Werteunion NRW: Pantel und Osinski mischen vorne mit

Als Sylvia Pantel (63) vor wenigen Wochen ankündigte, aus der CDU auszutreten und künftig in der neuen Partei ihres Vertrauten Hans-Georg Maaßen Politik machen zu wollen, hat niemand damit gerechnet, dass sie dort künftig im zweiten oder dritten Glied arbeiten will. Das hat sich nun bestätigt: Auf dem Parteitag in Siegen, auf dem sich ein Landesverband NRW der Werteunion gründete, wurde sie zur Vorsitzenden gewählt. Der Verband hat 184 Mitglieder.
Pantel war schon zur ihren CDU-Zeiten eine gedankliche Nähe zur AfD unterstellt worden, wozu sie durch verschiedene Äußerungen beitrug. Sie bestritt das immer, aber diese Zurückhaltung ist nun vorbei. Auf Tageschau.de wird sie nach ihrer Wahl zur Werteunion-Vorsitzenden NRW so zitiert: „Ich stehe für eine Zusammenarbeit mit allen vernünftigen Leuten zur Verfügung. Und das heißt auch mit Kräften aus der AfD.“
Dass nun auch Wolfgang Osinski (75) zu der Gruppe stößt, dürfte in der Düsseldorfer Polit-Szene allerdings überraschen. Nicht, weil er in seinen Einstellungen nicht passen würde, sondern eher, weil der als Kommunikations-Experte bezeichnete Mann bisher nicht so exponiert in Erscheinung getreten ist. Wie Pantel wurde ihm immer wieder AfD-Nähe unterstellt, und wie bei ihr waren seine Bemühungen, politisch Einfluss zu nehmen, am Ende nie wirklich erfolgreich.
Osinski ist ursprünglich Journalist. In diesem Beruf war er durchaus umtriebig und baute sich in Laufe der Zeit ein Netzwerk zu verschiedenen Medien auf. Er war über die Jahre bei der „NRZ“, beim Magazin „Quick“, arbeitete für die „Bild“ in NRW und Hamburg, dann als Kolumnist für die „Abendzeitung“ und war schließlich Chefreporter bei der „Bunten“. Unter seinen früheren Arbeit- und Auftraggebern liegt ihm einer besonders am Herzen: Bis heute betont er seine hohe Meinung von der „Bild“-Zeitung. Sie findet stets seinen Zuspruch, selbst bei den dort oft präsentierten latent ausländerfeindlichen Berichten. Zu Bekanntheit brachte er es in Düsseldorf vor allem in den Jahren zwischen 1988 und 1999. Damals war er Sprecher der LTU.
In einer Zeit, in der kein Mensch das Wort Compliance kannte, schuf Osinski geschickt enge Kontakte zu Journalisten, in dem er ihnen verbilligte Tickets zukommen ließ oder – in der Branche damals üblich – gemeinsam mit Reiseveranstaltern zu Trips an unterschiedliche Ziele einlud. *
Bei der LTU lernte er Hans-Joachim Driessen kennen – von 1992 bis 1999 Chef der Firma. Die beiden kamen gut miteinander klar, und die Beziehung sollte sich später als nützlich erweisen. Driessens Ausstieg beim Ferienflieger war seinerzeit von großem Getöse begleitet. Man warf ihm vor, allzu großzügig mit Tickets und anderen Vergünstigungen gegenüber Wirtschaftsgrößen und Politikern umgegangen zu sein. Dass mit ihm auch sein Sprecher Osinski gehen musste, war kein Zufall.
In der Zeit danach versuchte sich Osinski beim Fernsehsender RTL, hatte dort aber keinen Erfolg. Daher machte er sich schließlich als PR-Berater selbständig, die Firma Osicom entstand. Für die erwies sich der Draht zu Driessen (heute 77) als hilfreich. Denn der war kurze Zeit nach seinem LTU-Ende an die Spitze der Klüh-Gruppe gekommen und ließ seinen alten Kollegen nicht im Stich. Daher konnte Osinski über Jahre als Sprecher von Klüh sein Geld verdienen, und machte das offenbar zur Zufriedenheit der Unternehmensleitung. Da er entsprechende Kontakte hatte und wusste, wie Medien funktionierten, sorgte er für ausreichend Präsenz der Firma. Zugleich betreute er andere Kunden, zuletzt präsentierte er sich als Sprecher des Wirtschaftsclubs Düsseldorf in den Schadow Arkaden.
Parallel dazu begann Osinski, sich politisch zu äußern. Schnell erkannte er die Nützlichkeit digitaler Medien, bespielte vor allem Facebook für das Verbreiten seiner Meinung. Zudem versuchte er sich an einem Düsseldorf-Blog, ohne jedoch wirklich breite Aufmerksamkeit oder gar Einfluss zu schaffen. So entstand das Bild eines stark an den äußersten Rand abgedrifteten Menschen.
Beim Entstehen der AfD sah er die Chance, sein offen demonstriertes Gedankengut in eine Partei einzubringen, und wurde 2013 Mitglied. Das waren allerdings Zeiten, in denen diese Partei noch als Anti-Euro-Gruppe und nicht – wie heute – als rechtsextrem auftrat. Als 2015 einige der anfänglich Aktiven angesichts der extremen Tendenzen austraten, blieb auch Osinski (zuletzt sogar Beisitzer der AfD-Gruppe im Rat) nicht und trat aus.
Das jedoch auch angesichts der Erkenntnis, dass seine öffentlichen Posts womöglich schlecht fürs PR-Geschäft sein würden. Ihm muss in dieser Zeit klar geworden sein, wie wenig potenzielle Kunden es schätzen, ihre Kommunikation einer Person anzuvertrauen, deren politische Einstellung in eine extreme Richtung tendiert. Wobei Osinski nie offen rechtsradikale Positionen vertrat, aber immer wieder entsprechende Äußerungen anderer teilte, somit also weiterverbreitete – egal, ob es um Ausländer- und Islamfeindlichkeit ging, gegen Grüne, Sozialdemokraten oder andere Positionen des bürgerlich-liberalen Spektrums der Mitte. Von der AfD sagt er heute, die Partei sei für ihn unwählbar. Eine Menge Menschen, die ihn seit Jahren kennen und erleben, werden das nicht glauben.

Seinen Schritt zur Werteunion begründet er so: „Die Werteunion steht in erster Linie für Freiheit und Meinungsfreiheit, aber auch für eine den Interessen des Landes dienende zielgerichtete Einwanderungspolitik und somit auch für ein Ende der unkontrollierten Migration. Sie tritt ein für deutlich weniger Staat, für Leistung und eine Steuerpolitik, die auch „Otto Normalverbraucher“ ein Auskommen sichert. Kurz: Die WU will eine Politik der Vernunft. Bevormundung, wie sie seitens der Grünen betrieben wird, lehnen wir ab. Die Regierung hat sich aus dem Leben der Menschen, die für sie der Souverän sind, herauszuhalten.“
Da die Düsseldorfer Ärztin Dagmar Anheyer zur Stellvertreterin Pantels gewählt wurde, stehen nun drei Personen aus Düsseldorf an der Spitze der NRW-Werteunion.
*Persönliche Anmerkung: Da ich von 1995 bis 2000 das Wochenend-Magazin der Rheinischen Post und die darin enthaltenen Touristikseiten verantwortet habe, kenne ich diese Usancen aus eigener Erfahrung. In dieser Zeit waren Presse-Rabatte nicht nur für Flugtickets üblich, sondern auch bei sehr vielen anderen Firmen. Alle Automobilfirmen beispielsweise gaben Journalisten einen Rabatt von 15 Prozent.
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