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Über 100.000 Euro als Ratsmitglied verdient

Kommunalpolitiker:innen bekommen verschiedene Zahlungen für ihre Arbeit. Bei den meisten sind es kleinere Beträge. Einzelne kommen allerdings auf hohe fünfstellige Summen im Jahr oder sogar noch mehr.

Veröffentlicht am 8. Mai 2024
Rolf Tups und Andreas Hartnigk
Rolf Tups (links) und Andreas Hartnigk (beide CDU) erhalten mindestens 46.000 beziehungsweise 105.000 Euro für ihre politische Arbeit.

Es geht um öffentliches Geld und da könnte man annehmen, dass auch öffentlich sichtbar ist, wer wie viel davon bekommt. Das ist bei den Zahlungen an Mitglieder des Stadtrats aber nicht der Fall. Sie werden für ihre Arbeit auf verschiedene Weisen entschädigt und vergütet, aber nirgendwo steht die Gesamtsumme. Vielmehr muss man aus der Gemeindeordnung und Tabellen, Jahresabschlüssen von städtischen Unternehmen sowie durch viele Anfragen die einzelnen Beträge ermitteln.

Ich habe das in den vergangenen Wochen gemacht. Mir geht es nicht darum, eine Die-da-oben-machen-sich-die-Taschen-voll-Debatte auszulösen. Ich möchte einfach nur, dass die Zahlen öffentlich sind und alle sich ein Bild machen können. Jede Leserin und jeder Leser wird das unterschiedlich bewerten. Die einen werden anschließend mehr Respekt vor den Ratsmitgliedern haben, weil diese für kleinere Beträge eine Menge Zeit und Kraft für diese Stadt investieren und umgerechnet unter Mindestlohn arbeiten. Andere werden sich die Frage stellen, warum manche Kommunalpolitiker ihre Arbeit als Ehrenamt bezeichnen.

Welche Zahlungen erhalten die Mitglieder des Stadtrats?

Geld kommt aus bis zu vier Quellen:

  1. Pauschale Entschädigung für Ratsmitgliedschaft und Führungsaufgaben
  2. Sitzungsgeld
  3. Bezüge für Arbeit in Aufsichtsräten städtischer Unternehmen
  4. Verdienstausfall/Kinderbetreuungskosten

Die Beträge müssen versteuert werden.

Wie hoch sind die pauschalen Entschädigungen?

Jedes Mitglied des Stadtrats bekommt 530,40 Euro pro Monat. Hinzu kommen weitere monatliche Beträge für Führungsaufgaben:

  • 1927,80 Euro für den Ersten Bürgermeister (Josef Hinkel)
  • 963,90 Euro für die zweite und dritte Bürgermeisterin (Clara Gerlach, Klaudia Zepuntke)
  • 1927,80 Euro für Vorsitzende von Fraktionen mit mindestens acht Mitgliedern (CDU, Grüne, SPD und FDP)
  • 1285,20 Euro für Vorsitzende kleiner Fraktionen (Linke, AfD, Partei/Klima)
  • 963,90 Euro für stellvertretende Vorsitzende von Fraktionen mit mindestens acht Mitgliedern
  • 642,60 Euro für Ausschussvorsitzende

Die Grünen und die SPD haben jeweils zwei Fraktionsvorsitzende und dafür eine eigene Regelung gefunden: Die Summe für den Vorsitz und eine Stellvertretung werden addiert und dann durch zwei geteilt.

Welches Sitzungsgeld kommt zu den Pauschalen hinzu?

25,50 Euro für jede Gremiensitzung, an der die Ratsmitglieder teilnehmen. Damit sind der Stadtrat, seine Ausschüsse und die damit verbundenen Vorbesprechungen gemeint, außerdem Sitzungen der Fraktion, von Teilen und Arbeitsgruppen der Fraktion sowie interfraktionelle Runden. Ratsmitglieder bekommen für bis zu vier Sitzungen pro Tag Geld.

Ich habe bei der Stadt angefragt, wie hoch die Beträge bei den Politiker:innen waren. Ich erhielt lediglich Gesamtsumme pro Fraktion. Das ist insofern verwunderlich, als es zu jeder Sitzung Unterschriftenlisten der Anwesenden gibt, die im Rathaus händisch erfasst werden. Anschließend erhalten die Ratsmitglieder eine monatliche Aufstellung zu ihren Sitzungsgeldern. Dennoch wollte man diese Summen nicht bekanntgeben.

Für die Fraktionen gibt es eine Höchstzahl der Sitzungen, die jedes Mitglied abrechnen kann. Sie ergibt sich aus der Größe der Fraktionen:

CDU = maximal 180 Sitzungen = maximal 4590 Euro je Mitglied
Grüne = maximal 164 Sitzungen = maximal 4182 Euro             
SPD = maximal 152 Sitzungen = maximal 3876 Euro
FDP = maximal 136 Sitzungen = maximal 3468 Euro
Linke = maximal 128 Sitzungen = maximal 3264 Euro
Partei/Klima = maximal 126 Sitzungen = maximal 3213 Euro
AfD = maximal 126 Sitzungen = maximal 3213 Euro

Was bekommen die Mitglieder in Aufsichtsräten städtischer Unternehmen?

Die städtischen Töchter und ähnliche Unternehmen legen einen Jahresabschluss vor. Darin steht, wer Mitglied des Aufsichtsrats ist und welche Vergütung oder Entschädigung diese Personen erhalten haben. Die Beträge habe ich aus den verschiedenen Jahresabschlüssen für das Jahr 2022 zusammengestellt.

So handeln allerdings nicht alle Unternehmen. Der Flughafen zum Beispiel, der zur Hälfte einem privaten Eigentümer gehört, oder die Stadtwerke, bei denen der Energieversorger EnBW die Mehrheit hat, geben nur Gesamtsummen an. Ich habe nach den einzelnen Beträgen gefragt. Beide Unternehmen haben die Angabe aber verweigert.

Bei den Zahlungen, die ich finden konnte, schwanken deren Höhen stark. Es gibt Töchter mit hohen Vergütungen, zum Beispiel die Stadtsparkasse, die Rheinbahn, die Messe und der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR).

Daneben gibt es Unternehmen, die den Aufsichtsräten eine kleine Aufwandsentschädigung oder Sitzungsgelder zahlen, das sind zwischen 100 und 500 Euro pro Jahr. Dazu zählen die Holding der Stadt, die IPM, die Bädergesellschaft, D.Live und Düsseldorf Congress.

In vielen Töchtern und Institutionen arbeiten Ratsmitglieder im Aufsichtsrat ohne Vergütung oder Entschädigung.

Wann kann man Verdienstausfall geltend machen?

Die meisten Gremien tagen nachmittags oder am frühen Abend. Für die Mitglieder bedeutet das vielfach, dass sie in dieser Zeit nicht arbeiten können. Entgeht ihnen dadurch ein Verdienst, können sie sich diesen von der Stadt erstatten lassen. Im Grundsatz gilt: Der Verdienstausfall muss tatsächlich entstanden sein und nachgewiesen werden. Es wird pro Stunde erstattet, mindestens elf, maximal 84 Euro.

In der Praxis hat dies unterschiedliche Folgen:

  1. Angestellte werden für ihre politische Arbeit freigestellt. Der Arbeitgeber kann dies vom Lohn abziehen oder den Ausfall direkt von der Stadt zurückfordern oder mit der/dem Angestellten vereinbaren, die Stunden zu einer anderen Zeit nachzuarbeiten. Variante 2 und 3 sind die gängigen.
  2. Selbstständige können den Verdienstausfall direkt geltend machen. Eine Liste der Personen hat die Stadt mir auf Anfrage nicht mitgeteilt. Sie nennt für das Jahr 2023 ausschließlich Gesamtsummen nach Fraktionen:

CDU: 85.560,89 Euro
SPD: 38.333,59 Euro
Grüne: 14.397,28 Euro              
FDP: 25.696,93 Euro   
Linke: 5.942,43 Euro
Tierschutz/Freie Wähler: 3.850,73 Euro
Partei/Klima: 136,55 Euro
AfD: 258,50 Euro

Ich habe 15 Ratsmitglieder angeschrieben und gefragt, ob sie Verdienstausfall geltend gemacht haben und in welcher Höhe. 13 der Politiker:innen haben geantwortet, darunter waren vier, die oder deren Arbeitgeber Verdienstausfall geltend machen.

Wer kann noch Entschädigungen beantragen?

Für Verdienstausfall kommen auch die Ratsmitglieder in Betracht, die einen Haushalt führen, in dem mindestens drei Personen leben oder zwei Personen, wenn davon eine unter 14 oder pflegebedürftig ist. Die Entschädigung beträgt elf Euro pro Stunde.

Außerdem werden Kosten für nachgewiesene Kinderbetreuung erstattet. Dies haben nach städtischen Angaben 2023 vier Mitglieder des Rats in Anspruch genommen.

Welche Summen ergeben sich aus alledem?

Die Spanne ist groß. Sie beginnt bei Mitgliedern, die die Grundpauschale sowie Geld für einige Sitzungen erhalten, keinen Verdienstausfall geltend machen und keine Bezüge aus Aufsichtsräten erhalten. Daraus ergeben sich dann weniger oder gerade eben 1000 Euro pro Monat.

Politiker:innen mit Führungsaufgaben und/oder gut bezahlten Aufsichtsratsmandaten kommen in der Regel auf 2000 bis 3000 Euro pro Monat. In einigen Fällen ist der Betrag noch höher.

Was müssen die Politiker:innen abgeben?

Das hängt von den Parteien ab: Ratsmitglieder der CDU und der FDP müssen von ihren Bezügen nichts an die Partei überweisen. Bei der SPD sind es 30 Prozent der Summe, bei der Linken 50 und bei den Grünen 50 bis 60 Prozent. Was die Politiker:innen freiwillig an ihre Partei spenden oder in Wahlkämpfen für diese einsetzen, ist von diesen Regelungen unberührt.

Wer sind die „Spitzenverdiener“ unter den Ratsmitgliedern (2022)?

Andreas Hartnigk (CDU), mindestens 105.697,06 Euro
80.054,26 Euro aus Aufsichtsräten (Sparkasse, Rheinbahn, Messe, IPM, VRR, Holding)
6364,80 Euro pauschale Entschädigung
11.566,80 Euro als stellvertretender Fraktionsvorsitzender
7711,20 Euro als Vorsitzender des Bauausschusses
Keine Angaben zu Verdienstausfall
Hinzu kommt Sitzungsgeld (bis zu 4590 Euro).

Markus Raub (SPD), mindestens 61.674,81 Euro
37.959,81 Euro aus Aufsichtsräten (Sparkasse)
6364,80 Euro pauschale Entschädigung
17.350,60 Euro als Co-Fraktionsvorsitzender
Markus Raub macht Verdienstausfall geltend, möchte die Höhe aber nicht öffentlich nennen.
Hinzu kommt Sitzungsgeld (bis zu 3876 Euro).

Norbert Czerwinski (Grüne), mindestens 48.311,20 Euro
16.885 Euro aus Aufsichtsräten (Rheinbahn, VRR)
6364,80 Euro pauschale Entschädigung
17.350,20 Euro als Co-Fraktionsvorsitzender
7711,20 Euro als Vorsitzender des Ordnungs- und Verkehrsausschusses
Der Arbeitgeber von Norbert Czerwinski macht Verdienstausfall geltend.
Hinzu kommt Sitzungsgeld (bis zu 4182 Euro).

Rolf Tups (CDU), mindestens 46.335,80 Euro
8759 Euro aus Aufsichtsräten (Rheinbahn, Flughafen, Holding)
6364,80 Euro pauschale Entschädigung
23.133,60 Euro als Fraktionsvorsitzender
8078,40 Euro als Bezirksbürgermeister
Macht nach eigenen Angaben keinen Verdienstausfall geltend.
Hinzu kommt Sitzungsgeld (bis zu 4590 Euro).

Angelika Penack-Bielor (CDU), mindestens 44.260,86 Euro
26.329,26 Euro aus Aufsichtsräten (Sparkasse, Messe)
6364,80 Euro pauschale Entschädigung
11.566,80 Euro als stellvertretende Fraktionsvorsitzende
Rechnet nach eigenen Angaben keinen Verdienstausfall ab.
Hinzu kommt Sitzungsgeld (bis zu 4590 Euro).

Manfred Neuenhaus (FDP), mindestens 40.968,60 Euro
3759 Euro aus Aufsichtsräten (Rheinbahn. Holding)
6364,80 Euro pauschale Entschädigung
23.133,60 Euro als Fraktionsvorsitzender
7711,20 Euro als Vorsitzender des Kulturausschusses
Rechnet nach eigenen Angaben keinen Verdienstausfall ab.
Hinzu kommt Sitzungsgeld (bis zu 3468 Euro).

Angela Hebeler (Grüne), mindestens 39.901,20 Euro
8475 Euro aus Aufsichtsräten (Stadtwerke, Flughafen, D.Live, Holding) – die Angaben zu Stadtwerken und Flughafen sind ungenau, weil es Mindestangaben sind.
6364,80 Euro pauschale Entschädigung
17.350,20 Euro als Co-Fraktionsvorsitzende
7711,20 Euro als Vorsitzende des Ausschusses für Gleichstellung
Der Arbeitgeber von Angela Hebeler macht Verdienstausfall geltend.
Hinzu kommt Sitzungsgeld (bis zu 4182 Euro).

Peter Rasp (SPD), mindestens 30.594 Euro
16.518 Euro aus Aufsichtsräten (Sparkasse, Holding, Düsseldorf Congress)
6364,80 Euro pauschale Entschädigung
7711,20 Euro als Vorsitzender des Digitalisierungsausschusses
Rechnet nach eigenen Angaben keinen Verdienstausfall ab.
Hinzu kommt Sitzungsgeld (bis zu 3876 Euro).

Josef Hinkel (CDU), mindestens 29.498,40 Euro
6364,80 Euro pauschale Entschädigung
23.133,60 Euro als Erster Bürgermeister
Keine Bezüge aus Aufsichtsräten
Rechnet nach eigenen Angaben keinen Verdienstausfall ab.
Hinzu kommt Sitzungsgeld (bis zu 4590 Euro).

Mirko Rohloff (FDP), mindestens 29.497,60 Euro
11.566 Euro aus Aufsichtsräten (Sparkasse, Messe, IDR, IPM, VRR)
6364,80 Euro pauschale Entschädigung
11.566,80 Euro als stellvertretender Fraktionsvorsitzender
Keine Angaben zu Verdienstausfall.
Hinzu kommt Sitzungsgeld (bis zu 3468 Euro).

Fazit
Ich werde mir diese Arbeit nächstes Jahr auch wieder machen, aber es gäbe eine einfachere Lösung. Alle Ratsmitglieder machen inzwischen Angaben, welche Posten sie inne haben und wo sie Mitglied sind. Die Liste ist hier zu finden und könnte um die Einkünfte aus politischer Arbeit ergänzt werden.


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