Das Orakel von Unterbilk
Unsere Autorin erhält regelmäßig Nachrichten, in denen steht: "Falls du heute noch am Bücherorakel vorbeikommst, könntest du mal fragen ..." Damit ist der Bücherschrank am Friedensplätzchen gemeint, der Antworten liefert - mit erstaunlicher Zuverlässigkeit und bestätigenden Ausnahmen.

„Angst in Zuversicht verwandeln.“ Ich hatte für die Teilnahme an diesem Seminar eigentlich ein zu hübsches Sümmchen gezahlt, um mir zehn Minuten Verspätung leisten zu können. Statt die grauen Treppen im Fortbildungszentrum hinaufzuhasten, nahm ich also den Fahrstuhl. Etage 3, Raum 57. Oder? Ich stürmte hinein. Die Gruppe schaute irritiert. Ein Holzhocker wurde aus einem Hinterraum geschleppt und in den Stuhlkreis geschoben. Anscheinend erwartete mich dort niemand.
Die Dozentin im kiwigrünen Überwurf lächelte. Vor ihr hing eine Tafel. Darauf kratzte sie einen Kreidekreis, zerlegte ihn in zwölf gleich große Teile, in die sie Symbole malte. Erst als sie die Abschnitte beschriftete, dämmerte mir: Hier lief was anders als geplant. Da stand was von Sonne, von Aszendent, von Widder und Wassermann. Das war ein Tierkreis. „Wie heißt der Kurs noch gleich?“, flüsterte ich meiner Nachbarin zu. „Astrologie – Weg zur Heilung.“ Ich hatte mich sowas von im Raum geirrt.
Warum ich davon erzähle? Um klar zu machen, wie wenig ich mit Horoskopen und Hokuspokus am Hut hatte. Bis mich in der Pandemie…
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