Besonders Frauen mögen die True-Crime-Geschichten von “Kohle, Knast und Kaviar“

Woher kommt die Faszination an wahren Kriminalfällen? Wir erleben diese seit der ersten Folge unseres Podcasts, die wir im Februar 2022 aufgenommen haben. Ein wesentlicher Grund für diesen Boom ist der weibliche Teil des Publikums, der im Schnitt zwei Drittel der Zuhörenden ausmacht.
Von Hans Onkelbach (Text)
und Andreas Endermann (Foto)
Veröffentlicht am 2. Oktober 2025
Kohle, Knast & Kaviar Live im Kommödchen
Das Publikum bei einem unserer Live-Auftritte im Kommödchen: Wir stellen meist kuriose Kriminalfälle vor und dann gibt es eine Menge zu lachen.

Es gibt Momente im Leben, an die man sich lange erinnert. Bei VierNull war einer davon Anfang 2022, als aus der Idee „Wir könnten einen Podcast machen“ der konkrete Plan wurde, True Crime als Thema zu nehmen. Hintergrund: Ich habe über viele Jahre als Polizei- und Gerichtsreporter der „Rheinischen Post“ gearbeitet und diesen Themenbereich auch in späteren Zeiten weiter bespielt. So war ich beispielsweise in Hamburg, um über die Entführung von Jan-Philipp Reemtsma zu berichten.

Für die Kollegen lag es also nahe, daraus einen Podcast zu entwickeln. Für mich nicht. Weil ich diese Dinge durch meine Arbeit als alltäglich empfunden habe, war ich zu gefangen in dem Eindruck „Wen interessiert das noch?“.

Das Grauen auf dem Sofa
Eine Fehleinschätzung, wie ich inzwischen weiß – und nun in der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) las. In der Ausgabe vom 30. September fand ich unter der Überschrift „Auf dem Sofa dem Grauen lauschen“ eine Beschreibung dessen, was wir im Team seit Februar 2022 mehrmals im Monat erleben: die Faszination an Krimi-Geschichten, die ich allein oder im Dialog mit meinem Kollegen Christian Herrendorf erzähle.

Auch unseren Eindruck, vor allem Frauen sind diesem Medium verfallen, bestätigt die NZZ. Dort wird eine von „Seven One Audio“ veröffentlichte Studie zitiert, bei der man 4000 Frauen und Männer befragte. Ergebnis: Über 90 Prozent des Publikums sind laut der Umfrage weiblich, mehr als die Hälfte aller Hörerinnen und Hörer zwischen 20 und 29 Jahren alt. Konsumenten eines Alters also, an die die meisten klassischen Medien kaum herankommen.

Und was triggert vor allem die Frauen? Die Populärkultur-Forscherin Christine Lötscher von der Uni Zürich formuliert es so: „Frauen interessieren sich für Psychologie und für gesellschaftliche Strukturen. Die Podcasts bieten ihnen einen Raum, sich mit den Abgründen der Menschen zu beschäftigen.“ Dass vor allem junge Menschen gelockt werden, sei auf die „Social-Media-Logik“ zurückzuführen, nach denen sie erzählt werden.

Dass oft erschütternde, brutale Taten im Mittelpunkt stehen, schreckt keineswegs ab. „Mord stellt eine radikale Störung der gesellschaftlichen Ordnung dar. Die Faszination solcher Taten erwächst aus der Auseinandersetzung damit, was einen Menschen antreibt, eine derartige Grenze zu überschreiten“, sagt Forscherin Christine Lötscher.

Was die Schweizer ein bisschen trocken beschreiben, kann ich bestätigen. Aus unserem Podcast hat sich im Sommer 2022 eine Stadtführung entwickelt, bei der ich regelmäßig mit 20 bis 25 Personen durch die Innenstadt gehe und an sechs Orten damit verbundene Verbrechen schildere. Die weitaus meisten Teilnehmenden sind weiblich, nicht selten hatte ich Gruppen ohne einen einzigen Mann. Auffallend ist zudem die Altersstruktur: Vom 16-jährigen Mädchen bis zu Großmüttern um die 80 waren schon alle Altersgruppen dabei.

Da ich bisweilen die Inhalte variiere, kenne ich auch die Vorlieben der Teilnehmerinnen. Die Antwort auf die Frage, ob ich über einen kuriosen Betrug (Schaden: über 30 Millionen D-Mark) sprechen soll oder den Mord mit einer Armbrust, habe ich noch im Ohr: „Ein bisschen mehr Mord und Totschlag fände ich schön“, sagte eine jungen Frau, die dabei war. Also wurde es der Mord per Armbrust.

Apropos: Entwickeln sich die Verbrechen aus Beziehungen (was ja oft der Fall ist), stößt das auf besonders großes Interesse. Schildern wir, wie in den 1970er Jahren eine Frau mit ihrem Liebhaber vor Gericht stand, weil er versucht hatte, den Gatten umzubringen (übrigens erfolglos), begeistert sich besonders der weibliche Teil des Publikums. Und das, obwohl sie Details einer eigentlich gar nicht witzigen Story hören, immerhin geht es um versuchten Mord.

Carsten Jekel, mit dessen Agentur Castcrew wir unseren Podcast produzieren, bestätigt den Trend. Der Anteil von Frauen bei den Zuhörern liegt bei rund zwei Dritteln, sie tragen auch maßgeblich zum Wachstum des Genres bei, sagt er.

Schon neun Mal in ausverkauften Hallen präsentiert
True Crime funktioniert auch auf der Bühne. Wir sind im Februar 2023 erstmals in der großen Halle des Zakk vor mehr als 320 Zuschauern aufgetreten. Dort haben wir den Fall des Düsseldorfer Serienmörders Peter Kürten erzählt und zugleich live aufgenommen. Das Publikum war sowohl von der Geschichte als auch dem Erlebnis fasziniert, Teil der Aufnahme zu sein.
Danach waren wir noch zwei Mal im Zakk und haben zudem im Kommödchen sechs Mal vor ausverkauftem Haus verschiedene Fälle präsentiert.

2025 werden wir noch zweimal dort sein: am 3. November mit „Die Mumie von der Kö“ und am 8. Dezember mit „Die Aldi-Entführung. Karten gibt es auf www.kommoedchen.de.

Kohle, Knast & Kaviar Live im Zakk
In der Halle des Zakk präsentierten wir den Fall des Serienmörders Peter Kürten und nahmen die Folge zugleich live auf.

Weiterführende Links

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