Hightech-Kanone von Rheinmetall stärkt die Luftabwehr der Ukraine

Rückenwind für Kiew aus Düsseldorf: Zwei hiesige Verteidigungsexpertinnen fordern Kanzler Olaf Scholz auf, Taurus-Marschflugkörper zu liefern. Und vom Rüstungskonzern Rheinmetall kommt Skynex – ein Flak-Panzer wie aus einem Terminator-Film.
Von Hans Onkelbach (Text)
und Andreas Endermann (Foto)
Veröffentlicht am 8. Januar 2024
Rheinmetall Skynex System
Diese Fotomontage zeigt dreimal Hilfe aus Düsseldorf: durch das Abwehrsystem Skynex sowie von den beiden Politikerinnen Sara Nanni (links, Grüne) und Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP).

Der regelmäßig über den Krieg berichtende pro-ukrainische Blogger Artur Rehi (672.000 Follower) gerät völlig aus dem Häuschen, als er auf seiner Seite ein Video des Düsseldorfer Rüstungskonzerns Rheinmetall präsentiert. Inhalt ist ein Luftabwehrsystem der neuen Generation, genannt Skynex. Der Film zeigt eindrucksvoll und geschickt animiert, wie es einen Schwarm angreifender Drohnen abschießt – zwölf (oder mehr) auf einen Streich, sozusagen. Auch Rehi wird durch den Namen an den Actionfilm „Terminator“ mit Arnold Schwarzenegger erinnert, in dem ein monströses Supersystem die Menschheit auslöschen will. Dessen Name: Skynet.

Dass die hohe Namensähnlichkeit – hier ein x am Ende, dort ein t – Zufall ist, darf bezweifelt werden. Bezeichnung und Optik der jetzt gelieferten Waffe haben nämlich ebenfalls eine düstere, aber auch faszinierende Bedrohlichkeit. Und wie bei der bösen Film-KI spielen Menschen eine nachgeordnete Rolle, wenn das Ding ans Werk geht. Sie haben es konstruiert, aber die Arbeit macht es allein.

In der Tat sieht Skynex aus wie aus einem Science-Fiction-Film, irgendwo zwischen Endzeit-Drama, Krieg der Sterne und Star Trek: Das panzerähnliche Fahrzeug wirkt kühl und glatt, das kurze Rohr seiner 35-Millimeter-Kanone seltsam zierlich. Doch diese Waffe ist derzeit wohl die effektivste Abwehr gegen fast alles, was aus der Luft abgeschossen werden kann. Sie verschießt tausende Projektile in wenigen Sekunden, die Schussfolge klingt wie ein Schnarren. Einzelne Schüsse sind nicht zu hören, dafür sind es zu viele. Verschossen werden programmierbare Geschosse.

In der Nähe des Ziels, das zum Beispiel Drohnen sein können, zerlegen sich die Geschosse und erzeugen einen Schwarm aus einzelnen Schrapnells, in dem alles zerfetzt wird, was hinein gelangt. Das geschieht in Bruchteilen von Sekunden und wird von Computern in Echtzeit beobachtet, berechnet und gelenkt. An der Systementwicklung war die ursprünglich schweizerische Firma Oerlikon beteiligt, die seit Jahrzehnten vor allem Zieloptiken baut.

Die Bundesregierung hat jetzt auf ihrer Internetseite bestätigt, dass Skynex an die Ukraine geliefert wurde. Eine Stückzahl nannte sie nicht. Aber sowohl Präsident Wolodymyr Selenskyj als auch Beobachter bestätigten, dass Skynex eingetroffen ist und umgehend eingesetzt wird. Es soll ab sofort gegen russische Angriffe auf die ukrainische Infrastruktur schützen.

Mental kommt weitere Hilfe aus Düsseldorf. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) ist Vorsitzende des Bundestagsverteidigungsausschusses und hat seit Beginn des Kriegs für umfassende Waffenlieferungen an das angegriffene Land plädiert. Nun sprach sie sich erneut dafür aus, Marschflugkörper Taurus zu liefern. Den brauche die Ukraine, um die Nachschublinien der russischen Truppen wirksam angreifen zu können, sagt die Liberale. Unterstützt wird sie dabei von ihrer Düsseldorfer Kollegin Sara Nanni (Grüne). Nanni ist Mitglied desselben Gremiums. Beide Politikerinnen werden entsprechend von der „Rheinischen Post“ zitiert.

Die Forderung nach dem modernen, von den Deutschen entwickelten Marschflugkörper gibt es schon seit Monaten. Doch Bundeskanzler Olaf Scholz zögert zuzustimmen, weil er fürchtet, die Waffe könnte gegen weiter entfernt liegende Ziele in Russland eingesetzt werden (was technisch möglich wäre) und Deutschland so indirekt zur Kriegspartei werden. Das will der Sozialdemokrat auf jeden Fall verhindern. Vergleichbar hatte er vor der Lieferung von Kampfpanzern des Typs Leopard II argumentiert, am Ende aber doch nachgegeben.

In der Ukraine wird vor allem die Hilfe der FDP-Politikerin gewürdigt: Präsident Selenskyj hat Strack-Zimmermann jetzt den Verdienstordens der Ukraine verliehen. Er wird ihr in einigen Tagen vom ukrainischen Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, überreicht. Mit dieser Auszeichnung bedankt sich der Ukraine-Staatschef außerdem bei Außenministerin Annalena Baerbock und Anton Hofreiter (beide Grüne).

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