Turbo Urban Street Art Graffiti Ausstellung
Robert "Opty" Roschwig hat die Gruppenausstellung an der Rampe und in der Garage des Hotel Friends organisiert und gehängt. Foto: Andreas Endermann

Guggenheim in Oberbilk, Street Art im Hotel – Ausstellungen, die man in Düsseldorf gesehen haben muss

Eine Künstlergruppe hat das New Yorker Museum in einer aufblasbaren Version nachgebaut und zeigt dort die sehr wörtlich zunehmende Ausstellung „Preis pro Quadratmeter“. Und wer im Hotel Friends in die Garage geht, sieht dort Graffiti und urbane Kunst in Petersburger Hängung.
Veröffentlicht am 10. Juni 2022

Man kann in Düsseldorf aktuell wirklich viel Kunst sehen, aber trotzdem war da bisher eine ungeahnte Lücke. In den Museen laufen die aktuellen Ausstellungen noch bis zum Sommer, in vielen Galerien sind noch die Schauen des großen Foto-Wochenendes präsent. Nun eröffnen zwei sehr ungewöhnlichen Ausstellungen, ich mir vorab ansehen durfte und die ich sehr empfehlen kann.

Turbo Urban – Street Art im Hotel

Das Wortspiel liegt zu nahe und ist trotzdem gut. Im Hotel Friends gibt es die schrägste Ausstellung der Stadt. Die ersten Bilder hängen links und rechts an der steilen Rampe zur Garage des Hauses. Sie führt hinunter zu noch mehr Street Art und Graffiti. Rund 80 Künstler:innen stellen dort aus und verkaufen ihre Arbeiten. Sehr passender Titel des Ganzen: Turbo Urban.

Die Bilder sind in einer freien Interpretation der Petersburger Hängung platziert und auf ganz vielen Materialien entstanden: in und über Rahmen hinaus, auf der Rückseite von Wahlplakaten, auf einem Spiegel, auf Skateboards, auf zerdrückten Dosen, auf einer Tür und auf Schlagzeugfellen. Mal sind es Schriftzüge oder Logos, mal konkrete Bilder, also einmal alles, was man an den Wänden Düsseldorfer Straßen sieht – wenn man die richtigen Straßen nimmt. Die Ausstellung begrüßt ihre Gäste als großes Wimmelbild und fordert dann die Zeit fürs Hängenbleiben an diesem oder jenem Werk. Oder dem da.

Angefangen hat all das mal mit vier Freunden aus der Graffiti-Szene. Die zeigten vor gut zehn Jahren im Kulturverein Brause in Friedrichstadt ihre Kunst. Danach wollten immer mehr Leute mitmachen, das Kollektiv wuchs auf elf, siebzehn und inzwischen eben achtzig Menschen. Einer kennt sie alle und macht genau das zur Bedingung fürs Mitmachen: Chef-Organisator, -Entertainer und Mitkünstler Robert „Opty“ Roschwig.

Der hatte das Hotel als Veranstalter eines legendären Bingo-Abends kennengelernt und bei einer Führung durchs Haus die erwähnte Rampe gesehen. Die stand damals noch voll mit Müll und Möbeln, Robert aber sah in ihr schon etwas anderes. Also nervte er so lange, bis er die Rampe in Eigenregie leerräumen und zu einem Ort für die schon ziemlich gewachsene Street-Art-Ausstellung machen durfte. Seitdem hat das Hotel jedes Jahr darin investiert, für eine Bühne gesorgt, für gutes Licht und immer wieder eine Ecke mehr dafür hergegeben.

So ist auch ein Ort entstanden, an dem sich Leute erstaufführen können. Menschen, die tolle Sachen machen, sich aber damit nicht in die Öffentlichkeit trauen, bis Robert sie mit dem ihm eigenen gesunden Nachdruck überzeugt, es zu probieren. Deshalb war Turbo Urban auch schon Anfang bemerkenswerter Street-Art-Laufbahnen, etwa von Möwe. Der hat im Alter von 14 Jahren erstmals mit den anderen ausgestellt und ist heute jemand, bei dem schnell ein Punkt am Bild hängt, weil es am 10. Juli den Besitzer wechselt. Dann endet die schrägste Ausstellung der Stadt.

Weiterführende Informationen

Die Turbo-Urban-Ausstellung wird am 11. Juni um 19 Uhr im Hotel Friends an der Worringer Straße 94-96 eröffnet. Schöne Möglichkeit vor oder nach der Street Art: Im Hotel hat vor wenigen Tagen die Grand-Pu-Bar eröffnet, die vorher an der Witzelstraße war.

Guggenheim in Oberbilk beim Impulse-Festival
So sieht die rund zehn Meter hohe Luftmatratzen-Version des Guggenheim-Museums an der Kölner Straße in Oberbilk aus. Foto: Andreas Endermann

Guggenheim in Oberbilk

Am anderen Ende der Kölner Straße gibt es ein zehn Meter hohes und viele ein Quadratmeter kleine Kunstwerke. Das Große: ein Luftschloss, das aussieht wie das Guggenheim-Museum in New York. Die österreichische Künstler:innen-Gruppe God’s Entertainment hat es mit Hilfe eines Architekten aus Luftmatratzen und Reißverschlüssen konstruieren lassen und sieht es als Sinnbild für die maximale Kommerzialisierung. Und als super Möglichkeit, mit den Menschen aus Oberbilk ins Gespräch zu kommen.

Der Aufbau des temporären Ausstellungsraums hat gut zwei Wochen gedauert, in der Zeit sind viele Leute an den Zaun gekommen und haben gefragt, was hier passiert. Ein Nachbar hat sogar erzählt, dass er alle paar Stunden Fotos vom aufgeblasenen Museum gemacht hat, weil es ihn so fasziniert.

Die kleinen Kunstwerke machen Oberbilk zu einem Teil der Ausstellung. Die Künstler:innen haben verschiedene Böden aus dem Stadtteil zusammengetragen, immer ein Quadratmeter, den sie zu den üblichen Quadratmeterpreisen des Viertels zum Verkauf anbieten. Deshalb heißt die Ausstellung „Preis/m2“. Damit sollen die Summen, die inzwischen üblich sind, greif- und sichtbar und zugleich der Wahnsinn des Kunstmarkts thematisiert werden. Gentrifizierung und Guggenheim – oder treffen sich zwei Brüder im Geiste.

Die Ausstellung stellt sich in gewisser Weise selbst infrage. Kultur bringt Menschen aus anderen Stadtteilen in ein Viertel und wertet es auf, zugleich steigen mittelfristig die Mieten und verdrängen bisherige Bewohner:innen. Die Brache, auf der das Luftmatratzen-Guggenheim steht, passt perfekt zu dieser Diskussion. Dort sollen bald Wohnungen gebaut werden, zum Teil bezahlbare, aber auch so genannte Micro-Apartments. Eine Skulptur im Museum greift dieses Problem auf. Es ist ein Tausendfüßler, der für eine lange Reihe wartender Wohnungssuchender steht.

God‘s Entertainment hat zudem einige schöne Nebenorte am vorübergehenden Museum geschaffen: eine Bar, einen Shop, in dem es Mitbringsel gibt, die live vor Ort geschaffen wurden und werden, und einen Container mit Diaprojektor-Memory. Die Künstler:innen zeigen historische und heutige Fotos von Oberbilk, die Besucher:innen versuchen, die gleichen Stellen zusammenzubringen. Insbesondere bei den schwierigen Pärchen-Suchen wird deutlich, wie sich der Stadtteil schon verändert hat.

Weiterführende Informationen

Das Guggenheim in Oberbilk steht bis zum 19. Juni an der Kölner Straße 313 und ist täglich von 12 bis 20 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. In der Nacht der Museen am 11. Juni gibt es eine lange Tafel und Musik am Guggenheim, das dann bis 2 Uhr geöffnet haben wird. Der 12. Juni ist als Familientag geplant, am 13. Juni gibt es eine Veranstaltung zum Immobilienunternehmen Adler-Group und am 15. Juni einen Abend des Runden Tischs Oberbilk.

Die Aktion ist Teil des Impulse-Festivals, das vom 9. bis 19. Juni in Köln, Mülheim und Düsseldorf stattfindet. Das Programm ist hier zu finden.


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