dietmar Wolf

Den Wehrgang weiter entlang erreicht man die Lintorfer Straße. Geradeaus führt uns die Turmstraße, bis wir am „Dicken Turm“ wieder Reste der historischen Stadtbefestigung erreichen. Vorher sehen wir links und rechts der Straße kontrastierende Jugendstil-Fassaden und moderne Architektur. Im Jahr 1901 sollte der Dicke Turm abgerissen werden, 43 Ratinger Bürger plädierten für den Abriss, wogegen sich der damalige Landrat und die Düsseldorfer Regierung erfolgreich wehrten. Heute würde es sicherlich genau anders herum laufen, denn die Ratinger Jonges bezogen mittlerweile Quartier im Turm.

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Der Dicke Turm. Foto: Dietmar Wolf

Am Turm verlassen wir die gleichnamige Straße halblinks und folgenden dem Weg Obertor, bis wir an der Oberstraße fast den nördlichen Beginn von Ratingens hübscher Fußgängerzone erreichen. Unterwegs passieren wir die Grütstraße, benannt nach dem im Mittelalter wichtigen Grundstoff bei der Bierherstellung – Grüt.

Vorsicht Kunst! Im weiteren Verlauf der Stadtmauer erblickt man den teilweise rekonstruierten Verkeshirdenturm (Schweinehirtenturm) und das bronzene Denkmal, das an das Wiederfinden der einst versteckten und dann verschollenen Glocken der Kirche St. Peter und Paul erinnert. Rechts in der modernen Architektur hat der Kunstverein Ratinger Maler seinen Sitz.

Wenn man jetzt vom Obertor die Straße kreuzt und der gegenüber beginnenden Wallstraße folgen würde, käme man im großen Rechtsbogen wieder am Ausgangspunkt an. Machen wir aber nicht, wir biegen rechts in die Oberstraße ab, beachten bei der Hausnummer 23 eines der beiden ältesten (aus dem 15. Jahrhundert stammenden) Wohnhäuser Ratingens und erreichen alsbald die Fußgängerzone. Der Marktplatz vor dem historischen Rathaus, heute Bürgerhaus genannt, bildet Ratingens Zentrum. Der Platz rund um den Marktbrunnen mit dem Bergischen Löwen ist bereits seit 1973 autofrei und lädt mit seinem reichlichen von der Außengastronomie genutzten Platz zur Pause ein. Die Gebäude drumherum sind eher zwei- oder dreistöckig, man hat sich in Ratingen das historische Ambiente erhalten. So kann man also den Kaffee, den Kuchen oder das Alt in netter Umgebung genießen. 

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Marktplatz und Bürgerhaus. Foto: Dietmar Wolf
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Haus an der Oberstraße. Foto: Dietmar Wolf

Und dort gibt es auch noch einiges zu entdecken, denn rund um das Zentrum sind die historischen Bauwerke mit Hinweisschildern beschrieben, so zum Beispiel das erst 1980 bei Sanierungsarbeiten aufgefundene „Alte Steinhaus“, das ehemalige Minoritenkloster, das „Haus zu den drei Königen“ und das „Haus zu den vier Winden“.  

Wenn man das Zentrum nun durchlaufen und sich auf dem Marktplatz erholt hat, dann bietet sich mit der Rheinbahn-Linie 753 oder 773 noch eine Busreise ab Ratingen Mitte bis zur Haltestelle „Blauer See“ an. Den kennen viele Besucherinnen und Besucher Ratingens alleine schon von der Naturbühne, wo man einst Winnetou oder Pippi Langstrumpf erlebte. Am Blauen See bietet die Erlebniswelt mit vielen Angeboten für Groß und Klein, angefangen vom Märchenzoo über Minigolf, Rundpiste bis zum Quadfahren an.

Von der Haltestelle „Blauer See“ können wir ein weiteres Highlight Ratingens schnell zu Fuß erreichen, das Industriemuseum Textilfabrik Cromford. 1783/84 gegründet gilt die ehemalige Baumwollspinnerei als die erste Fabrik auf dem europäischen Festland überhaupt und ist eine der ältesten erhaltenen Industrieanlagen in Deutschland. Die historische Fabrik und das spätbarocke Herrenhaus Cromford bilden nun das LVR-Landesmuseum, das vom ehemals dazugehörigen alten englischen Landschaftspark, heute der öffentliche und denkmalgeschützte Poensgenpark, umgeben ist. Neben der Kultur gibt es hier Erholung pur.

Infos zu Ratingen
Die Stadt hat mit ihren Stadtteilen West, Tiefenbroich, Lintorf, Hösel und Homberg rund 90.000 Einwohner und ist wirtschaftlich bestens aufgestellt. Von wegen Schlafstadt von Düsseldorf: Ratingen hat mehr Ein- als Auspendelnde und kommt wochentags auf über 100.000 Menschen in der Stadt.

Die Stadt ist verkehrsmäßig hervorragend angebunden. Neben den Autobahnen verkehren S- und Stadtbahn; der Kreis und die benachbarten Kommunen arbeiten derzeit an der Reaktivierung der so genannten Westbahn Duisburg-Lintorf-Düsseldorf für den Schienenpersonennahverkehr. Zwischen den Stadtteilen liegen ausgedehnte Waldgebiete.

Über das Stadttheater und die Stadthalle hinaus bietet Ratingen ein rundes Kulturprogramm. Das Leichtathletik-Mehrkampf-Meeting macht die Stadt über die Landesgrenzen als Sportstadt bekannt, und viele Ratinger hoffen, dass Ratingen 04/19 in der Fußball-Oberliga der Männer wieder Erfolg hat.


Noch mehr Details unter folgenden Links:

Stadtgeschichte

Tourismus

Spielzeugmuseum

Landesmuseum Textilfabrik Cromford

Verkeshirdenturm

Der Autor

Dietmar Wolf ist Bürgermeister des Düsseldorfer Stadtbezirks 3 (südliche Innenstadt), Ratsherr der Grünen – und auch gerne in der Nachbarstadt Ratingen.


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