Gegen die Angst in der Röhre: Praxis ermöglicht Fernsehen im MRT

Für viele Patienten ist diese Untersuchung ein Alptraum. Ein Ärzteteam an der Kö hat daher eine einfache Ablenkung installiert: Über eine spezielle Brille und ein Spiegelsystem kann man während des Checks Filme, Sport oder Nachrichten schauen.
Veröffentlicht am 23. Februar 2023
MRT mit TV-Monitor
Die Düsseldorfer Radiologin Sophie Heüveldop an der MRT-Röhre mit TV-Programm. Foto: Andreas Endermann

Auch wer keine Platzangst hat, fürchtet diesen Moment im MRT: Auf dem Rücken liegend wird der Patient in die Röhre geschoben. Auf die Ohren prasselt ein klackerndes Geräusch, Kopf und MRT-Gerät trennen nur wenige Zentimeter. Ein Kopfhörer schafft zumindest ein bisschen Abhilfe und dämpft das unangenehme Geräusch.  

Manche halte das nicht aus und drücken auf den Notfallschalter, den sie stets in der Hand halten. Dann kann die Prozedur unterbrochen werden und man gleitet wieder raus aus dem vermeintlichen Angstraum. Wer das jemals erlebt hat, wird bestenfalls sagen, es sei unangenehm gewesen.

Weil sie das seit langem weiß, hat die Düsseldorfer Radiologin Sophie Heüveldop (34) der MVZ-Ortho-Praxis an der Kö sehr interessiert reagiert, als sie von einem Angebot der Firma Siemens hörte, Abhilfe zu schaffen. Siemens ist einer der Weltmarktführer für MRT-Technik – das Kürzel steht für Magnetresonanztomographie. Es ist ein Verfahren zur Erzeugung von detaillierten Schnittbildern des menschlichen Körpers in hoher Auflösung und hilft bei der Diagnose. Es eignet sich zur Darstellung von Weichteilgewebe im Körper wie zum Beispiel Gehirn, Rückenmark, Bänder (Gelenke) oder innere Organe. Im Unterschied zur Computertomographie (CT) basiert die MRT nicht auf der Verwendung von Röntgenstrahlung, sondern erfolgt mithilfe eines starken Magnetfelds.

Aber man weiß auch um die Ängste der Betroffenen in dieser engen Umgebung: 60 Prozent von ihnen empfinden es als bedrückend. Also erdachte man ein System, das im Grunde sehr simpel ist: Es lenkt die Menschen ab, die dort durchleuchtet werden. Und zwar, indem man eine Art Kino implantierte. Hinter der Röhre wird ein TV-Schirm installiert, den die Patienten – wenn sie wollen – die ganze Zeit sehen können. Den Ton liefern die Kopfhörer.

Medizinerin Heüveldop sah in der Idee eine Chance, der an sich harmlosen und vor allem schmerzfreien Untersuchung ihre Schrecken zu nehmen. Als ohnehin eine Neuanschaffung der MRT-Apparatur anstand, war ihr Wunsch klar: „Das müssen wir haben!“

Trotz anfänglicher Skepsis ihrer Kollegen („Spielerei!“) setzte die junge Ärztin sich durch, und das MRT mit dem ungewöhnlichen Gimmick wurde bestellt und installiert. Was übrigens einigen Aufwand erforderte. Für das tonnenschwere Teil musste die Außenfassade des Hauses demontiert und der Apparat mit großem Gerät in den Raum im oberen Stockwerk der Praxis geschafft werden. Die Technik wiegt immerhin 4,5 Tonnen und kommt nicht in Einzelteilen, sondern fast komplett montiert an. Auch die Frage der Statik des Bodens war zu klären.  

Nun steht das Gerät dort seit August 2022, macht dieses typische tackernde Geräusch des arbeitenden Magneten und sieht auf den ersten Blick so aus wie jede andere Maschine dieser Art. Die Röhre hat allerdings einen etwas größeren Durchmesser. Und am Ende steht dieser unübersehbare, große TV-Schirm.

Wer hineingeschoben wird, kann vorher entscheiden, was er oder sie sehen beziehungsweise hören möchte. Das Angebot ist breit: Tierdokus, Spielfilme, Nachrichten. Die Patienten finden das prima: Eine muslimische Frau ließ sich Suren aus dem Koran vorlesen, ein Fußballfan guckte ein Spiel der deutschen Fußballnationalmannschaft. Ihn schockte nicht der medizinische Prozess, sondern die Niederlage der Deutschen, denn er wurde ausgerechnet in dieser Sequenz zugeschaltet, als das entscheidende Tor fiel. Andere schauen Leoparden bei der Jagd oder Zebras beim Grasen zu, lassen sich spannend unterhalten oder gucken Teile der nächsten Folge ihrer Lieblingsserie. Heüveldop: „Wir können fast alles aufspielen, was bei den gängigen Anbietern zu haben ist.“

Längere Spielfilme sind allerdings nicht praktisch, denn die Verweildauer liegt in der Regel bei 15 bis 20 Minuten. Und die gehen mit dieser Form der Unterhaltung schnell rum.


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