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Bami-Nudeln, Chlor und Sonnencreme: eine Düsseldorfer Freibadjugend

Von „Pommes-Automat“ bis „Affenberg“: Die Bäder in Benrath, Lörick, Flingern und am Rheinstadion haben Generationen geprägt – ohne Mobiltelefon und Social Media. Erinnerungen an die „Generation Liegetreppe“.

Veröffentlicht am 6. Juni 2023
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Das Freibad am Rheinstadion im Jahr 1998, einige Monate bevor es abgerissen wurde. Rechts: die legendären Liegetreppen. Foto: Volker Marschall

Letztens ist mein bester Freund P. bei Instagram oder Facebook über ein Achtziger-Jahre-Foto des alten Freibads am Rheinstadion gestolpert, und seitdem liegt er mir wieder mal mit einem Themenvorschlag in den Ohren: Ich soll aufschreiben, wie das gewesen ist – damals, als wir dort Stammgäste waren.

„Jetzt, zu Beginn der Freibad-Saison, passt es wie das Chlor aufs Auge“, sagt er ironisch.

„Ich hab‘ aber gerade keine Lust auf Nostalgie-Themen“, sage ich. „Nostalgie kann auch nerven!“

„Ach komm, irgendwann muss das doch irgendwer aufschreiben.“

„Damit alle wissen, wie du eitler Vogel dich damals in Szene gesetzt hast auf den Treppen.“

„Du nicht?“

„Nicht so wie du.“

Ob ich will oder nicht: Sofort bin ich in Gedanken vor Ort, unternehme eine Zeitreise. Es ist Sommer. 1990 oder 1991. Nach dem Abi, vor dem Studium. Zivildienst, Bundeswehrzeit, Findungsphase. So in der Art.  Mein bester Freund P. und ich verbringen die Samstag- und Sonntagnachmittage auf den Treppen. Jene fast schon berühmten „Liegetreppen“, die zu dem fast schon berühmten Metallzaun führen, der das Freibad vom Rheinstadion trennt. Panoramablick auf Sprung- und Hauptschwimmbecken. Viereinhalb Meter ist es tief. Das muss es auch sein, denn es gibt nicht nur einen Dreier, einen Fünfer und einen Siebeneinhalber, sondern auch einen Zehner. Wer sich traut, dem sind Zuschauerinnen und Zuschauer garantiert. Wobei: Die meisten schauen gar nicht oder nur mit halbem Auge hin, oder sie tun zumindest so. Manche nennen diesen terrassenförmigen Teil des Freibads „Affenberg“ oder „Affenfelsen“. Mission: sich auffällig-unauffällig präsentieren, sehen und gesehen werden. Die Treppen, die breit genug sind, um auf ihnen ein Handtuch auszubreiten, sind eine Tribüne, eine „Außenstelle“ des Nachtlebens, mit einer überdachten Bademeisterkabine in der Mitte. Wann die Coolness-Olympiade begonnen hat und wie es dazu gekommen ist? Wissen wir nicht, interessiert uns auch nicht. Also: eine Runde schwimmen, danach mit Lichtschutzfaktor 2 bis 10 (mehr nutzte man damals nicht) eincremen, sonnenbebrillt das Wetter genießen, im Prinz oder im Überblick blättern und braun werden.

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Freibad am Rheinstadion Mitte der 1980er: Blick auf Sprungturm und Schwimmbecken, im Hintergrund die Messehallen. Foto: Hans Lachmann, Archiv der eKiR.

Viele der Treppengäste sind Freitag- oder Samstagnacht unterwegs gewesen, haben in der Bhaggy Disco, im Checker’s oder in den Lokalen und Clubs der Altstadt gefeiert. Und nun, am Tag danach: ausgeschlafen, schnelles Frühstück eingenommen und dann ab Richtung Rheinstadion – mit dem von den Eltern geliehenen Auto, mit dem Fahrrad oder mit der U78. Auf den Liegetreppen und davor steigt die inoffizielle „After Hour“ beziehungsweise „Pre-Party“ – ohne DJ, dafür mit dem typischen Freibadsound: Jugendliche, die kreischend von den Startblöcken ins Wasser springen, Gesprächsfetzen, Wasser- und Planschgeräusche, Bademeisteransagen. Denn natürlich sind die Leute aus dem Nachtleben hier nicht allein. Sie haben lediglich einen Teil des Areals für sich „okkupiert“ – umgeben von bunt gemischtem Publikum. Alles dabei von „Familie mit Kleinkindern“ bis „fittes Seniorenschwimmerpaar“, verteilt auf dem riesigen Gelände zwischen Stadion und Messehallen.

Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.

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