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Oberbürgermeister ohne Mission

Stephan Keller repräsentiert die Stadt und leitet die Verwaltung. Aber große Ideen, die man mit ihm verbindet und für die er kämpft, sind nicht zu erkennen.

Veröffentlicht am 16. Januar 2023
Stephan Keller Oberbürgermeister Düsseldorf
Düsseldorfs Oberbürgermeister Stephan Keller bei einer seiner zentralen Reden, der Vorstellung des städtischen Haushalts im Rat. Foto: Andreas Endermann

Im inoffiziellen Rennen um den skurrilsten Medientermin des Jahres gibt es 2023 schon früh einen Favoriten. Die Einladung für den 18. Januar lautet: „Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller und Willi Verhuven, Inhaber und Vorsitzender der Geschäftsführung von alltours, pflanzen nahe der Tonhalle einen Tulpenbaum und gießen ihn gemeinsam an. (…) Hierzu ist Ihre Redaktion herzlich eingeladen.“

Die anderen Termine des Oberbürgermeisters aus den vergangenen Monaten klingen im Übrigen nicht, als stammten auch sie aus einem Loriot-Sketch. Viele von ihnen haben aber dennoch etwas mit dem Tulpenbaum-Tag gemeinsam: Sie sind vor allem repräsentativer Natur. Stephan Keller empfängt neue Generalkonsul:innen, verleiht Auszeichnungen an verdiente Ehrenamtler:innen, eröffnet den Weihnachtsmarkt, ehrt die Gewinner des Umweltpreises, begrüßt Sternsinger, das Prinzenpaar und den Nikolaus im Rathaus.

Dagegen lässt sich schwer etwas sagen, denn laut Gemeindeordnung haben Oberbürgermeister:innen zwei wesentliche Aufgaben:

1. Sie/Er leitet die Verwaltung, ist also zuständig für alles, was im Rathaus getan wird. Das umfasst die Vorbereitung der Beschlüsse des Stadtrats, seiner Ausschüsse und der Bezirksvertretungen.

2. Sie/Er vertritt die Gemeinde. Das ist gleichermaßen juristisch wie repräsentativ gemeint.

Die letztgenannte Aufgabe erfüllt Stephan Keller wie beschrieben, auch an einer sachgemäßen Leitung der Verwaltung besteht kein Zweifel. In der Praxis einer Kommune kommt allerdings noch eine dritte Aufgabe hinzu, die zwar nicht in der Gemeindeordnung steht, deren Erfüllung aber erwartet wird:

3. Oberbürgermeister:innen setzen die wichtigen politischen Impulse, sie prägen die großen Entwicklungslinien der Stadt.

Zu diesem dritten Punkt ist in Stephan Kellers drittem Amtsjahr wenig wahrzunehmen. Die Frage, was seine Mission ist, was man später mal mit ihm verbinden wird, ist schwer zu sagen. Zwei Reden aus den vergangenen Monaten hätten eine Antwort liefern können: die Vorstellung des städtischen Haushalts und die nicht von ausgeprägtem Hang zur Selbstkritik gezeichnete Zwei-Jahres-Bilanz in eigener Sache (diesen Termin hat mein Kollege Hans Onkelbach hier beschrieben). In beiden Fällen präsentierte der Oberbürgermeister lediglich eine Liste von Maßnahmen und Vorhaben. Düsseldorf investiert in Schulen, Kitas, Infrastruktur, Klimaschutz, Ordnung, Sicherheit und Stadtsauberkeit. In der zweiten Rede kamen noch die Themen Strahlkraft durch internationale Sport- und Musikereignisse, Mobilität, Digitalisierung, neue Oper und Wohnungsbau hinzu.

Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.

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