Reichlich Optimismus im Haushalt der Stadt
Der städtische Etat ist lange Zeit nur ein Entwurf, der Stadtrat macht daraus heute Abend oder morgen einen konkreten Plan. Wenn die Mehrheit den Haushalt beschlossen hat, steht fest, wofür Düsseldorf 2022 Geld ausgeben und investieren möchte – und woher dieses Geld kommen soll. Die direkten Corona-Kosten darf die Stadt in einem gesonderten Haushalt bis 2025 isolieren, aber auch die indirekten Finanzfolgen der Pandemie sind deutlich. Deshalb lohnt es sich zu schauen, wie Verwaltung und Politik rechnen. Sie müssen am Ende so viel Geld einnehmen, wie sie ausgeben. Die folgenden Beispiele zeigen, dass Optimismus dabei eine enorme Rolle spielt.
Deutliches Plus bei den Steuern
Der größte Posten bei den Einnahmen ist die Gewerbesteuer. An ihr lassen sich die Hoffnungen für 2022 gut ablesen. Ursprünglich hatte die Stadt damit gerechnet, im laufenden Jahre aus der Gewerbesteuer rund 778 Millionen Euro einzunehmen. Die bisherigen, angekündigten und zu erwartenden Zahlungen haben diesen Wert deutlich nach oben korrigiert. Er liegt laut Stadt jetzt bei 915 Millionen Euro.
Diese 915 Millionen Euro bilden die Basis für die Berechnung des nächsten Jahres. Das Bundesfinanzministerium geht in seiner Steuerschätzung für 2022 von einem Plus von 2,5 Prozent aus. Düsseldorf addiert dazu nochmal einen Erfahrungswert von weiteren 1,6 Prozent. Das macht 4,1 Prozent Plus und bedeutet bei einem Ausgangswert von 915 Millionen Euro dann 955 Millionen Euro im nächsten Jahr.
Mehr Geld durch Grundstücksverkäufe (Seite 238 im Haushaltsplanentwurf)
Bei den Erträgen im Kapitel „Immobilienhandel“ steht eine Nahezu-Verdopplung innerhalb eines Jahres: Für 2021 rechnet die Stadt mit Einnahmen von rund 29,7 Millionen Euro, 2022 sollen es 56,8 Millionen Euro sein. Grundlage dafür seien angestrebte Projekte und laufende Verfahren.
Auf meine Anfrage erläutert die Stadt, dieses zusätzliche Geld solle „durch Grundstücksverkäufe erzielt werden“. Aussagen zu „konkreten bevorstehenden Einnahmen aus Grundstücksverkäufen oder Erbbaurechten“ könne man leider nicht machen. Die Stadt werde aber mit ihren Ausschreibungen keine Bodenspekulationen befeuern und auf Höchstpreise verzichten.
Diese Rechnung ist in zweierlei Hinsicht erstaunlich:
- Die Ratsmehrheit von CDU und Grünen hat erklärt, kein „Tafelsilber“ verkaufen zu wollen. Grundstücke im Wert von 56,8 Millionen Euro könnte man angesichts der überschaubaren Fläche von Düsseldorf aber sehr wohl als Tafelsilber betrachten.
- Das erhoffte Plus von rund 27 Millionen Euro ist ein großer Brocken in der Kalkulation. Sollten sich die Hoffnungen nicht erfüllen, muss die Stadt ordentlich nachschießen – aus ihrer Rücklage oder durch neue Kredite.
Ordnungsamt soll mehr einnehmen (Seite 855 und 861)
Bei der Verkehrsüberwachung und den „Leistungsentgelten für öffentlich-rechtliche Gewerbeangelegenheiten“ tauchen gleich zwei Millionen-Hoffnungen auf: Erstere soll 2,9 Millionen Euro mehr einnehmen, letztere weitere 2,1 Millionen Euro.
Die Grundlage für mehr Einnahmen aus Knöllchen hat das Bundesverkehrsministerium durch einen neuen Katalog mit höheren Buß- und Verwarngeldern geschaffen. Diese schärferen Sanktionen sollen zu steigenden Einnahmen führen. Meine Frage, ob es auch einen Zusammenhang mit den neu eingestellten Mitarbeiter:innen des Ordnungs- und Servicedienstes (OSD) gibt, verneinte die Stadt. Die neuen Mitarbeiter:innen seien „vorrangig nicht mit der Verkehrsüberwachung befasst“.
Gängigstes und wichtigstes Beispiel bei den „Leistungsentgelten für öffentlich-rechtliche Gewerbeangelegenheiten“ sind Gebühren, die Gastronomen für ihre Terrassen bezahlen. Diese Gebühren hatte die Stadt ihnen in den Corona-Jahren erlassen. Nun soll es zurück zum Niveau von 2019 gehen. Ob das umsetzbar, also den Wirten zuzumuten ist, bleibt bis ins nächste Jahr offen. Deshalb ist der Posten erstmal nur eine Hoffnung.
Höhere Einnahmen bei der Volkshochschule (Seite 1094)
Auch bei der Weiterbildung kalkuliert die Stadt wieder wie in Zeiten vor Corona. Deshalb steht im Abschnitt über die Volkshochschule Einnahmen von rund 3,9 Millionen Euro, rund zwei Millionen Euro mehr als im Plan 2021. Das Rathaus bestätigt, dass es sich um den früheren Ansatz handelt, erklärt zugleich aber auch: „Ob der Ansatz so erreicht werden kann, wird von der weiteren Pandemieentwicklung abhängen.“
Das erscheint schon jetzt als ein zu optimistischer Ansatz. Mindestens die ersten Monate des Jahres werden stark von der Pandemie geprägt sein, weniger Menschen werden Kurse buchen oder Veranstaltungen besuchen. Drei, vier Monate werden noch deutlich anders sein als derselbe Zeitraum 2019.
Sparen bei der Schülerbeförderung (Seite 521)
Für 2021 waren rund 15,8 Millionen Euro für diese Aufgabe vorgesehen, 2022 sollen es nur noch 12,8 Millionen Euro sein, also drei Millionen Euro weniger. Wie dieses Geld eingespart werden soll, ist rätselhaft. Die Stadt schrieb mir dazu eine verwirrende Antwort: „Lediglich die Budgetkalkulation wurde reduziert.“ Sollte der angesetzte Betrag für die Pflichtaufgaben (das sind Taxikosten für behinderte Schüler:innen, Fahrten zu außerschulischen Lernorten wie Theater, Schülerspezialverkehr für die Förderschulen sowie die Fahrten zum Schulsport und Schulschwimmen), nicht reichen, werde dieses Geld „über Plan“ bereitgestellt, also doch wieder mehr ausgegeben. Folglich seien keine Schüler oder Schulen betroffen. „Es ändert sich in der Praxis nichts.“
Auch der tröstende Teil der Antwort ist mit einer Einschränkung versehen: Das zuständige Amt sehe „durchaus“ Einsparpotentiale – „wenn auch nicht in vollem Umfang“. Es verweist auf die gute ÖPNV-Anbindung vieler Schulen. Das klingt, als würden die genannten Fahrten demnächst nicht mehr mit extra bestellten Bussen, sondern mit öffentlichen Verkehrsmitteln absolviert.
Die Kürzung bei der Schülerbeförderung hat auch die Düsseldorfer Parteien beschäftigt. SPD und FDP fordern die komplette Rücknahme der Kürzung, haben aber keine Mehrheit im Stadtrat. CDU und Grüne haben eine Mehrheit, aber nicht erklärt, die Kürzung zurücknehmen zu wollen. Im Antrag der Grüko steht vielmehr: „Keine Fahrt zum Schulschwimmen, zum Eislaufen oder zu anderen außerschulischen Lernorten darf aufgrund des Haushaltsansatzes ausfallen.“ Dieser Wunsch wird sich zwangsläufig erfüllen, weil dies ja erwähnt Pflichtaufgaben sind, die die Stadt auf jeden Fall erbringen muss.
Interessant ist, ob CDU und Grüne freiwillige Leistungen bei der Schülerbeförderung streichen lassen würden. Die FDP hat in ihrem Antrag Beispiele genannt, welche Kürzungen sie fürchtet und ablehnt. Das betrifft das Schoko-Ticket für Kinder aus Haushalten mit geringem Einkommen, Fahrtkosten der Sportschulen und Beförderungen im Rahmen von Bildungsangeboten.
Weiterführender Link
Der Haushaltsplanentwurf ist hier zu finden. Die Seitenzahlen zu den hier erörterten Themen stehen neben den Zwischenüberschriften.